Mr. K: Thriller (German Edition)
Investmentbanker, der gelegentlich noch ander Börse mitmischte, und hatte jede Menge Geschichten und Witze auf Lager, was ihn zu einem idealen Gesprächspartner beim Abendessen machte. Wir hatten gerade unser Chicken Vesuvio zur Hälfte gegessen, als er mit derselben Frage herausplatzte, die mir bereits Mr. Sarcotti gestellt hatte.
»Wie kommt es, dass eine so aufgeweckte und reizende Frau wie Sie immer noch ein Single ist?«
Ich machte auf kokett. »Dasselbe könnte ich Sie fragen, Jeroen. Bei einem so interessanten Mann wie Ihnen stehen die heiratswilligen Frauen doch bestimmt Schlange. Warum sind Sie dann nicht verheiratet?«
Seine Miene verdüsterte sich. »Ich war mal verheiratet, und zwar achtunddreißig wunderbare Jahre lang. Meine Frau ist 1986 gestorben. Sie hatte Brustkrebs.«
Ich bereute es, ihm diese Frage gestellt zu haben – schließlich hatte Shell mich davor gewarnt, zu persönlich zu werden.
»Das tut mir leid.«
»Ich bereue diese Jahre nicht. Maria war das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Sie war meine beste Freundin, Geliebte und Seelenverwandte. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich so viele schöne Jahre mit ihr erleben durfte, auch wenn die letzten davon nicht einfach waren.« Er beugte sich näher an mich heran und legte seine Hand auf die meine. »Das Leben ist nichts wert, wenn man niemanden hat, mit dem man es teilen kann, Jacqueline. Die guten und die schlechten Zeiten, durch dick und dünn. Selbst als es mit ihr schon zu Ende ging, hat mein Herz bei ihrem Anblick höher geschlagen.«
»Sie muss wirklich eine tolle Frau gewesen sein«, sagte ich und meinte es auch so.
»Ich bin ein wohlhabender, erfolgreicher Mann, Jacqueline. Aber ich würde auf alles verzichten – das Geld, die Häuser, sämtliche Aktien –, wenn ich dafür nur einen einzigen Tag mit Maria verbringen könnte. Der ganze Erfolg ist nichts wert, wenn man nicht jemanden hat, mit dem man ihn teilen kann.«
Jeroen bekam glasige Augen. Ich drückte seine Hand und dann aßen wir schweigend weiter. Ich entschuldigte mich damit, dass ich auf die Toilette musste, und meldete mich bei Herb.
»Ich habe meinen Begleiter zum Weinen gebracht«, sprach ich in das Mikrofon, das in meinem BH versteckt war.
»Denk daran, dass du eine Polizistin bist und kein Escort-Girl«
, hörte ich Herb in meinem Ohrhörer. Er hatte keine Eintrittskarte für die Vorstellung mehr bekommen und konnte es sich nicht leisten, im Restaurant zu essen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als auf dem Parkplatz ein Sandwich zu verzehren, das ihm seine Frau eingepackt hatte.
»Und so wie es sich angehört hat, kann er froh sein, dass er eine Frau hatte, die ihm so viel bedeutet hat.«
»Würdest du das tun, Herb? Für deine Frau deinen Beruf aufgeben?«
»Für meine Frau würde ich alles liegen und stehen lassen.«
Nach dem Abendessen sahen wir uns die Musical-Komödie
They’re Playing Our Song
an. Jeroen hatte das Stück bereits in New York gesehen und sang den Text gut gelaunt mit den Darstellern mit. Als es vorüber war, war auch seine Gefühlsduselei wie verflogen. Auf der Heimfahrt überredete er mich noch zu einem weiteren Glas Sekt, und als er mich bei der Agentur absetzte und mir eine gute Nacht wünschte, gab er mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange.
Er ließ mich mit dem Gefühl zurück, mehr zu wollen. Nicht von Jeroen, sondern vom Leben. Ich wollte auch jemanden, der für mich alles liegen und stehen lassen würde.
Aber wäre ich auch bereit, dies für jemand anderen zu tun?
Für Alan zum Beispiel?
Heute
10. August 2010
00:15:03 … 00:15:02 … 00:15:01 …
Ich hatte noch genau fünfzehn Minuten zu leben.
Als ich auf die Uhr sah, war ich seltsam gefasst. Jetzt wo ich wusste, dass der Tod unausweichlich war, überkam mich so etwas wie eine kaltblütige Ruhe. Ich wusste, dass die Furcht und die Panik noch kommen würden, aber in diesem Augenblick gelang es mir, eine objektive Sicht der Dinge zu bewahren.
Ich kam mir vor, als ginge ich noch auf die Schule und wartete auf das Ergebnis einer Klausur. Ich hatte neunundvierzig Jahre hinter mir und im Leben eine Menge erlebt, gute Dinge und solche, die nicht so gut waren. Ich hatte mein Bestes gegeben, hart gearbeitet und meine Ziele verfolgt und erreicht.
Jetzt wollte ich meine Gesamtnote wissen.
Hatte ich es verdient, dass mein Leben mit der Note 1+ bewertet wurde?
Mit einer 1?
Oder wenigstens mit einer 2+?
Ich hatte einige sehr schlimme Verbrecher
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