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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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aber seine Stimme war fast ein Flüstern.
    »Das passiert bestimmt nicht.«
    »Sag einfach: In Ordnung, Gary.«
    »In Ordnung, Gary.«
    »Und wenn ich zurückkomme, und du bist nicht mehr da, dann weiß ich, dass du nach Hause gefahren bist. Und es gibt keine Vorwürfe, in Ordnung? Wir können uns dann trotzdem – also – weiterhin treffen. Wie bisher. Sag: Keine Vorwürfe.«
    »Keine Vorwürfe.«
    »Gut. Braves Mädchen.« Er sah sie mit prüfendem Blick an. »Sind alle in der siebten Klasse elf? Ich meine, deine Freundinnen sehen viel älter aus.«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich werde im Dezember zwölf.«
    Er sah auf den Boden und nickte.
    »Kann ich dich was fragen?«
    Er setzte sich auf die Kante des anderen Bettes.
    »Wenn ich von unterwegs nach Hause will? Will ich bestimmt nicht, aber …«
    »Dann setze ich dich in ein Flugzeug. Direktflug nach Hause, Erster Klasse.«
    »Gut.«
    »Und ich kaufe dir eine kleine Handtasche und tu Geld und ein paar Snacks und eine Zeitschrift oder einen Comic rein. Und dann bringe ich dich zum Flughafen.«
    »Gut.«
    »Die Möglichkeit besteht die ganze Zeit. Wenn du keine Lust hast, den ganzen Weg mit mir zurückzufahren, oder wenn du findest, dass ich einfach wie ein blöder alter Onkel bin, zu streng, oder dass ich zu viel predige, dann kaufe ich dir das Flugticket. Das verspreche ich dir.«
    »Gut.«
    »Es sollen Ferien sein, damit du mal was anderes siehst. Nicht immer nur diese traurige Stadt hier.«
    Sie nickte.
    »Du bist nicht wie deine Freundinnen, oder?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Du bist nicht wie sie«, sagte er. »Glaubst du mir das?«
    »Wenn du es sagst.«
    Er grinste. »So ist es richtig. Dann sind wir uns einig, ja?« Er drehte seine Handfläche nach oben und spuckte hinein, dann streckte er sie ihr entgegen. Sie prustete und grinste, dann spuckte sie in ihre Handfläche und schlug ein.
    Lamb ließ sie in dem weißen Hotel und fuhr wieder in die Stadt, weg von den letzten gebrochenen Streifen Tageslicht, Regenwolken mit Neonblau gemischt in seinem Rückspiegel. Das Mädchen war bestimmt da, wenn er zurückkam. Nicht, weil sie wirklich mit ihm kommen wollte, sondern weil ihr die Tatkraft fehlte, ein Taxi zu bestellen.
    Er bog in den Parkplatz bei Tommies Wohnblock ein und hielt vorm Eingang. Dort stand ein anderer Sicherheitsmann als beim letzten Mal – ein schwergewichtiger junger Mann in billigen schwarzen Hosen und einem Blouson mit dem gleichen Firmenlogo auf der Brust. Mit beginnender Glatze und blassem Gesicht und der Nächte von Liebe und Schmerz beraubt, die ein junger Mann wie er erleiden sollte. Ein junger Mann hatte während seines Erdenlebens nur eine bestimmte Anzahl von Nächten, und die sollte er nicht einsam auf hässlichen Parkplätzen vergeuden, wo er nur die Leute belästigte. Er kam zur Fahrertür.
    »He, suchen Sie jemanden?«
    Lamb schlug das Herz bis zum Halse, sein Puls raste in den Adern, und er schmeckte seinen eigenen schlechten Atem imMund. »Ist das hier Roosevelt Road?« Er deutete zu der sechsspurigen Schnellstraße hinüber. »Ich habe mich irgendwie im Kreis gedreht.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Muss ich Richtung Westen fahren?«
    »Hier können Sie nicht links abbiegen.« Eine kleine, mollige Frau mit kinnlangen, braungrauen Haaren kam schief unter dem Gewicht einer enorm großen leinenen Schultertasche vorbei. Lamb beobachtete sie, als sie zum Haus ging und der Mann ihm Anweisungen gab, die er nicht brauchte, und er wurde ganz still.
    Vielleicht war das der Moment, der Lamb zu seiner Entscheidung brachte, diese unmittelbare Begegnung mit der Leere. Und wer kann es ihm vorwerfen, wenn er sich danach vollständig – mit Schultern, Gesicht, Händen, Hüften – dem Mädchen zuwandte? Das Mädchen brachte ihn wieder in Kontakt mit sich selbst und mit der wirklichen Welt, die David Lamb, wenn er ehrlich war, noch nicht aufzugeben bereit war. Er war noch nicht bereit, die Geschichte aufzugeben, in der er glaubte, eine Rolle zu haben. Nicht so, wie es der Parkplatz und der Mann mit teigiger Haut und schütterem Haar gerade nicht nur möglich, sondern irgendwie auch notwendig gemacht hatten.
    Lamb wollte flotte Autos und das weiche, weiße Bett im Hotel, er wollte das Mädchen mit Eis und gebratenem Truthahn füttern, bis es vor Lachen kotzte, er wollte den Schmerz, wenn er Cathy am Arm eines anderen Mannes sah, ein Eierkopf mit weichem Herzen, warmer Fleece-Jacke und einem wunderbaren Schwanz, denn diese

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