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Mozarts letzte Arie

Mozarts letzte Arie

Titel: Mozarts letzte Arie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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bitten, sich zu beeilen.»
    Er zog mich an der Augustinerkirche vorbei, der Ruhestätte der Herzen der Habsburger Toten. Ich hatte Mühe, auf dem vereisten Pflaster das Gleichgewicht zu halten. In der Dorotheergasse drängte er mich in den Eingang eines Mietshauses.
    «Ich warne Sie, Sie befinden sich in großer Gefahr», flüsterte Gieseke. «Ich habe Ihnen ja gesagt, wie Wolfgang ums Leben gekommen ist.»
    Sein Eifer ängstigte mich, aber ich zwang meine Gedanken zur Ruhe, um mich trotz meiner Nervosität so konzentrieren zu können, wie es mir bei Auftritten gelang.
    «Sie haben mir gesagt, wie er Ihrer Meinung nach gestorben ist, aber nicht, wer ihn ermordet hat», sagte ich. «Nach allem, was ich weiß, hätte es Hofdemel sein können, und der ist tot und dürfte also kaum noch eine Bedrohung für mich darstellen.»
    Gieseke verstärkte den Griff an meinem Arm. «Wieso erwähnen Sie Hofdemel?»
    Ich senkte den Blick.
    «Ach so, die Affäre mit seiner Frau», sagte er zerstreut und irgendwie erleichtert.
    Ich wand mich unter seinem Griff.
    Er beobachtete die Straßenecke, als wollte er sich vergewissern, dass uns niemand verfolgte. Seine klamme Hand lag auf meinem Handgelenk, an dem er mich in unser Versteck gezerrt hatte.
    «Wenn Sie sich wirklich sicher fühlen», sagte er, «warum schlägt Ihr Herz dann wie das eines verängstigten Vogels?»
    Ich entwand meinen Arm seinem Griff und ging auf die stille Straße, bewegte mich weg von der Hofburg in Richtung meines Gasthofs. Er folgte mir, drückte sich dicht an der Wand entlang und behielt den Lichtschein der Laterne an der Ecke im Auge.
    Wir näherten uns dem Mehlmarkt. Die Gasse war eng, unbeleuchtet und leer.
    Ich rutschte auf Pferdemist aus. Gieseke hielt mich fest, so dass ich nicht stürzte.
    «Danke, ich …»
    Er presste mich gegen die Wand. Ich atmete den Geruch des Glühweins ein, den er in Baron Swietens Salon getrunken hatte. Ich schrie, aber er hielt mir mit der Hand den Mund zu.
    Er brachte sein Gesicht dicht an meins. Obwohl es vom matten Licht der Dämmerung verschattet war, entdeckte ich darin ein verzweifeltes Flehen. Wenn ich in Gefahr war, dann ging sie nicht von diesem Mann aus.
    «Macht es Ihnen nichts aus?», flüsterte er. «Macht es Ihnen denn gar nichts aus, dass Sie andere in Gefahr bringen?»
    Ich drehte mein Gesicht von seiner Hand weg. «Wen gefährde ich?»
    «Diejenigen, die die Wahrheit über Ihren Bruder kennen.»
    «Warum sollte das gefährlich sein?»
    «Stellen Sie sich nicht dumm. Ich habe es Ihnen schon erklärt.»
    «All diese lächerlichen Kombinationen mit der Zahl achtzehn?»
    Ich wollte ihn wegschieben, aber er drückte mich gegen die Wand. Die raue Kante eines Ziegelsteins stach mir in den Rücken.
    «Sie tun so, als sei das lächerlich, aber wenn Sie nicht den Verdacht hätten, dass es bei Wolfgangs Tod nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, wären Sie gar nicht hier», flüsterte er. «Sie sind doch nicht nach Wien gekommen, um seinen adligen Gönnern ein paar Melodien vorzuklimpern.»
    Ich leistete keinen Widerstand mehr.
    «Ich habe recht, nicht wahr?», sagte er. «Was wissen Sie sonst noch? Wer sonst noch hat Ihnen erzählt, wie Wolfgang gestorben ist?»
    Ich dachte an den Baron und das Buch mit den italienischen Giften. «Was soll ich denn machen, Herr Gieseke? Sie erzählen mir zwar, dass Wolfgang ermordet wurde, wollen aber nicht, dass ich der Sache nachgehe?»
    Leise Stimmen näherten sich. Zwei Männer bogen in die Gasse ein.
    Gieseke legte mir wieder die Hand auf den Mund. «Tun Sie so, als seien Sie eine Hure», sagte er.
    Er erstickte meinen Protest mit seiner Hand, presste seinen Körper gegen mich und schob mich an der Wand hoch.
    Im Vorbeigehen blieben die Männer einen Moment stehen. Einer der beiden kicherte und rief Gieseke etwas Aufmunterndes zu, bevor er weiterging. Der andere wartete. Er zischte seinem Kumpan etwas zu und trat näher heran.
    Ich sah seine Silhouette vor der Hauswand auf der anderen Straßenseite. Er hob den Arm. Ein Messer blitzte eisgrau.
    Ich schrie in Giesekes Hand. Er fuhr herum, attackierte den Mann, stürzte dabei aber zu Boden.
    Gieseke rollte zur Seite und sprang wieder auf. Er trat nach dem Arm des Angreifers. Das Messer fiel klirrend aufs Pflaster.
    Der zweite Mann traf Gieseke mit einem Schlag im Gesicht; der Schauspieler wich zurück und drängte den Mann in einen Eingang.
    «Laufen Sie weg, Madame!», rief er.
    Gieseke stöhnte, als der erste Mann ihn erneut

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