Mr. K: Thriller (German Edition)
als er laut seiner polizeilichen Akte tatsächlich war. Phin interessierte sich aus zweierlei Gründen für den Mann. Zum einen war Brotskys Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung vor Kurzem abgelehnt worden, und das mit Recht – der Kerl war ein Schlächter. Zum anderen hatte Phin bei seiner Google-Suche einen drei Monate altenArtikel im
Chicago Record
gefunden – der Verfasser hieß Alex Chapa. Die Überschrift lautete:
SERIENMÖRDER SPENDET 50.000 DOLLAR FÜR WOHLTÄTIGEN ZWECK.
»Was gibt’s?«, fragte Herb, als er das Zimmer betrat.
»Kennst du diesen Typen?«, fragte Phin und vergrößerte den Artikel auf dem Bildschirm.
Herb betrachtete das Bild des Reporters mit zusammengekniffenen Augen. »Chapa? Ja, wir sind uns schon ein paarmal begegnet. Der Typ nervt ein bisschen, aber er würde Jack nie etwas tun.«
»Ich meine nicht ihn, sondern Victor Brotsky.«
»Na klar.« Herb nickte so heftig, dass sein Doppelkinn auf und ab hüpfte. »Das ist der Allerschlimmste.«
»Er hat im Mai fünfzigtausend Dollar an eine Kinderklinik gespendet«, sagte Phin. »Anscheinend ist ein reicher Verwandter von ihm in Russland gestorben und hat ihm ‘nen Haufen Kohle vererbt.«
»Er hat also versucht, sich die Entlassung auf Bewährung zu kaufen«, sagte Herb. »Und als das nicht geklappt hat, hat er vielleicht ‘nen Auftragskiller engagiert, damit der die Polizistin umbringt, der er seine Festnahme verdankt.«
»Traust du ihm so was zu?«
»Brotsky? Der Kerl war ein Tier. Bei seiner Verhandlung hat man ihm Hand- und Fußfesseln anlegen müssen, weil er versucht hat, über Jack herzufallen, als sie gegen ihn ausgesagt hat.«
Phin scrollte die Seite herunter und überflog den Artikel. »Er sitzt in Stateville. Mit dem Auto braucht man dorthin ‘ne Stunde. Wir können den Laptop von Jack und Harry mitnehmenund während der Fahrt nach weiteren Kandidaten suchen. Kennst du jemanden, der in diesem Gefängnis arbeitet, Herb?«
Herb schüttelte den Kopf.
»Aber ich«, sagte McGlade. »Ich kenn den Direktor. Miller heißt er. Er schuldet mir einen Gefallen. Wir waren mal zusammen in ‘nem Striptease-Schuppen und er wollte mit so ‘ner geilen Tussi ins Separée. Ich hab dann an ihrem Adamsapfel gesehen, dass das ‘ne Transe war, und ihn noch rechtzeitig gewarnt. Ich ruf ihn gleich mal an.« Dann sah er Herb an. »Wenn wir mit Brotsky reden und uns in seiner Zelle ein wenig umsehen wollen, wär’s nicht schlecht, wenn wir ‘nen Polizisten dabeihätten. Du hast dort bestimmt ‘ne Menge Gewicht.«
Herb verschränkte die Arme auf der Brust und blickte grimmig drein.
»Was ist jetzt schon wieder?«, fragte Harry.
»Ich warte bloß drauf, dass von dir wieder so ‘n blöder Spruch kommt.«
»Kein blöder Spruch. Wenn der Gefängnisdirektor hinter uns steht, macht uns das die Arbeit leichter.«
Herb nickte. »Okay. Aber erst schick ich die Lemonheads-Packung per Fax ins kriminaltechnische Labor.«
»Dann kannst du mein Identi-Kit-Phantombild gleich mitschicken«, sagte Harry.
Das überraschte Phin. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die beiden ausnahmsweise mal zusammenarbeiteten. Vielleicht hatten sie den Ernst der Lage begriffen und waren bereit, ihre gegenseitige Abneigung zu vergessen und sich wie vernünftige Erwachsene zu benehmen.
Harry und Herb machten sich auf den Weg. Eine Minute später fing der Drucker an zu surren und spuckte computergenerierte Bilder – in Seiten- und Frontansicht – von dem Mann aus, den McGlade in unmittelbarer Nähe des Büros gesehen hatte. Lange schwarze Haare. Ausdruckslose Augen. Spitzes Kinn. Ein gruseliger Typ.
Die nächsten Bilder waren noch viel gruseliger. Harry hatte mithilfe von Photoshop eine Fotomontage angefertigt, die Herbs Kopf auf dem Körper eines Walrosses mit einer Erektion zeigte. Auf den nachfolgenden Bildern konnte man sehen, wie das Herb-Walross Sex mit einer Reihe berühmter Männer und Frauen hatte. Das Foto, auf dem Hitler Herb von hinten nahm, war besonders gut gelungen.
Damit es keinen Ärger gab, warf Phin die Bilder weg, ehe Herb mit der Lemonheads-Packung zurückkam. Das Einscannen der sechs verschiedenen Packungsseiten dauerte nur zwei Minuten. Die Fingerabdrücke sahen aus wie lila Tinte. Als Herb die Aufnahmen per E-Mail verschickte, kam Harry wieder zur Tür herein.
»Hast du meine Bilder ausgedruckt?«, fragte er.
Phin gab ihm die beiden, auf denen der Langhaarige zu sehen war.
»Was ist mit den anderen?«, fragte Harry.
»Das
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