Mozart - Sein Leben und Schaffen
Lebensart hat, nicht mit ihnen leben – er muß sich ja ihrer schämen; dann ist auch, und vielleicht aus dieser Ursache, die Musique bei uns gar nicht beliebt und in gar keinem Ansehen.« Man kann sich vorstellen, wie gerade die lieben Kollegen mit besonderer Mißgunst die Erfolge der Familie Mozart begleiteten und ihnen die üble Behandlung von selten des Erzbischofs von Herzen gönnten. Nur mit einem Musiker, dem auch durch Bildung über die Umgebung herausragenden Schachtner,dessen großes Schreiben an Marianne Mozart uns über Wolfgangs Kindheit soviel Wertvolles bewahrt hat, unterhielt die Familie engeren Umgang. Im übrigen fehlte es an Verkehr natürlich nicht. Aber der mit der Bürgerschaft trug doch durchweg mehr den Charakter einer gewöhnlichen Unterhaltung, bot jedenfalls keinerlei Anregung. Unter dem Adel waren einige Männer und Frauen von echtem Kunstgeschmack, und wie aus allem, zumal aus zahlreichen Aufträgen zu Kompositionen hervorgeht, haben sie auch Mozarts Bedeutung zu würdigen gewußt. Trotzdem kam es auch hier zu keinem für den Jüngling anregsamen persönlichen Verkehr; abgesehen vom Standesunterschied brachte gerade das Dienstverhältnis zum Erzbischof die Trennung.
So war es natürlich, daß die Mozarts sich immer mehr in ihr Haus zurückzogen, immer mehr ihr ganzes Dasein auf das Familienleben gründeten. Und dieses bietet ein hocherfreuliches Bild; in ihm fand das junge Genie eine Stütze und eine Kräftigung fürs ganze Leben, wie sie nicht vielen großen Künstlern zuteil geworden ist. Das ganze Hauswesen umschloß ein Band wechselseitiger aufrichtiger Liebe und Zuneigung. Das gilt von den Eltern wie von den Kindern. Und das Gefühl der Zugehörigkeit erstreckte sich auch auf die Dienstboten, ja sogar auf die Haustiere, die in den Briefen Wolfgangs ihre regelmäßigen Grüße zugestellt erhalten. Wie dieses schöne Familienleben hat auch sicher die wunderbare Umgebung Salzburgs einen großen Einfluß auf Mozart ausgeübt und ihm manche Bitterkeit des dortigen Lebens leichter ertragen helfen. Aber alles das konnte schließlich gegenüber dem traurigen Dienstverhältnis um so weniger ein Gegengewicht bilden, als Mozarts sich sagen mußten, daß auf diese Weise Wolfgangs Entwicklung unterbunden werde, daß sein Künstlertum nicht zur vollen Blüte reifen könne. Wie diese ganzen Verhältnisse auf dem Leben dieser braven Leute lasteten, erkennen wir aus zahlreichen Briefstellen, so wenn der Vater dem bereits abwesenden Sohne schreibt (17. Nov. 1777): »Du hast wohl recht, daß ich den größten Verdruß wegen der niederträchtigen Begegnung, die wir erdulden müssen, empfunden habe; das war es, wasmir das Herz abnagte, was mich nicht schlafen ließ, was mir immer in Gedanken lag und mich am Ende verzehren mußte.«
Immerhin, so wie früher in die Welt hineinzureisen, dazu konnte sich der Vater Mozart nicht entschließen. Er war viel zu klug, um sich nicht zu sagen, daß die äußeren pekuniären Erfolge der früheren Kunstreisen mehr auf der Sensation, die das »Wunder der Natur« erregte, als auf echter Kunstbegeisterung oder der wahren Erkenntnis der erstaunlichen Kunstleistungen seines Sohnes beruht hatten. Er mochte auch einsehen, daß der Erzbischof und auch jedenfalls seine Feinde nur auf einen günstigen Augenblick warteten, um ihn selber aus seiner Stellung zu verdrängen, womit er dann die einzige sichere Einnahme für seine Familie verloren hätte. Andererseits hegte er die größten und wohl begründeten Besorgnisse, seinen Sohn allein in die Welt hinausziehen zu lassen. Gerade weil er bis dahin seinem Sohne alle praktischen Sorgen abgenommen hatte, war auch alle Mühe umsonst gewesen, in Wolfgang jene Grundsätze der Lebensklugheit werktätig zu machen, die er sich selber in seinem mühseligen Empordringen zu eigen gemacht hatte. Klugheit und Vorsicht gegenüber den Menschen, Berechnung und gewandte Ausnutzung der gegebenen Verhältnisse hat Wolfgang niemals gelernt. Das erlernt sich eben nur im Lebenskampfe. Gerade von diesem aber hatte der Vater seinen Sohn immer ferngehalten, um die künstlerische Entwicklung nicht zu hemmen. Man hat dem Vater daraus einen Vorwurf gemacht. Vielleicht hat er in der Tat zu lange und zu sehr sich die äußere Regelung des Lebens seines Sohnes vorbehalten. Aber er kannte eben besser, als jeder andere, die ungeheure Macht, die die Kunst über Wolfgang halte. Er wußte, daß diese ihn nicht nur vollständig erfüllte, daß er eigentlich von
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