Mozart - Sein Leben und Schaffen
Ziel fortwährend vor Augen rückten. Sie treten so stark hervor, daß sie innerhalb der biographischen Entwicklung als die ausschlaggebenden erscheinen, während natürlich jener innere Grund, wenn auch weniger bewußt, in Wirklichkeit die treibende Ursache war. Lähmend wirkte vor allem das Verhältnis zum Erzbischof . Schon die Beziehungen zu dem gütigen und milden Erzbischof Siegismund waren nicht besonders günstige gewesen. Es ist ja auch leicht begreiflich, daß der Erzbischof gerade nicht besonders davon erbaut war, daß Mozart Vater und Sohn wiederholt für so lange Zeit Urlaubnahmen, um in der Welt herumzureisen. Immerhin hat natürlich der Knabe Wolfgang von diesen Schwierigkeiten nichts gefühlt, und andererseits hat Erzbischof Siegismund den Urlaub immer wieder bewilligt, trotzdem es sich doch nur um ein Kind und nicht um einen der Entwicklung bedürfenden Jüngling handelte. Noch vor 1770 hat er dann den kleinen Wolfgang zum Konzertmeister gemacht, zunächst allerdings ohne Gehalt. Es läßt sich nicht genau feststellen, ob er oder erst sein Nachfolger Wolfgang dann die 150 Gulden jährlichen Gehalts bewilligte, jedenfalls hat er bis 1777 keine Steigerung seines Einkommens erhalten. Man muß dabei bedenken, daß er auch für alle Kompositionen zur Verfügung stand, um die ganze Jämmerlichkeit dieser Honorierung zu empfinden.
Viel schlimmer wurden diese Verhältnisse unter Hieronymus von Colloredo, der wider den nicht verhehlten Willen des Volkes gewählt worden war, nun aber die Abneigung, die ihm die Salzburger entgegenbrachten, mit offensichtlicher Geringschätzung erwiderte. Der Erzbischof war eine jener aufgeklärten Despotennaturen, wie sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht selten sind. Er war in religiöser Hinsicht ziemlich frei gesinnt und hatte Verwaltungsgrundsätze, deren Erfüllung dem Wohlstande seines Landes zugute kamen. Er war ein Mann von scharfem Verstand, aber kalt, hart und von rücksichtsloser Selbstsucht erfüllt. Ein schmächtiger, kleiner Mann, etwas kränklich, wußte er durch die Barschheit seines Auftretens und die scharfe Strenge seines Ausdrucks alle von ihm Abhängigen in scheuer Unterwürfigkeit zu erhalten. Daß einem in Salzburg das Widersprechen abgewöhnt werde, hat Wolfgang später noch oft betont. Hatten unter diesen Umständen alle seine Untergebenen zu leiden, so doch ganz besonders die Mozarts. Einmal als Künstler. Ob es nun wirklich persönlicher Geschmack war oder nur vom Widerwillen gegen die Salzburger Verhältnisse eingegeben, der Erzbischof trug jedenfalls eine Verachtung der deutschen Musik und noch mehr der deutschen Musiker zur Schau und zog bald nach seinem Regierungsantritt zur »Verbesserung« der Salzburger Musik italienische Kräfte ins Land. Das entsprach ja so weit den allgemeinen Verhältnissenin Deutschland. Die deutschen Fürsten waren in musikalischen Dingen noch länger von einem »Welschlandsparoxismus«, wie Vater Mozart es nannte, besessen als in gesellschaftlicher Hinsicht. Der Engländer Burney erzählt in seiner »Musikalischen Reise« (Band III, S. 275): »Die Musiker fast einer jeden Stadt beneiden einer den anderen, und alle beneiden einmütiglich die Italiener, welche in ihr Land kommen. – Indessen muß man eingestehen, daß man den Italienern liebkost, schmeichelt und oft zweimal so viel Gehalt bezahlt als selbst denen unter den Einheimischen, die größere Verdienste besitzen.« Erzbischof Hieronymus hielt es jedenfalls so. Der Vater Mozarts erhielt nach Abgang des alten Lolli nicht den ihm rechtmäßig zustehenden Kapellmeisterposten, sondern es wurde ihm ein wenig bedeutender Italiener, Fischielli, vorgezogen. Außerdem waren noch eine ganze Reihe italienischer Solisten für Orchester und Gesang gewonnen, die nicht nur ein weit größeres Einkommen bezogen als die einheimischen Musiker, sondern sich auch aufs ungebührlichste benahmen, endlich aber auch nur sehr wenig leisteten, so daß trotzdem den beiden Mozarts fast die ganze Arbeit zufiel.
Mochte der Erzbischof die beiden Mozarts als deutsche Künstler geringschätzen, so faßte er bald einen Haß gegen sie. Sicher hat schon der Umstand ihnen geschadet, daß die Familie Mozart von dem Grafen Ferdinand v. Zeil, der später in Chiemsee Bischof wurde, sehr begünstigt wurde. Denn nur durch den Rücktritt dieses Mannes war die Wahl des Hieronymus zustande gekommen. Mozarts machten aber noch weniger als die übrigen Salzburger ein Hehl daraus, wieviel
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