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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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ihrer Betätigung nicht zu hemmen waren. Eine Erziehung, die weniger klug und sorgfältig gewesen wäre, hätte sicher die schöne, harmonische Entwicklung dieser Kräfte beeinträchtigt, sie hätte aber niemals das Schalten derselben behindert, es wäre durch Zurückhalten und Ablenken von dem großen Ziel höchstens ein unnützes Verwenden der Kraft, eine Vergeudung entstanden; so ist es erreicht worden, daß die künstlerische Entwicklung Mozarts die natürlichste und ungestörteste und harmonischste ist, von der die Kunstgeschichte überhaupt zu berichten hat. Es gibt hier keinen Riß, ein Steinchen fügt sich an das andere, nichts ist gewaltsam, alles scheint von selbst zu kommen. Es ist ferner durch diese wundervolle Art der Erziehung erreicht, daß alles, was von außen an den Knaben herantrat, auf seine künstlerische Entwicklung keinen störenden Einfluß ausübte.
    Es gibt vielleicht in der ganzen Kunstgeschichte kein zweites Beispiel, daß man einem Menschen gegenüber so stark das Gefühl des Nebeneinanders von Seele und Körper hat, wie bei Mozart. Ja noch weiter, ein Nebeneinander des künstlerischen und des mehr verstandesmäßig geistigen Lebens. Es hat ja gerade auf musikalischem Gebiet oftmals Künstler gegeben, deren geistige Fähigkeiten recht beschränkt waren. Für eine bestimmte Sängergattung ist das Beiwort »dumm« fast zum ständigen Begleitwort geworden. Gewiß bezieht sich dieses Mißverhältnis zwischen geistiger und künstlerischer Befähigung zumeist auf reproduzierende Künstler; aber auch den Komponisten kann man vielfach den Vorwurf machen, daß sie für alles andere geistige Leben außer ihrer Kunst teilnahmslos waren. Diese Teilnahmlosigkeit ist allerdings noch lange keine Dummheit und erklärt sich beim Musiker leichter als bei anderen Künstlern, weil diese Kunst das gesamte Nervensystem, das ganze Gefühlsleben in außerordentlichem Maße in Anspruch nimmt, daneben aber auch eine hohe handwerkliche Geschicklichkeit verlangt, beim Komponisten überdies auch ein beträchtliches Wissen in der Beherrschung der Theorie voraussetzt.
    Mozarts geistige Interessen waren nun keineswegs einseitig auf Musik gerichtet. Er war später, wenn auch nicht ein studierter, so doch ein allseitig gebildeter Mann, der an allen Fragen, die ihm das Leben entgegenbrachte, lebhaften Anteil nahm. Er war auch keineswegs durch seine Kunst von der Welt abgeschlossen. Es ist nichts von verrückter Genialität an ihm; er ist zeitlebens ein heiterer Gesellschafter gewesen und hat sich überall schon durch seine gesellschaftlichen und rein menschlichen Eigenschaften beliebt gemacht. Man hat so das Gefühl, und die Worte seines Schwagers Lange, die wir früher zitierten, bestätigen es, daß er absichtlich sein künstlerisches Leben vor der Welt verschloß, daß es ihm also auch gelang, diese Tätigkeit zu verheimlichen. Nun stehen wir aber bei Mozart einer Fülle von Werken gegenüber, deren rein technische und handwerkliche Niederschrift fast die Arbeit eines sehr fleißigen Kopisten darstellt. Es ist an dieser Erscheinung eben alles wunderbar. Und das Wunderbarste bleibt zweifellos, um auf unseren Ausgangspunkt zurückzukommen, die Tatsache, daß seine unvergleichliche künstlerische Frühreife, seine sonst nie wiederkehrende Produktivität an sich betrachtet ganz natürlich wirkten. Das einzige, was einen bei alledem kopfscheu machen könnte, ist der frühe Tod Mozarts. Wenn man aber sein ganzes Leben, nicht nur hinsichtlich des künstlerischen Schaffens, sondern auch als Erleben, nicht nach der Länge, sondern nach der Fülle mißt, so hat er viel gelebt. Es würde ja auch den einfachsten physiologischen Grundbegriffen widersprechen, daß eine so durch und durch gesunde und harmonische Kunst aus einem in seiner natürlichen Entwicklung gestörten oder verkümmerten Gesamtwesen entsprossen wäre. Mit allen diesen Ausführungen bestrebe ich mich keineswegs, die Erscheinung Mozarts restlos zu erklären – Wunder darf man überhaupt nicht erklären, sondern muß man glauben –, ich will damit nur der Auffassung entgegentreten, als stehe Morzarts kurzes Leben in geradem Verhältnis mit seiner Kunstentwicklung.
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    Am 12. Dezember 1769 verließ der Vater mit seinem nunmehr fast vierzehnjährigen Sohne Salzburg. Mutter und Tochter blieben dieses Mal zu Hause. Die Berichte des Vaters, die sich zum großen Teil erhalten haben und im Mozartmuseum aufbewahrt werden, geben die beste Schilderung der

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