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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
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ist zu deprimiert, um etwas anderes zu tun, als herumzulungern und seine schwarzen Schwäne zu beobachten.«
    »Aber es kommt mir unmoralisch vor, Sie dabei zu unterstützen. Es fühlt sich zutiefst unmoralisch an. Mr. Chartwell, ich kann mich daran nicht beteiligen.«
    Black Pat Chartwell hängte sich über den Tisch. »Erstens, Esther , haben wir gerade abgemacht, dass Sie Black Pat zu mir sagen. Zweitens gehen Sie meine Geschäfte nichts an. Das betrifft nur mich und den Kunden. Drittens ist das einfach etwas, was passiert. Es passiert vielen Leuten. Sie, Esther, sollten das wissen.«
    Der Unterton in seiner Stimme lud nicht zu Fragen ein. Esther beobachtete ihn mit misstrauisch zusammengekniffenem Mund und fragte sich, was er damit meinte.
    Black Pat äußerte sich nicht.
    »Das ist eine sehr vertrackte Situation«, sagte sie. »Schrecklich.«
    Er holte tief Luft und lehnte sich zurück, rekelte sich. »Ich mache nur meine Arbeit, weiter nichts.«
    »Ihre Arbeit ist außerordentlich grausam, Black Pat«, sagte Esther. Ihr kam ein neuer Gedanke. »Was tun Sie den ganzen Tag? Wie machen Sie den Leuten Depressionen?«
    Black Pats Ohren, die gewöhnlich herabhingen, stellten sich auf. Das war ein sicheres Zeichen, dass das Gespräch ihn nicht kalt ließ. »Das ist schwer zu erklären. Was Churchill betrifft, so wissen wir, welche Züge der andere macht, wir sind aufeinander eingespielt, könnte man sagen. Ich bin gern da, wenn er morgens aufwacht. Manchmal lege ich mich ihm über Brust und Hals. Das lähmt ihn erst mal. Und dann liege ich gern in einer Ecke und jaule, als hätte ich schreckliche Verletzungen. Manchmal springe ich plötzlich hinter einem Möbel hervor und belle ihm ins Gesicht. Bei Mahlzeiten hocke ich mich neben ihn und hechele sein Essen an. Ich kann mich auch auf ihn stützen, wenn er aufsteht, oder mich irgendwie an ihn hängen. Und ich versuche, ihm bei jeder Gelegenheit in der Sonne zu stehen.« Er warf ihr einen schiefen Blick zu. »Ach was, das ist nicht so ernst gemeint, ich mache nur Spaß.« Er schlug leicht verlegen die Augen nieder. »Ich spreche nicht gern über die konkreten Vorgehensweisen. Das ist unappetitlich.«
    »Wie auch immer, es hört sich grauenhaft an«, sagte Esther.
    »Es macht ihn auf jeden Fall fertig«, bestätigte Black Pat.
    »Gönnen Sie ihm mal eine Pause?«
    »Nein. Aber er ist gerissen, ich muss also aufpassen. Es kann vorkommen, dass er deprimiert aussieht, aber in Wirklichkeit konzentriert er sich auf ein Buch. Wenn ich ihn beim Lesen antreffe, setze ich mich neben ihn und kaue Steine. Das Geräusch macht ihn wahnsinnig, absolut wahnsinnig.«
    »Und machen Sie das bei allen so?«, fragte Esther.
    »Jeder hat andere Angewohnheiten, deshalb wechselt das«, antwortete Black Pat.
    Esther beschlich plötzlich ein Gefühl der Beklommenheit, eine ungute Ahnung. Sie grub einen Finger in den weichen Kunststoffrand rund um die Tischkante. »Was wäre mit mir? Wie würde ich es merken?«
    Wie aus der Pistole geschossen versetzte Black Pat: »Sagen Sie’s mir.«

9
    20 Uhr
    D as Erdgeschoss in dem imposanten freistehenden Haus der Olivers in Barnes war ein luxuriöser Ausstellungsraum für offenes Wohnen.
    Der Wohnbereich lag auf einer erhöhten Ebene, abgetrennt vom Speisezimmer. Ausgestattet war er mit niedrigen Bücherregalen, Sofas und Sesseln mit Knopfpolsterung, überwiegend hellgrün, und zwei Rya-Teppichen. Über einen der Sessel, Big Olivers Stammplatz, ragte eine Stehlampe mit geschwungenem Metallständer. Sie war eine Neuerwerbung und immer noch aufregend. Neben der Lampe hing ein Druck von John Piper.
    Der Essbereich, ein schönes Beispiel für die skandinavische Moderne, war an einer Wand von einem teuren Möbelsystem beherrscht: Hängeelemente mit tropischem Rosenholzfurnier, angebracht in verschiedenen Höhen, wie es gerade im Trend war. Auf den unteren Elementen standen zwei schicke Lampen aus Holz und Schleudergussaluminium, ein galoppierendes Marmorpferd mit dickzackiger fliegender Mähne und eine bauchige Glasvase, die einen Miniatur-Farngarten enthielt. Eine kleine afrikanische Antilopenfelltrommel wohnte auf dem Getränkeschrank, dessen Schiebetür mit genoppter Bronze beschlagen war. Die höheren Elemente boten kleine exotische Skulpturen und gerahmte Fotografien von Beth und ihrem Mann Big Oliver dar, alle künstlerisch und vorteilhaft aufgenommen. Ein größeres Foto zeigte Beth, wie sie ihren Sohn Little Oliver in einer weißen Taufdecke mit

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