Mr. K: Thriller (German Edition)
haben im Jahr mehr verdient als ich. Und dann ist mir noch was Interessantes aufgefallen.«
»Und das wäre?«
Ich bog in die Michigan Avenue und drückte aufs Gaspedal. Das Auto wollte nicht so recht beschleunigen – einer der Gründe, warum ich mir bald ein neues anschaffen wollte.»Das Mädchen, das nicht für Shell gearbeitet hat, war bei einer Firma namens Elite Escorts. Ein kleiner Laden, hat nur ein Dutzend Mädchen. Ich hab gestern Nacht bei ein paar anderen Agenturen angerufen und die meisten davon sind ziemlich groß, so etwa zwischen fünfzig und hundert Mädchen. Die Dodd-Agentur – die, von der Shell gesagt hat, sie würden versuchen, ihm die Mädchen aggressiv abzuwerben – ist eine von den ganz großen.«
»Was sollen die mit der Sache zu tun haben? Das sind große Fische. Shell betreibt doch nur ‘ne Klitsche.«
»Hast du noch nie von Darwin gehört?«, fragte ich. »Die großen Fische fressen die kleinen. So werden sie groß.«
Auf der Michigan Avenue war die Hölle los. Es wimmelte nur so von Autos und Fußgängern. Diese Gegend war für mich das eigentliche Chicago. Hier befanden sich Geschäfte und Hotels und etwas weiter fanden sich das Kunstmuseum, Grant Park, der Buckingham-Brunnen, das Naturkundemuseum, das Shedd-Aquarium und das Adler-Planetarium. Soldier Field, Heimstadion der Bears. Die Magnificent Mile mit ihren Stränden und einer der unvergesslichsten Skylines der Welt. Eine Stadt, wie ich sie mochte, und der Grund dafür, warum ich nie in die Vororte ziehen würde.
Auf der Michigan Avenue konnte man nirgendwo parken, nicht mal vorschriftswidrig, deshalb fuhren wir bis zur Grand Avenue weiter, bogen dort rechts ab und fuhren von dort in die Rush Street.
»Fahr in die Seitengasse hier. Shell hat gesagt, wir können im Hinterhof parken.«
Herb wies mir den Weg zu einem kleinen Parkplatz zwischenzwei Gebäuden, auf dem drei Fahrzeuge Platz hatten. Auf zwei davon standen bereits ein Cadillac und ein schwarzer Honda.
Ich fuhr in die Lücke und stieg aus. Dann strich ich mit der Hand über die Hose, machte die Schulterklappen zurecht und nahm die Kiste mit Shells Beleuchtungsutensilien und die Leinwand aus dem Auto. Herb nahm mir die Kiste ab.
»Igitt«, sagte er und verzog das Gesicht. Der Müllgestank war so schlimm, dass mir die Augen tränten. Ich hielt mir eine Hand vor Mund und Nase und eilte mit Herb auf die Rush Street.
Wir gingen an der Pizzeria Uno vorbei – hier hatte man in den Fünfzigerjahren die Deep-Dish-Pizza erfunden – und gelangten zu einem kleinen Gebäude, das von außen wie eine Boutique aussah. Darin befanden sich eine Kunstgalerie und Classy Companions, Shells Agentur. Wir stiegen die Betontreppe hoch und betraten das Gebäude durch eine geschlossene Veranda. Ein Schwall eiskalter Luft kam uns entgegen. Neben der Sicherheitstür gab es Klingeln für die beiden Geschäfte und die verschiedenen Mietwohnungen darüber.
»Hier wohnen noch andere Leute«, sagte ich zu Herb. Die Polizeiberichte hatten nichts darüber erwähnt. Laut Kriminalstatistik wurden über neunzig Prozent aller Morde von Menschen aus dem Umfeld des Opfers verübt.
»Frauen. Die arbeiten alle für Shell«, sagte Herb und drückte auf die Klingel. »Du wirst ebenfalls hier wohnen, solange die Ermittlungen laufen.«
Nach einer Weile ertönte eine Stimme aus der Sprechanlage über den Klingeln. »Classy Companions.« Es war eine Frauenstimme und sie klang tief und rauchig.
»Detective Herb Benedict und Officer Jacqueline Streng«, antwortete Herb.
Der Türöffner summte und wir traten ein. Der Flur teilte das Erdgeschoss in zwei Hälften. Auf der einen Seite befand sich die Galerie, auf der anderen die Agentur. Die Tür zu Classy Companions war aus solidem Holz, mit dem Firmennamen auf Augenhöhe. Herb deutete nach oben, und als ich ihm nachblickte, fiel mir die Überwachungskamera auf.
»Ist die neu?«, fragte ich.
»Shell hat sie gleich nach dem ersten Mord installiert.«
»Hast du dir sämtliche Aufzeichnungen angesehen?«
»Ja. In deinem Zimmer steht ein Videogerät, da kannst du sie dir auch anschauen.«
Herb klopfte und wieder summte ein Türöffner. Mit seinen Pastelltönen und dem gedämpften Licht machte das Empfangszimmer einen vornehmen Eindruck. Der Teppich war so dick, dass meine Absätze darin versanken. Ich nahm ein paar Sofas und Love-Seats wahr sowie einen Wartebereich mit diversen Zimmerpflanzen und einem Couchtisch, auf dem allerhand Zeitschriften
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