Mozart - Sein Leben und Schaffen
berichten, daß der Theaterdirektor »für den künftigen Herbst es fast richtig gemacht habe, für eine Oper zweihundert Dukaten und fünfzig Dukaten Reisegeld zu geben«. Der Vertrag ist später nicht zur Ausführung gekommen. In Dresden verkehrte Mozart viel im Körnerschen Hause, wo Dora Stock ein hübsches Bildnis nach ihm zeichnete. Auch bei Hofe trat er hier auf und zeigte in einem Wettstreitmit dem berühmten Klavierspieler und Organisten Häßler aus Erfurt seine Unvergleichlichkeit als Spieler. In Leipzig wurde das Haus des Thomaskantors Doles zum Mittelpunkt des Verkehrs, der an dieser alten Musikstätte ein besonders ausgiebiges Musizieren brachte. Hier lernte Mozart auch einige Motetten Bachs kennen und gab in charakteristischer Weise seiner Freude mit den Worten Ausdruck: »Das ist doch einmal etwas, woraus sich was lernen läßt.« Doles selber aber war es, wie ein Zeitgenosse berichtete, bei Mozarts Spiel, als ob sein Lehrer, der alte Johann Sebastian, wieder auferstanden sei.
Dann ging die Reise nach Berlin, wo er im letzten Drittel des April eintraf und durch Lichnowsky bald die Vorstellung beim König in Potsdam erreichte. Das Berliner Musikleben hatte internationalen Charakter im guten Sinne des Wortes, indem man sich das Wertvolle von allen Seiten zu gewinnen trachtete, dabei aber doch die nationale Kunst besonders begünstigte. Der König, selber ein guter Violoncellspieler, pflegte mit Vorliebe die Kammermusik, hielt aber auch ein gutes Orchester, dessen Leitung neben dem Franzosen Duport der vielgewandte, geistvolle, aber seiner ganzen Anlage nach doch für Mozartische Musik nicht eben günstig eingestimmte Friedrich Reichardt hatte. Im übrigen haben ihn wohl auch einige freimütige Äußerungen Mozarts über die Leistungen der Berliner Kapelle verstimmt. Denn vorsichtig zu sein, die von allen anderen gegangenen Wege zu Erfolgen auch einzuschlagen, hatte Mozart trotz aller bitteren Erfahrungen noch immer nicht gelernt, oder er verschmähte sie im sicheren Bewußtsein seines überlegenen Könnens. Ja, den oben erwähnten Duport hat er sich sogar gleich zum Feinde gemacht. Der Franzose hatte beim ersten Besuch von Mozart verlangt, daß dieser mit ihm französisch spreche, was Mozart, trotzdem er die Sprache ja vollkommen beherrschte, ablehnte. »So ein welscher Fratz,« äußerte er nach einem zeitgenössischen Berichte, »der jahrelang in deutschen Landen wäre und deutsches Brot fräße, müßte auch deutsch reden oder radebrechen, so gut oder so schlecht, als ihm das französische Maul dazu gewachsen wäre.« Beim König hatte Duport mit seinemIntrigenspiel keinen Erfolg. Friedrich Wilhelm II. erkannte offenbar vollkommen Mozarts Bedeutung und bot ihm die Stelle eines Kapellmeisters mit dem Gehalt von dreitausend Talern an. Mozart glaubte diese erste Gelegenheit, die sich ihm zu einer durchgreifenden Besserung seiner Verhältnisse bot, mit Rücksicht auf seinen Kaiser ablehnen zu müssen. Der König hielt ihm aber den Antrag für spätere Zeiten offen. Der Aufenthalt in Berlin wurde übrigens am 8. Mai nochmals durch einen Ausflug nach Leipzig unterbrochen, wo man ihn bestimmt hatte, am 12. eine Akademie zu geben, die natürlich schönen künstlerischen Erfolg hatte, aber so wenig Geld einbrachte, daß kaum die Kosten gedeckt wurden. Als Mozart nach etwa zehn Tagen wieder nach Berlin zurückkam, wurde hier die »Entführung« gegeben. Ein öffentliches Konzert veranstaltete er aber nicht. So waren hundert Friedrichsdor, die ihm Friedrich Wilhelm II. als Geschenk übermittelte, und der Auftrag, für den König Quartette, für dessen älteste Tochter sechs leichte Klaviersonaten zu schreiben, der einzige Gewinn, den er auf die am 28. Mai angetretene Rückreise mitnahm.
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Als Mozart am 4. Juni 1789 wieder nach Wien kam, traf er daheim recht traurige Verhältnisse. Was er mitbrachte, reichte kaum zu, die dringendsten Auslagen zu bezahlen. Er machte sich zwar gleich an die Arbeit und schuf noch im Juni das erste der ihm in Auftrag gegebenen Quartette (D-dur), für dessen Zusendung ihn Friedrich Wilhelm in vornehmer Weise durch die Übersendung von hundert Friedrichsdor in einer goldenen Dose und ein gnädiges Handschreiben lohnte. Bald aber stellte eine schwere Erkrankung seiner Frau, die deren Überführung nach Baden nötig machte, erhöhte Ansprüche an ihn. Die Aufregung um sein geliebtes Weib, die heftige Anteilnahme an ihrem sehr schmerzhaften Leiden, die Unerquicklichkeit des
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