Mozart - Sein Leben und Schaffen
Reiseerlebnisse. Die Beziehungen zwischen dem österreichischen Adel, dem Mozart von Wien aus ja bereits gut bekannt war, und den vornehmsten Kreisen Italiens waren so innige, daß sie auf eine gute Aufnahme rechnen durften. Immerhin, daß diese so warmherzig und begeistert sein würde, konnten sie gerade nach den letzten, weniger günstigen Erfahrungen in Wien doch nicht erwarten. Hatten sie in Innsbruck in der vornehmen Gesellschaft einen großen Erfolg gehabt, so äußerte sich bereits in Roveredo die leidenschaftliche Teilnahme des ganzen Volkes an diesem musikalischen Ereignis. Wolfgang hatte zuerst vor dem Adel im Hause des Barons Todeschi ein Konzert veranstaltet; es hatte sich dann das Gerücht verbreitet, daß er tags darauf in der Hauptkirche die Orgel spielen würde, und da war die Kirche so angefüllt, daß zwei starke Männer ihm einen Weg auf den Chor bahnen mußten, wo sie dann wieder eine Viertelstunde brauchten, um an die Orgel zu kommen. Noch ärger war der Andrang in Verona. Hier war zuvor in zahlreichen Privatkonzerten Wolfgang auch bereits als Komponist stark hervorgetreten. Die Zeitungen rühmten und zahlreiche Gedichte priesen das Wundergenie.
Die nächste Station war Mantua. Das Programm des Konzerts, das er am 16. Januar hier in der Philharmonischen Gesellschaft gab, ist erhalten und bezeugt, welch starke Leistungen Mozart bei diesen Gelegenheiten bot. Unter den 14 Nummern des Programms ist Wolfgang an 9 beteiligt gewesen. Eine Symphonie seiner Komposition eröffnete und beschloß das Konzert. Die meisten übrigen Nummern stellten sein wunderbares Improvisationstalent auf die Probe, wobei ihm die Themen zu Sonaten und Fugen, erst während des Konzerts gegeben wurden. Dabei bot sich ihm die Gelegenheit, als Klavierspieler, Violinist und Sänger aufzutreten. Nach der Art dieser Leistungen begreifen wir es, daß er alsbald als ein »Wunderwerkder Natur gepriesen« wurde, das geboren worden sei, um die erfahrensten Meister der Kunst zu beschämen. Wir wollen bedenken, daß diese Improvisationen nicht nur eine außerordentliche Produktionskraft, sondern vor allem auch eine volle Beherrschung der musikalischen Formen voraussetzten, also nicht nur das Angeborene, sondern auch das Erlernte.
Noch im Januar gelangten sie nach Mailand, wo der erste längere Aufenthalt gemacht wurde. Das Kloster der Augustiner bot ihnen eine schöne Wohnung und wetteiferte in der Gastfreundschaft mit den vornehmsten Familien der Stadt. Beim Adel war der Generalgouverneur Graf Firmian, ein hochgebildeter und echt musikalischer Mann, ihr eifrigster Gönner. Er verschaffte bei einer großen Gesellschaft dem Knaben die Gelegenheit, zu zeigen, daß er zur Schöpfung ernster dramatischer Musik vollauf befähigt sei. Die drei Arien, in denen Wolfgang die verschiedenen Seiten des damaligen Kunstgesangs ausgiebig bedachte, hatten auch solchen Erfolg, daß er für die nächste Stagione die Scrittura erhielt, also für die nächste Theatersaison eine Oper in Auftrag bekam. Man versprach ihm dazu die hervorragendsten Sänger und ein Honorar von 100 Florentiner Goldgulden. Das war ein herrlicher Erfolg, der beiden noch dadurch angenehmer wurde, daß man das Textbuch nachschicken wollte und die Bedingungen so stellte, daß die Rezitative im Oktober nach Mailand eingeschickt werden sollten, der Komponist aber erst mit Anfang November dort sein mußte, um dann in Gegenwart der Sänger die Oper zu vollenden und für die auf den 26. Dezember angesetzte Erstaufführung einzustudieren. So war ihnen die Möglichkeit geboten, ihren Reiseplan durch Italien ungestört auszuführen mit der schönen Zuversicht, ihre Reise durch eine glänzende äußere Veranstaltung im besten künstlerischen Sinne krönen zu können. Im März führte dann die Reise über Lodi, wo Mozart sein erstes Quartett komponierte, und Parma nach Bologna, wo sie im Hause des Grafen Pallavicini die herzlichste Aufnahme fanden.
Wie vorher in Mailand der bedeutendste Vertreter der italienischen Intrumentalmusik, der greise Giambattista Sammartini (1704–1774), der einst der Lehrer Glucks gewesen, das überragende Genie des Knaben gepriesen hatte, so hier in Bologna der Padre Giambattista Martini (1705–1784), der angesehenste Kirchenkomponist der Zeit, vor allem aber berühmt als vortrefflichster Kenner des polyphonen Stils und bedeutender Musikgelehrter. Der junge Mozart hat von seinem Unterricht reichlichen Gewinn gehabt, denn der immer freundliche Franziskaner war dem
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