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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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alle einzelnen Neuerungen hinaus. Er brach mit der Willfährigkeit der italienischen Opernkomponisten, den virtuosen Eitelkeiten der Sänger nachzugeben. Die Musik habe im Drama natürlich die Aufgabe, das Dramatische zu stärken, dürfe also niemals den Zusammenhang zerreißen oder durch bloß äußerlichen Aufputz entstellen. Der Dialog dürfe nicht durch einen ungehörigen lyrischen Erguß unterbrochen werden. Die Franzosen und die alten Florentiner hatten aus diesen Grundsätzen heraus die geschlossene lyrische Musikform aus der Oper überhaupt verbannt. Gluck gelangte nicht dahin, da ja diese Lyrik aus der Situation natürlich erblühen kann. Nur muß diese Form durch den seelischen Gehalt erst gestaltet werden und nicht etwa diesen zwingen wollen. »Ich glaube«, heißt es einmal, »über den zweiten Teil einer Arie nicht rasch hinweggehen zu dürfen, wenn gerade in diesem die Leidenschaft am stärksten zum Ausdruck kommt, oder die Arie da zu schließen, wo der Sinn nicht schließt.« Die Ouvertüre solle den Zuhörer auf den Inhalt der Handlung vorbereiten; die Instrumente müßten stets im Verhältnis zur Stärke und dem Ausdruck der Leidenschaften stehen. »Endlich«, sagt Gluck, »glaubte ich, einen großen Teil meiner Bestrebungen auf Erzielung edler Einfachheit wenden zu müssen, weshalb ich stets vermied, auf Kosten der Anschaulichkeit mit Schwierigkeiten zu prunken; ich habe niemals auf Erfindung eines neuen Gedankens großen Wert gelegt, wenn er nicht von der Situation selbst herbeigeführt wurde und dem Ausdrucke entsprach. So glaubte ich auch zugunsten der Wirkung die Regel opfern zu dürfen.«
    Indem er diese Neuerungen zu sehr als Einzelheiten ansah,kam Richard Wagner zu der verhältnismäßig geringen Einschätzung der Reformtätigkeit Glucks, dessen Hauptverdienst er darin sah, daß er die Vorherrschaft der Sänger gebrochen habe, so daß nunmehr nicht mehr die Virtuosität, sondern des Komponisten Absicht zur Geltung kam. »Im übrigen«, fährt Wagner fort, »blieb es in bezug auf den ganzen unnatürlichen Organismus der Oper durchaus beim alten. Arie, Rezitativ und Tanzstücke stehen, für sich gänzlich abgeschlossen, ebenso unvermittelt nebeneinander in der Gluckschen Oper da als vorher.« Hier trifft Wagner Glucks oben erwähnte Schwäche für musikalisch-symphonische Entwicklung. Aber darüber darf man nicht übersehen, daß Glucks sämtliche Grundsätze einen echt musikdramatischen Urgrund haben: Herrschaft des Seelischen über alle Form , natürlich auch über alle musikalische Form an sich. Das bedeutet nicht Formlosigkeit, sondern Formgestaltung aus dem Seelischen heraus: Seelisches Leben in musikdramatischen Formen, nicht in musikalischen. Das versteht sich zwar von selbst, wird aber wohl eben darum für gewöhnlich nicht beachtet.
    »Es ist in der Tat komisch, aber doch auch recht traurig, wie unausrottbar in der Kunstgeschichte manche falschen Vorstellungen sind. Immer wieder wird gesagt, Gluck – bei Wagner wiederholten es Gegner wie Anhänger – habe in der Oper die Musik zurückgedrängt. Das ist doch einfach nicht wahr, trifft nicht einmal in quantitativer Hinsicht zu. Man bedenke doch, daß in der italienischen Oper große Teile aus musikalisch völlig belanglosen Rezitativen bestanden, daß das Orchester ohne jede selbständige, den musikalischen Gehalt steigernde Bedeutung ist. Gluck setzt an die Stelle dieses Rezitativs einen in Form und Gehalt musikalisch sehr reichen Sprachgesang – danach strebt sein Rezitativ – und sein Orchester bedeutet überall auch eine musikalische Vermehrung , nicht bloß Füllung. Preisgegeben sind dagegen etliche geschlossene Musikgebilde, genau genommen gewisse Formen der Arie und des mehrstimmigen Gesangs, letzterdings sogar nur bestimmte virtuose Arten des Gesangs. Aber selbst wenn diese Preisgabe musikalischer Formen noch weiterginge, könnte doch nur dann von einer Verminderung des Musikalischen gesprochen werden.wenn es sich um Kunstformen handelte, die für die Verbindung von Wort und Ton natürlich sind. Da nennt man die Musik immer Seelensprache, behauptet aber, daß jene, die bei der Verbindung von Musik und Dichtung gerade die Rechte der Wahrheit des seelischen Ausdrucks wahrnehmen, die Musik zurückdrängen. Wozu besitzen wir eine wortlose Musik, wenn sie nicht ein Sondergebiet einnehmen soll neben der mit dem Wort verbundenen? Wann und wo die Dichtung nur ein Vorwand ist, Musik zu machen, ist die so entstehende Kunstform

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