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Mr. K: Thriller (German Edition)

Mr. K: Thriller (German Edition)

Titel: Mr. K: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.A. Konrath
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auch daher,dass ich immer noch nicht genau wusste, was ich ihm sagen sollte.
    »Wissen Sie, worauf ich jetzt Lust hätte?« Shell trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad, während er in die Straße einbog. »Tanzen. Möchten Sie tanzen gehen?«
    »Darauf hab ich jetzt eigentlich keine Lust, Shell.«
    »Hören Sie gern Musik?«
    »Klar.«
    »Wie wär’s mit Buddy Guy’s?«
    Buddy Guy war ein legendärer Blues-Musiker hier in Chicago. Ihm gehörte ein Club auf der Wabash Avenue, gar nicht weit von Millers Pub.
    »Buddy Guy’s«, sagte ich. Herb antwortete nicht. Ich fragte mich, ob er sich außer Reichweite meines Funkgeräts befand.
    »Ich hab dort mal Clapton spielen sehen. Er ist einfach unangemeldet erschienen und hat mit Buddys Band ‘ne Jam-Session veranstaltet. War ‘ne tolle Nummer.«
    »Okay«, sagte ich so laut, dass ich fast schrie, »gehen wir ins Buddy Guy’s Legends. Buddy Guy’s Legends auf der Wabash Avenue.«
    Shell guckte mich an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. Von Herb kam noch immer keine Antwort. Ich konnte nur hoffen, dass er mich gehört hatte.
    Ein paar Minuten später fuhr Shell in ein Parkhaus am Balbo Drive und fand dort in der zweiten Etage einen Parkplatz. Wir gingen durch das hell erleuchtete Treppenhaus ins Erdgeschoss und liefen einen Block zu Fuß zu der Bar.
    Vor dem Eingang gab es eine kleine Schlange. Wir stellten uns hinter ein paar Afroamerikaner, die wie Arbeiter aussahen.
    Ein übergewichtiger Mann, der einsam dreinblickte, stellte sich hinter uns an. Shell bezahlte für mich die fünf Dollar Eintritt. Sobald wir drinnen waren, sahen wir uns nach einem Platz um, wo wir uns hinsetzen konnten.
    Buddy Guy’s sah genauso aus, wie man sich eine typische Blues-Kneipe vorstellte. Das gedämpfte Licht, der Geruch nach Zigarettenrauch und Whisky, der schwermütige Klang einer Solo-Nummer auf der elektrischen Gitarre, der Barkeeper, der Drinks mixte und sie auf leere, mit Feuchtigkeit beschlagene Tabletts stellte, und die traurig dreinblickenden Gäste, von denen viele allein dasaßen und sich an etwas Hochprozentigem festhielten.
    Shell und ich fanden einen freien Ecktisch, an dem es so dunkel war, dass ich mich vorbeugen musste, um ihn zu sehen. Eine Kellnerin – sie sah aus, als hätte sie im Leben schon eine Menge durchgemacht – stand mit gezücktem Notizblock neben uns, ohne ein Wort zu sagen. Shell bestellte einen Martini und ich ein Glas Rotwein. Dann entschuldigte ich mich – ich musste schreien, um bei der lauten Musik im Hintergrund gehört zu werden – und ging auf die Damentoilette.
    Hier drinnen war es etwas ruhiger, aber nicht viel. Ich fummelte an meinem Mikrofon und dem Ohrhörer herum und versuchte Herb zu erreichen – leider ohne Erfolg. Entweder suchte er immer noch einen Parkplatz oder er war in Millers Pub gegangen. Das Klügste war, jetzt einen schnellen Drink zu nehmen und dann zur Agentur zurückzukehren. Dass Shell der Killer sein könnte, glaubte ich eigentlich nicht, zumal er es ja gewesen war, der sich an die Polizei gewandt hatte. Außerdem hatte ich ja meine Beretta in der Handtasche.
    Ich ging wieder an unseren Tisch zurück. Unsere Drinks waren immer noch nicht da. Sie standen auf der Theke, aber unsere Kellnerin konnte ich nirgendwo sehen. Shell beugte sich zu mir und sagte etwas, aber ich konnte überhaupt nichts verstehen, da wir zu nahe an den Lautsprechern saßen. Irgendwann kamen unsere Drinks. Der Sänger mit der Reibeisenstimme beklagte sich über seine untreue Frau, den verlorenen Job, seinen toten Hund und sein entzündetes Schultergelenk. Ich schloss die Augen und ließ mich von der Musik treiben. Der Wein war von niedriger Qualität und schmeckte bitter. Nachdem ich zweimal an meinem Glas genippt hatte, hatte ich genug davon.
    Shell kippte seinen Martini hinunter, lächelte mich an und deutete mit hochgezogener Augenbraue auf mein Glas. Ich schüttelte den Kopf. Er winkte der Kellnerin, und ich beugte mich zu ihm, um ihm zu sagen, dass ich müde war und gehen wollte.
    Als ich mich nach vorne beugte, schien sich die gesamte Bar um mich zu drehen, als befänden wir uns während eines Sturms an Bord eines Schiffes. Ich hatte das Gefühl, jeden Augenblick umzufallen. Ich streckte die Hand aus, suchte nach Halt und stieß dabei mein Weinglas um. Ich fiel mit dem Kopf gegen Shells Schulter und er grinste mich an, und wie er so grinste, wurde sein Gesicht immer dunkler, bis mir schwarz vor Augen wurde und ich das Bewusstsein

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