Mozart - Sein Leben und Schaffen
schmeicheln in Terzen Oboen und Klarinetten (36. Takt); in kraftvollem Einklang stehen Hörner und Trompeten (47. u. 48. Takt). Welch ein Durcheinander – und doch wie klar – in diesem doppelten Kanon vom 54. Takte an. Dann die geniale Kontrapunktik (vom 102. Takte an), wo die wunderbar imitatorisch geführten Bläser sich über dem von Lust und Laune sprühenden Gewebe der Violinen erheben. Wie entzückend endlich, wie unerwartet diese plötzliche Wendung nach f, durch die die Ouvertüre mit der ersten Szene verkettet wird.« (Gounod: » Le Don Juan de M. « 3. Aufl. Paris 1890, S. 2 ff.)Wie in dieser Ouvertüre einen sich in jeder Nummer hundert Einzelheiten geistsprühender Charakteristik, unerschöpflicher Formgebung, tiefster Empfindung zur Wundereinheit sinnberückender Schönheit. – Ich kann nur mit etlichen Stichworten ein rasches Durchblättern der Partitur des jedem vertrauten Werkes begleiten. Wie der Hasenfuß Leporello trotz seines Ärgers angstvoll zwischen den Ecktönen der Quarten hin und her schlottert und beim ersten Laute ins Versteck flüchtet, von wo aus er klappernd (Achtelbewegung) vor Furcht dem Ringen zwischen Anna und Don Juan – rasche Nachahmungen der Singstimme, gegen Schluß Pausen der Atemlosigkeit – und dem ganz naturalistisch geschilderten Duell zwischen diesem und dem herbeigeeilten Gouverneur folgt. Der Todesstoß. In langsamen Triolen klagen die ersten Geigen, düster schleichen die übrigen Streicher, in drückender Erstarrung liegen die Bässe. Alles ist verhalten. Don Juan findet zuerst seine Kampfstimmung wieder; halb spöttisch, halb mitleidig sieht er den Alten hinsterben, der in mühsamer Atemnot seine letzten Worte hinhaucht; in blutloser Angst plappert Leporello sinnlose Worte. Wie sticht von der ergreifend ernsten Klage, dem feierlich erhebenden Rachegelöbnis Annas die wilde Leidenschaft Elviras ab, die vom Hintergrund aus in ganz für sich stehenden Zwischenbemerkungen Don Juans und Leporellos verhöhnt wird. Die anschließende Registerarie – im ersten Teil ausgezeichnet durch den Humor, mit dem das Orchester die großen Zahlen der Liebschaften bekichert, belacht, bestaunt – ist in der zweiten Hälfte ein Beispiel für die großartige Einheitlichkeit der Musik mit dem Texte, – freilich mit dem italienischen. Die Zierlichkeit der Blonden, die stolze Beständigkeit der Brünetten, die Sanftheit der Hellen, die Majestät der Großen, die Wuschligkeit der Kleinen – alles, alles malt dieses Orchester geschwätzig, schmeichlerisch, schmachtend, lachend, sich förmlich überschlagend vor Lust. – In eine andere musikalische Welt kommen wir mit der ländlichen Hochzeitsfeier. Aber die Harmlosigkeit weicht bald jenem sinnberückenden Zwiegesang zwischen Don Juan und Zerline, in dem des ersteren – »Reich mir die Hand, mein Leben« – in wunderbarer Mischung von ritterlicher Huldigung undsinnenglühender Werbung Zerlinens Bänglichkeit rasch besiegt, daß sie sicher dem unwiderstehlich lockenden »O komm« folgen würde, träte nicht Elvira dazwischen. Die große Rachearie Donna Annas bildet mit ihrem tragischen Pathos den gewaltigen düsteren Hintergrund, von dem das lustige Fest im Hause Don Juans doppelt hell sich abhebt. Don Juans »Champagnerlied« bildet die Vorbereitung dazu. Von Champagner ist ja im Original nicht die Rede, aber die Musik schäumt in so berauschender Lust, daß hier einmal die deutsche Übersetzung wenigstens in dem einen Vers eine Verbesserung bedeutet. Noch muß Zerline ihren Masetto versöhnen; wer könnte auch ihrem herzigen Schmeicheln und Kosen widerstehen. Nun setzt das erste Finale ein; kein Sekkorezitativ (oder Dialog) unterbricht mehr den Strom der Musik, auf deren Fluten wir an einer Reihe packender Bilder vorbeigetragen werden. Mit dämonischer Gier umstrickt Don Juan aufs neue Zerlinens Sinne, mit lachendem Schelten übertölpelt er Masetto, bis alle lustig ins Schloß ihm folgen. In unheimlichem Düster (D-moll) erscheinen die maskierten Rächer. Die Lebenskräfte steigern sich. Während das Orchester auf der Bühne mit den rhythmischen Klängen des Menuetts die Lustigen zum Tanze zwingt, lädt Leporello die Masken zur Gesellschaft ein; in feierlichem Gebete – nur Bläser begleiten die kunstvoll ineinander verschlungenen Singstimmen – erflehen sie vom Himmel Gelingen ihrer Rache. Dann betreten wir mit ihnen Don Juans Festsaal. Immer toller wird die Lust, da Zerlines Hilfeschrei, Verwirrung, Wut der Gäste über die
Weitere Kostenlose Bücher