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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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Unmusikalische weg; fiel auch weg – und das war bei der Art Mozarts, der gegen äußere ungünstige Verhältnisse nicht ankämpfen mochte, sehr wichtig – der Hauptgrund, der einer Aufführung in Wien im Wege gestanden hätte. Denn was man in Wien noch unmoralisch finden konnte, lag höchstens in einigen allzu derben Anspielungen, einigen Zweideutigkeiten, die sich ebenfalls leicht beseitigen oder mildern ließen. An der gesamten Grundlage der sittlichen Verhältnisse in diesem Lustspiel Anstoß zu nehmen, wäre der damaligen Zeit niemals eingefallen. Denn diese Verhältnisse waren eben gang und gäbe. Dagegen hat man sich seither sehr oft über die Frivolität des Stoffes aufgehalten und mit Recht betont, daß die Darstellung dieser faulen Verhältnisse an moralischer Begründung durch die Beseitigung alles Politisch-Satirischen noch eingebüßt habe. Daran knüpfte man dann immer die Frage: »Wie konnte Mozart diesen Gegenstand für seine Oper wählen, das Publikum ihn beifällig aufnehmen?«
    Die Antwort liegt bereits in der ganzen Zeit, die die dargestellten Verhältnisse so gewohnt war, daß man in dieser Darstellung, sofern sie nur witzig war, hauptsächlich eine Unterhaltung sah. Die Anschauungen der Zeiten wechseln – man denke an altitalienische Novellen, an altdeutsche Schwanke –, und es wäre mehr als voreilig, aus der Tatsache, daß spätere Zeiten ein höheres Feingefühl fürSchicklichkeit entwickelten, das Anrecht auf eine höhere Sittlichkeit zu folgern. Wenn Zustände, die jedes Kind kennt, zum Gegenstand künstlerischer Behandlung gemacht werden, so scheidet das Was für die Beurteilung der Sittlichkeit des Stückes aus, und es kommt dann nur noch auf das Wie der Behandlung an. Da wird man Beaumarchais den Vorwurf nicht ersparen können, daß er trotz der vielen satirischen Bemerkungen mit innerem Behagen an etwas zweifelhaften Situationen festhält und auch im einzelnen manche Zweideutigkeiten im Gespräch unterlaufen läßt, die wegbleiben könnten, ohne der Wahrheit des Gesamtbildes Eintrag zu tun. Gerade die Art der Behandlung erhebt aber Mozarts Werk in eine ganz andere Sphäre. Das geschah ganz sicher ohne alle moralisierenden Absichten Mozarts, rein als Ausdruck seiner Natur. Er selber war ein sinnlich froher Mensch. Als Kind seiner Zeit dachte auch er milde über nicht ganz einwandfreie Liebes- und Eheverhältnisse und behandelte die sinnlichen Dinge des Lebens auch in den Worten nicht mit jener Zurückhaltung, die der heutige gesellschaftliche Verkehr als Anstandsregel aufstellt. Daß trotz alledem seine innere sittliche Weltauffassung edel und rein war, haben wir bereits dargelegt. Aber eine sinnliche Heiterkeit, wie sie in Goethes »römischen Elegien« zum Ausdruck kommt, entsprach auch Mozarts Natur. Und er hätte mit Goethe ohne moralische Entrüstung von den Verhältnissen der heroischen Zeit geschwärmt: »Da Götter und Göttinnen liebten, folgte Begierde dem Blick, folgte Genuß der Begier.« Aber wie für Goethe trug auch für Mozart erst die Wahrheit des Empfindens die Berechtigung desselben in sich.
    Mit dem Worte Empfindung haben wir die adelnde Kraft von Mozarts Kunst. Der Graf ist bei ihm kein Lüstling, der lediglich, um bösen Lüsten zu frönen, jedem Weibe nachstellt, das ihm gefällt. Er ist eine verliebte Natur, empfindet wirklich die Liebe, von der er spricht. So geht trotz allem eine gewisse Ehrlichkeit durch sein Handeln, und darum glauben wir ihm auch, wenn er zum Schluß seinem Weibe zu Füßen sinkt und sie um Verzeihung bittet. Wir haben das Gefühl, daß die Beschämung, die er nun erfahren, ihn von Irrwegenzurückbringen wird, auf die ihn seine Naturanlage geführt hat. Denn man betont ja zwar immer, daß Cherubin das verjüngte Abbild des Grafen sei, aber zu wenig, daß dieser seinerseits nur der ausgewachsene Cherubin ist. Freilich wieder der Cherubin Mozarts. Denn bei Beaumarchais ist der Page eigentlich ein früh verdorbenes Früchtchen. Bei Mozart ist er die schönste Verkörperung jener Jugendeselei, die mit dem Überschwang der neuartigen sich aufdrängenden Gefühle nicht weiß wohin. Wer sollte diesen gerade heranreifenden Jüngling nicht lieb haben, der aus Naturzwang in jedem Weibe Helena sieht?! Auch die Gräfin ist bei Mozart erhöht. Ihre Liebe gilt nur dem Gatten, und nur um diesen sich wiederzugewinnen, läßt sie sich zu dem listigen Spiel bereden, in dem sie nur mit zagendem Herzen ihre Rolle durchzuführen vermag. Ganz bestrickend sind

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