Mr. Joenes wundersame Reise
Stimme gegen diesen Mann, diesen Genossen Jonski, nicht als Senator, sondern als jemand, der einst als Kind im Bergland südlich der Sour Mountains aufwuchs, der in den 35
Wäldern angelte und jagte, der allmählich ein Be-wußtsein entwickelte, was Amerika ihm bedeutete, dessen Nachbarn ihn in den Kongreß schickten, damit er sie und ihre Lieben vertrete und der sich jetzt dazu aufgerufen fühlt, dieses Glaubens-bekenntnis abzugeben. Aus diesem Grund, und es gibt für mich nur diesen einen Grund, sage ich euch: ›Das Böse ist schlecht!‹ Einige von den Gebildeten unter uns mögen darüber lachen, aber so heißt es, und ich glaube daran.«
Die Kommission brach in spontane Begeisterung über diese Rede des alten Senators aus. Obwohl sie sie schon oft gehört hatten, verfehlten die Worte nicht ihre Wirkung auf sie und weckten in ihnen zum x-ten Male die tiefsten Empfindungen. Nun, mit fahlen Lippen, wandte der Vorsitzende Pelops sich erneut an Joenes.
»Genosse«, fragte er mit kaum verhohlener Ironie in der Stimme, »sind Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt eingeschriebenes Mitglied der Kommunistischen Partei?«
»Das bin ich nicht!« schrie Joenes.
Pelops nickte. »In diesem Fall die nächste Frage: Wer waren Ihre Gefährten in der Zeit, als Sie eingeschriebenes Mitglied waren?«
»Ich hatte keine Gefährten. Ich meine ...«
»Wir verstehen sehr wohl, was Sie meinen«, sagte Pelops. »Da Sie nicht gewillt sind, Ihre Mitver-schwörer zu verraten – könnten Sie uns dann we-36
nigstens sagen, wo Ihre Zelle aktiv ist? Nein? Sagen Sie mir, Genosse Jonski, kennen Sie den Namen Ronald Black? Oder um es Ihnen einfacher zu machen – wann haben Sie Ronald Black zum letzten Mal gesehen?«
»Ich kenne ihn gar nicht«, antwortete Joenes.
»Sie haben ihn nie gesehen? Das ist eine sehr gewichtige Behauptung, Mr. Joenes. Wollen Sie mir etwa weismachen, daß Sie Ronald Black niemals hätten treffen können? Daß Sie diesem Mann niemals in einer anonymen Menschenmenge oder in einem Kino hätten begegnen können – und zwar völlig ahnungslos und unschuldig? Ich bezweif-le, daß überhaupt irgendwer in Amerika so einfach behaupten kann, Ronald Black nie getroffen zu haben. Wollen Sie, daß diese Behauptung schriftlich festgehalten wird?«
»Nun, ich meine, wäre schon möglich, daß ich in einer Menschenmenge mit ihm zusammen war, ich meine, daß ich in einer Menge war, in der auch er sich befand, aber ich weiß doch nicht mit Sicherheit ...«
»Aber Sie geben diese Möglichkeit immerhin zu?«
»Ich glaube schon.«
»Hervorragend«, zeigte Pelops sich zufrieden.
»Endlich kommen wir weiter. Jetzt frage ich Sie, in welcher Menge trafen Sie mit Black zusammen, und was sagte er zu Ihnen und was Sie zu ihm, 37
und welche Schriftstücke tauschten Sie aus, und wem übergaben Sie diese Papiere dann ...«
»Ich habe Arnold Black niemals nicht getroffen!«
schrie Joenes verzweifelt.
»Wir kannten ihn bisher immer nur als Ronald Black«, sagte Pelops. »Aber wir sind froh, daß wir auch seine Decknamen einmal kennenlernen. Bedenken Sie bitte, daß Sie selbst immerhin die Möglichkeit eingeräumt haben, ihn in einer Menschenmenge getroffen zu haben, und daß diese Möglichkeit im Hinblick auf Ihre zugegebenen Aktivitäten innerhalb der Partei schon als Faktum betrachtet werden muß. Außerdem nannten Sie selbst uns den Namen, unter dem Ronald Black in der Partei bekannt war, einen Namen, der sich bisher unserer Kenntnis entzog. Und das, so denke ich, reicht doch.«
»Hören Sie doch«, flehte Joenes, »ich kenne diesen Black nicht, noch weiß ich, was er tat.«
Mit ruhiger Stimme stellte Pelops sachlich fest:
»Ronald Black wurde überführt, die Pläne für den neuen Studebaker Roadclinger Super V-12 Luxu-ry Compact Convertible gestohlen und an einen Agenten der Sowjetunion verkauft zu haben. Nach einer fairen Gerichtsverhandlung wurde Black, wie im Gesetz gefordert, hingerichtet. Später wurden einunddreißig seiner Komplizen aufgespürt, verurteilt und ebenfalls hingerichtet. Sie, Genosse Jonski, sind Komplize Nr. 32 in diesem umfang-38
reichsten Spionagering, denn wir je auffliegen lie-
ßen.«
Joenes wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Ton hervor, so sehr hatte die Angst ihn gepackt.
»Dieser Kommission«, fuhr Pelops fort, »sind gewisse eingeschränkte Rechte zugestanden worden, da es sich nur um einen Untersuchungsaus-schuß und nicht um eine Strafkommission handelt.
Das ist vielleicht eine Schande,
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