Mr. Fire und ich (Band 8)
erkundigt. Am Ende habe ich aufgelegt und ihnen versichert, dass wir uns bald wiedersehen würden.
Ich habe sie lieb, aber zum ersten Mal können sie wirklich nichts für mich tun …
Vor dem Schlafengehen starte ich die Internetverbindung über meinen Laptop, um meine Mails abzurufen. Seit meiner Rückkehr von New York habe ich mein Postfach nicht geöffnet. Etwa zehn Nachrichten von Sarah warten auf mich. Jedes Mal zeigt der Betreff der Mail, wie sie meine Reise in Gedanken mitverfolgt hat.
„Warum hast du mir nichts gesagt?“
„Du bist also abgereist …“
„Bald in Paris!“
„Du fehlst mir jetzt schon!“
„Einsamkeit in New York“
„Gut angekommen?“
„Immer noch kein Lebenszeichen …“
Die Nachrichten sind kurz, immer höchstens ein bis zwei Zeilen. Zu kurz für meine beste Freundin, die normalerweise so redselig ist. Sarah ist enttäuscht, aber sie versteht, dass ich meine Lage überdenken muss. Sie beneidet mich sogar um meine Freiheit! Die Welt steht Kopf! Ich beneide sie darum, dass sie jemanden gefunden hat, der sie dauerhaft liebt und ihr das auch jeden Tag zeigt. Dennoch kann ich zwischen den Zeilen der flüchtig getippten Sätze lesen, wie einsam sich meine Freundin fühlt. Zu Recht oder zu Unrecht belastet sie heute die Situation, die sie doch selbst gewählt hat.
Ich bin gerade im Begriff, ihre letzte Mail anzuklicken, um ihr ein paar beruhigende Worte zu meiner Rückkehr zu schreiben, als eine neue Nachricht angezeigt wird. Sarah ist die Absenderin, aber den Betreff verstehe ich nicht:
„Mr. Fire, ich habe ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen.“
Warum sollte Sarah Daniel geschrieben haben?
Verblüfft öffne ich die Nachricht, um sie im Ganzen zu lesen. Sie ist viel länger als die vorherigen und nicht an mich gerichtet. Sarah hat mich in BCC gesetzt. Sie hat eine lange Mail an Daniel Wietermann geschrieben.
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Von: Sarah Zinelli
An: Daniel Wietermann
BCC: Julia Belmont
Betreff: Mr. Fire, ich habe ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen.
Lieber Daniel,
ich schreibe nur aus reiner Höflichkeit „Lieber Daniel“, auch wenn das ganz und gar nicht dem entspricht, was ich denke. Obwohl Sie doch zu meinem Leben gehören. Seit drei Monaten erzählt mir meine beste Freundin von nichts anderem als von Ihnen: dem schönen, mysteriösen, unwiderstehlichen Daniel Wietermann.
Anfangs habe ich mich für Julia gefreut. Ich kenne sie schon sehr lange und, wie ich wohl annehmen darf, sehr viel besser als Sie. Sie ist ein tolles Mädchen. Wirklich. Sie hat es verdient, glücklich zu sein. Ich dachte, Sie wären der Mann, der sie glücklich macht.
Aber je länger ich Ihr Verhalten beobachte, desto mehr habe ich den Eindruck, dass ich mich getäuscht habe: Mit Ihnen hat sich Julia einen schönen Egoisten eingehandelt, Mr. Fire! Brillant, ja das sind Sie, aber so was von egozentrisch! Sie brauchen jemanden, um bei einer Abendveranstaltung Ihr Image aufzupolieren? Da kommt Ihnen so eine kleine Empfangsdame gerade recht. Sie wickeln sie ein bisschen um den Finger und die Sache ist geritzt. Und noch amüsanter wird es, wenn man ihr im Bett ein bisschen die Unschuld nehmen muss … Das hat Ihnen sicherlich gefallen. Ein Mann wie Sie wird also zum Pygmalion einer unbedarften jungen Frau … Julia hat vor Ihnen noch nie einen sexuell erfahrenen Mann kennengelernt. Eine Erfüllung ihrer intimsten Wünsche und Träume! Ich wage kaum, mir auszumalen, an welcher Stelle sie in der langen Liste Ihrer Eroberungen steht. Sie fühlt sich aufgewertet, einzigartig. Sie benutzen sie nur. Wenn Julia eine Frage zu viel stellt, gehen Sie. Sie wagt es, eine Ihrer Entscheidungen anzuzweifeln? Dann behandeln Sie sie von oben herab. Sie entscheiden, Sie kontrollieren, Sie bestätigen … oder auch nicht. Zwischen Ihren Händen ist meine Freundin ein Spielball. Sie widern mich an, Daniel Wietermann.
Und was ist nun los? Haben Sie von Julia genug? Letzten Endes ist sie wohl doch nicht gut genug für Mr. Fire … Sie kehren also in die Arme Ihrer Ex-Freundin zurück, die ein Milliarden-Unternehmen erbt, genau wie Sie. Um jedes Missverständnis zu vermeiden, sorgen Sie dafür, dass Julia Wind davon bekommt. Was für ein besseres Mittel gibt es zu diesem Zweck als die Medien? Die Journalisten sind Ihre Freunde, nicht wahr? Ein Artikel, ein Foto … und alles ist in Butter! Dass Sie meiner Freundin das Herz brechen, ist dabei völlig egal. Das ist ja nicht Ihr Problem. Aber da sich die Arme an Sie klammert und
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