Mr. Fire und ich (Band 7)
können. Ich habe einen Job gefunden!“, freut sich Sarah.
„Echt jetzt? Wie machst du das bloß? Du bist doch erst seit ein paar Wochen hier!“
Ich denke an den wahnsinnigen Verwaltungsaufwand und an die Unmengen von Motivationsschreiben, die ich verschicken musste, um die Stelle im Hotel zu ergattern. Bis zur letzten Minute hatte ich Angst gehabt, hier anzukommen, ohne etwas gefunden zu haben. Sarah ist nicht so wie ich. Sie prescht einfach los. Und das hat ihr schon immer Erfolg eingebracht.
„In einer Kunstgalerie in Greenwich Village. Ein Freund aus Paris hat mir eine Nachricht hinterlassen, um mir hier einen Kontakt zu vermitteln. In einer Stunde fange ich an. Unglaublich, oder?“
„Das erstaunt mich nicht bei dir.“
Es stimmt, Sarah lächelt dem Leben zu und das Leben ihr.
Greenwich Village ist zu Fuß dreißig Minuten vom Hotel entfernt. Wir laufen ohne Eile durch New York. Sarah erzählt uns von ihren etwas verrückten Ideen, wie sie die Hochzeit gestalten will. Sie will nichts Traditionelles. Wir haben uns noch nicht über das Brautkleid unterhalten, aber ich wette, dass es keine lange weiße Robe sein wird. Im Moment zieht sie eine Feier auf einem Schiff in Erwägung. Als sie erklärt, dass sie sich schon nach Hochzeiten erkundigt habe, bei denen man nach dem Jawort mit dem Fallschirm abspringt, sehe ich, wie Tom blass wird. Mein Kamerad ist sichtlich nicht schwindelfrei.
Noch etwas, das ich nicht über ihn wusste. Wenn Sarah einen derartigen Vorschlag macht, weiß sie es offenbar auch nicht. Was weiß sie eigentlich wirklich über ihren zukünftigen Ehemann?
Sarah reißt das Gespräch an sich. Die meiste Zeit sagt Tom nichts. Er lächelt nachsichtig, während sie uns ihre exzentrischen Ideen darlegt. Sie hebt gerade die Vorzüge einer
gerechten und solidarischen
Hochzeitsreise hervor, als wir eine winzige Galerie für zeitgenössische Kunst erreichen, die zwischen einem Bücherladen und einem Café eingequetscht ist.
Sarah tritt ein und stellt sich vor. Der Besitzer küsst sie auf beide Wangen und beginnt, ihr die ausgestellten Werke zu zeigen. Tom und ich wechseln einen Blick. Wir existieren nicht mehr. Sarah ist ganz in ihre eigene Welt eingetaucht.
Wir machen uns auf den Weg zum Museum. Tom, der noch immer genauso schweigsam ist, wirkt auf einmal angespannt. Wir setzen uns auf eine Bank. Ich brauche einen Moment, bis ich mich traue, meine Frage zu formulieren, aber ich mache mir Sorgen um meine Freunde.
„Tom...ist mit Sarah alles in Ordnung?“
Er sieht mich verständnislos an. Ich habe den Eindruck, ihn aus einem Traum zu reißen.
„Natürlich! Warum stellst du mir diese Frage? Wir lieben uns.“
„Das weiß ich, Tom. Aber... seid ihr sicher, dass ihr... heiraten wollt? Das ist eine wichtige Entscheidung.“
Tom runzelt die Stirn. Ich habe ihn schockiert. Er, der normalerweise so zurückhaltend ist, reagiert mit einer unerwarteten Geste. Er packt mich an den Schultern und sieht mir in die Augen.
„Hat Sarah mit dir über mich gesprochen?“, fragt er mich in einem Französisch, das durch den Stress unbeholfen wirkt.
„Aber nein, Tom, natürlich nicht!“
Obwohl du gut daran tun würdest, ihr dein Verhältnis mit Agathe zu erklären…
„Ihr habt euch gerade erst kennengelernt...aber ihr liebt euch, ich habe keinen Zweifel daran! Vergiss, was ich gesagt habe.“
Tom schweigt von Neuem und wir laufen durch das Wohngebiet von Greenwich Village. In diesem Frühherbst ist dieser Stadtteil besonders angenehm. Halloween ist nicht mehr weit. Die Geschäfte sind mit Kürbissen und Hexen dekoriert.
Ich hoffe, dass ich meinen Kameraden nicht gekränkt habe. Tom ist ein überlegter und sensibler junger Mann. Obwohl seine Begegnung mit Sarah wirklich Liebe auf den ersten Blick war, hat er zweifellos lange überlegt, bevor er ihr den Antrag gemacht hat.
„Sarah ist wunderbar, Julia. Wirklich wunderbar. Sie ist so...lebendig!“
Ich lächle. Tom spricht ein sehr korrektes Französisch, vor allem für jemanden, der diese Sprache noch vor wenigen Monaten gar nicht beherrschte. „Lebendig“ ist nicht das Wort, das mir zuerst in den Sinn gekommen wäre, aber es eignet sich hervorragend, um Sarah zu charakterisieren. Manchmal ist sie es vielleicht ein bisschen zu sehr. Besonders im Vergleich zu Tom. Wie werden sich die Vagabundin und der Stubenhocker auf Dauer verstehen? Ich habe noch nie erlebt, dass Sarah länger als zwölf Monate an einem Ort geblieben ist. Tom wiederum hat mir
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