Mr. Fire und ich (Band 3)
Hotels zu sprechen und dass er, unabhängig davon, Daniel Wietermann nicht kannte. Aber Camille blieb hartnäckig. Er sagte, er wüsste, dass Daniel immer in diesem Hotel wohnen würde, wenn er nach New York kam und dass er in den letzte Tagen da gewesen sei.
Wenn er sich über diese Informationen sicher ist, warum befragt er das Personal des Hotels?
Camille entschuldigte sich für die Art, mit der er Tom angesprochen hatte. Die Wahrheit war, er brauchte Hilfe.
Er brauchte Hilfe? Inwiefern?
Ja, Camille erklärte, dass Daniel sein Sohn sei und dass er wusste, dass er gerade eben das Hotel verlassen hatte, da er ihn aus der Ferne beobachtet hatte. Er hatte sich nicht getraut, ihn anzusprechen, aber er würde es zutiefst bedauern. Er musste unbedingt mit seinem Sohn sprechen und hatte Angst, die Gelegenheit zu verpassen. Tom, für den die Verzweiflung des alten Mannes offensichtlich war, zeigte sich verständnisvoll und entschuldigte sich dafür, nichts für ihr tun zu können. Aber Camille sagte mit Nachdruck, dass er etwas tun könne. Er könnte Daniel eine Nachricht über seine Freundin, das junge Mädchen, das mit ihm arbeitete, und die er oft zusammen mit seinem Sohn gesehen hatte, zukommen lassen.
Tom, der sich keinen Ärger einhandeln oder zumindest mich nicht in eine Zwangslage bringen wollte, frage Camille, warum er sich nicht direkt an seinen Sohn wandte, wenn er mit ihm sprechen wollte. Aber Daniel hörte Camille nicht zu, er lehnte seit Jahren jeglichen Kontakt mit ihm ab. Er musste über Umwege an ihn rankommen.
Vielleicht hatte er einen guten Grund dafür?
Nein, laut Camille irrte sich Daniel, was seinen Vater anging. Bis heute hatte er nichts unternommen, um die Situation zu verändern, aber heute sei alles anders. Er war krank und wollte nicht von dieser Welt gehen, ohne seinen Sohn wiedergesehen und mit ihm gesprochen zu haben.
War er wirklich krank?
Tom wollte es jedenfalls gern glauben. Er hatte das Gefühl, dass dieser Mann ehrlich war und er war gerührt. Um Tom zu überzeugen, schlug Camille ihm vor, ihn nach Arbeitsende zu treffen, um ihm bei einem Glas Wein seine Geschichte zu erzählen. So könnte Tom selbst und mit klarem Verstand entscheiden, ob er einwilligen würde, ihm zu helfen oder nicht. Tom vereinbarte mit Camille dieses Treffen. Folgendes hatte der alte Mann ihm anvertraut:
Ich habe eine Frau geheiratet, die ich liebte.
Unsere ersten Jahre waren wundervoll. Ich malte, und sie stand mir Modell. Wir sind viel gereist, haben uns amüsiert, wir waren frei und unglaublich verliebt. Unser Leben hatte nicht diese Rauheit der verfemten, mittellosen Künstler. Diane war eine Tercari und ich selbst entstammte einer Künstlerfamilie, die erfolgreich war. Aus unserer Leidenschaft entstanden zwei Kinder im Abstand von sieben Jahren: Agathe und Daniel. Ich liebte diese Kinder. Ich verbrachte viel Zeit mit ihnen.
Aber die Dinge veränderten sich zunehmend, als Diane das Juweliergeschäft übernehmen musste. Wir ließen uns in Paris nieder und sie widmete sich voll und ganz ihrem Unternehmen. Schon bald belasteten mich die Bewegungslosigkeit und Einsamkeit sehr und ich wurde zu einem flatterhaften Ehemann und Lebemann. Trotz unserer Differenzen liebten wir uns. Aber das reichte nicht. Es kam vor, dass ich für einige Tage verschwand, um irgendwo an einem Ende der Welt zu feiern, aber ich kehrte immer wieder zurück.
Im Laufe der Zeit konnte Diane meine Eskapaden nicht mehr ertragen. Weniger, weil sie persönlich darunter litt, als vielmehr, weil die Öffentlichkeit davon Wind bekam. Sie war um nichts auf der Welt mehr besorgt als um den Ruf ihrer Familie und ihres Unternehmens Und sie verbachte viel Zeit damit, zu verhindern, dass sich meine Entgleisungen herumsprachen und meine Skandale auf den Titelblättern aller Zeitschriften stehen würden.
Eines Tages erfuhr ich, ich weiß nicht mehr wie noch von wem, dass Diane einen Liebhaber hatte. Auch wenn ich sie oft betrogen hatte, ich hatte nie eine Geliebte, ich schlief nie zwei Mal mit derselben Frau. Ich entfloh dem Leben, das wir führten, aber ich liebte Diane. Dennoch hätte ich leichtes Spiel gehabt, ihr den geringsten Vorwurf zu machen... Also schwieg ich.
Aber es zermürbte mich, zerstörte mich allmählich. Ich war immer weniger imstande, den Kindern gegenüber Zuneigung zu zeigen, ich verließ immer häufiger und immer länger unser Zuhause, und wenn ich zurückkam, fand ich ihre Gegenwart abstoßend. Ich redete mir ein, dass sie
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