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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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die französische Oper erreichte, war die getreue musikalische Wiedergabe des sprachlichen Akzentes, die Erhöhung alles Deklamatorischen durch die Mitwirkung der Musik und somit die Stärkung der dramatischen Eindrucksfähigkeit der Dichtung. Lully fand vor allem für das Pathetische in der Tragödie einen musikalisch überzeugenden Ausdruck. Der Vortrag war diesem Geiste entsprechend dramatisch; das heißt, den Darstellern kam es nicht auf gute gesangliche Leistungen an, sondern auf möglichst dramatische Effekte. Das weniger Bedeutende wurde in psalmodierendem Tone abgeleiert, dafür alles dramatisch Leidenschaftliche übermäßig hervorgehoben, was die Italiener als »urlo francese« (französisches Geheul) verhöhnten.
    Es ist leicht erklärlich, daß die eigentlich musikalischen Naturen, an denen es doch auch in Frankreich nicht fehlte, an diesem Musikdrama kein Genügen fanden, zumal nicht, wenn sie diese psalmodierenden, choralmäßig empfundenen Rezitative mit dem strahlenden Reichtum der Melodik und der sinnberückenden Gesangskunst der italienischen Oper verglichen. Mit ihrem Auftreten beginnt darum auch der literarische Streit über die Berechtigung der französischen Nationaloper, für die St. Evremond die schroffe Verurteilung fand, sie sei »eine Dummheit, beladen mit Musik, Tanz und Maschinen.« Von da ab hörte der Spott über die französische Oper nie mehr auf. Am allerschlimmsten trieb es der Kreis der Enzyklopädisten, unter diesen vorab Rousseau und Grimm. Man schalt das französische Musikdrama langweilig und frostig. Rezitativ und Arie seien nicht auseinandergehalten, jede Art von Text werde in demselben ausdruckslosen Ton wiedergegeben; Tänze und Chöre nähmen einen viel zu breiten Raum ein.
    Man verkannte bei diesen zum Teil berechtigten Vorwürfen, daß doch auch auf dem eingeschlagenen Wege die Steigerung des musikalischen Gehaltes wohl erreichbar war. Das zeigte Jean Phil. Rameau (1683-1764). Es ist bezeichnend für die theoretische Schroffheit, mit der dieser ganze Streit geführt wurde, daß Rameau zuerst auch von den Lullysten bekämpft wurde. Natürlich wegen der Vermehrung des Musikalischen im Musikdrama. Bei Rameau ist die ganze harmonische Gestaltung reicher und mannigfaltiger, manchmal wird sie sogar überladen oder doch arg verwickelt. Die Begleitung ist frei und selbständig gedacht; im Orchester wird die Klangfarbe der einzelnen Instrumente ausgenutzt, es nimmt auch in selbständiger Charakteristik Stellung zum dramatischen Gehalt. Auch bei den Chören bewährt sich der große Musiktheoretiker im kunstvolleren Bau. Ein gleiches ist von der Behandlung der Einzelstimme zu sagen; die Melodien sind breiter und kunstvoller. Aber alles das ist doch nur ein Ausbauen auf der überkommenen Grundlage.
    Dazu bekannten sich auch die Anhänger Lullys, als 1752 der gefürchtete italienische Gegner wieder auf dem Kampfplatze erschien. Diesmal kamen die Italiener als Buffonisten , und gegenüber ihrer komischen Oper konnten nicht jene dichterischen Bedenken geltend gemacht werden, die durch die im dramatischen Zuschnitte erstarrte und aller wahrhaftigen dichterischen Entwicklung Hohn sprechende Opera seria in so hohem Maße hervorgerufen wurden. Denn die italienische Opera buffa zeigte in dramatischer Gestaltung einen wahren Ausschnitt aus dem Leben und befleißigte sich, Handlung und Textwort nicht von Musik überwuchern zu lassen. So fand diese Musik auch leichter Eingang in die Herzen der Franzosen. Es kam hinzu, daß die Italiener über vorzügliche Gesangskräfte verfügten, daß der ganze Zuschnitt musikalisch leicht und gefällig war, während in der großen französischen Oper schon allein das hörbare Aufschlagen des Dirigenten für musikalische Ohren ja geradezu eine Qual sein mußte. Und nun endlich diese leicht faßliche, in jedem einigermaßen musikalischen Gehör sofort haftenbleibende Melodik so gefälliger Opern wie Pergolesis »Serva Padrona« . So kann man sich leicht erklären, daß nun die italienische komische Oper einen vollen Sieg erfocht. Freilich die »Nationalen« beharrten heftig auf ihren Theorien, und es kam zu so bösen Streitigkeiten, daß 1754 die italienischen SängerParis verlassen mußten. Aber ihre gewandtesten Anhänger, gerade die Enzyklopädisten, blieben ja im Lande, und einer derselben, Rousseau, begnügte sich nicht mit theoretischen Schriften, sondern schuf selbst die Operette »Der Dorfwahrsager», in der er zeigte, wie italienische Musik in der

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