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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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französischen Oper verwertet werden könnte. Der ungeheure Erfolg, den dieses Werk gewann, bewirkte, daß man sich nach den übrigen, bereits vorhandenen, in gleicher Richtung sich bewegenden Kräften umsah. Man fand sie vor allem in jenen Parodien mit eingelegten Gassenhauern (Vaudevilles), die man in Jahrmarktstheatern längst gegeben hatte.
    So kam es 1762 zur Gründung der Opéra comique , die sich die Aufgabe stellte, die italienische Buffooper in echt französischem Geiste nachzubilden. Die mythologischen Stoffe wurden aufgegeben, statt ihrer wurden komische Vorgänge aus dem täglichen Leben der Bürger, der Bauern, der vornehmen Gesellschaft gewählt; man wurde dadurch gleichzeitig von der schematischen Formengebung frei, brauchte kein Ballett mit seinen ständigen Störungen und Unterbrechungen des dramatischen Laufs und ersetzte endlich auch das psalmodierende Rezitativ durch den gesprochenen Dialog. Man muß sich dabei erinnern, daß in diesen Jahren die Kunst der dramatischen Konversation durch Moliéres Lustspiele der Höhe zugeführt wurde.
    Das lebhafte dramatische Interesse, das den Franzosen eignet, kam dieser neuentwickelten Gattung sehr zustatten. An die Stelle der im Umriß knappen, vielfach auch der Improvisation freien Spielraum lassenden italienischen Intermezzi legte der Franzose auch an diese Texte der französischen Oper die gerade durch seine Komödie hochentwickelten Ansprüche an. Wirklich begabte Dichter, wie Favart, Sedaine und Marmontel, widmeten der Gattung ihre besten Kräfte. Nachdem Duni, Monsigny und Philidor nach verschiedenen Richtungen den musikalischen Stil dieser komischen Oper ausgebildet hatten, fand er seine Vollendung durch André Ernest Grétry (1741-1813). Ohne wirkliche Leidenschaftlichkeit, sogar ohne eigentliche Tiefe des Gefühls war Grétry von beweglichstem Geiste und leicht erregtem Empfinden. So war er der rechte Mann, auch in der Musik alleWechsel der Stimmung zu begleiten. Seine aus der französischen Chanson herausgewachsene Melodik hatte er an italienischen Vorbildern geschult und veredelt. Als echter Franzose studierte er aufs genaueste die Deklamation und wußte gerade in dramatisch belebten Stellen seine Musik lediglich auf eine tonliche Festhaltung einer wirklich ausdrucksvollen Deklamation einzustellen. Dafür verzichtete er dann auf das Rezitativ, das er gänzlich durch Dialog ersetzte; dadurch wurde wiederum Raum geschaffen für eine wirklich geistreiche, den Reiz der Pointe ausschöpfende Konversation. Man kann sich denken, wie diese Neuerungen dem Verlangen der Franzosen entgegenkamen, die nun das musikalische Seitenstück zu ihrer hochentwickelten Komödie erhielten. Die Mitarbeit bedeutender Dichter sicherte aber gleichzeitig diese komische Oper vor der Einseitigkeit der italienischen, indem hier in getreuen Abbildern des Lebens nicht Lustigkeit und Ausgelassenheit allein den Gang der Handlung bestimmten, sondern da man überhaupt sich auf psychologische Begründung der Vorgänge einließ, auch für die Gefühle des Rührenden, ja Ergreifenden Platz wurde. Gerade das wurde für Mozart bedeutsam. Übrigens wäre von diesem bürgerlichen Lustspiel der Weg zum bürgerlichen Trauerspiel auch nicht weit, und so hätte jene Operngattung entstehen können, für die wir in Beethovens »Fidelio«, Cherubinis »Wasserträger« allzu vereinzelte Beispiele besitzen. Grétrys Opern errangen den höchsten Beifall und machten von allen französischen wohl zuerst den Rundgang über alle europäischen Bühnen. Mit ihm war diese Gattung der französischen komischen Oper, für die schon 400 Jahre früher Adam de la Hâle, der Bucklige von Arras, ein Prototyp geschaffen, ein- für allemal festgelegt. Dagegen gelang es Grétry nicht, das Verlangen der Franzosen nach der tragischpathetischen großen Oper zu erfüllen. So blieb diese auf ihren steten Wechsel zwischen Lully und Rameau beschränkt und büßte immer mehr von der öffentlichen Teilnahme ein, bis nun auch hier der Erneuerer erstand. Es war der Deutsche
    Christoph Willibald Gluck.
    Gluck (1714–87) war eine echte Reformatorennatur. Ich habe ihn an anderer Stelle (Musikgeschichte, S. 550) unserem Lessing verglichen. Wie dieser war er nicht eine urschöpferische Natur, die völlig Neues schuf, wohl aber eine stark gestaltende Kraft, die einem Erkannten die ihm gemäße Form zu geben verstand. Wie Lessing, trotzdem er dichterisch weniger ursprüngliche Kraft besaß als Klopstock oder Wieland, dem deutschen

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