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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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sollte dich gleich nach Hause bringen.«
    Sie legte sich die Hände unter den Po und neigte den Kopf zur Seite. »Was hast du damals gemacht?«
    Er hörte auf, den Penny zwischen den Fingern zu drehen, und sah sie an.
    »Vielleicht erzähle ich es dir eines Tages«, sagte er in einem Ton, als wäre er überrascht, dass er es sagte.
    »Na gut.«
    »Weißt du, was eine Briefmarke kostet?«
    »Fünfzehn Cent?«
    »Neunzehnhundertzweiundfünfzig, Tommie, kostete eine Briefmarke Erster Klasse drei Cent.«
    »Wow.«
    »Neunzehnhundertzweiundfünfzig, Tommie, gab die Regierung der Vereinigten Staaten ungefähr achtundsechzig Milliarden Dollar aus. Insgesamt.« Er sah sie an. »Damit kannst du nichts anfangen, oder?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Wir müssen uns mehr anstrengen, wenn wir etwas über die Welt um uns herum erfahren wollen.«
    »Hör auf damit. Das macht Jessie immer.«
    »Was macht er?«
    »Sagt wir, wenn er mich meint.«
    Er legte die Hände in den Schoß. »Da hast du recht.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Zuck du nur die Achseln. Du machst das schon richtig gut, das Achselzucken. Das Mädchen da? Das ist eine Achselzuckerin. Die lässt nichts an sich ran.«
    Sie sah ihn von der Seite her an und verdrehte die Augen.
    »Es kränkt mich, dass du die Achseln zuckst und die Augen verdrehst. Dass du so redest, als wärst du erwachsen. Dass du nichts über neunzehnhundertzweiundfünfzig weißt. Ich will dir helfen, ich will dir etwas Wichtiges mitteilen.«
    »Entschuldigung.«
    »Wenn ich dran denke, junge Leute in deinem Alter. Auf dem ganzen Planeten gibt es keine unerforschten Stellen mehr für euch. Es gibt keine einzige Anstandsregel mehr, keine Verhaltensvorschriften, die ihr verletzen könnt. Und was machst du? Du zuckst die Achseln.« Er nahm ihre Hand, drehte die Handfläche nach oben und drückte den Penny hinein. »Eine Münze aus dem Jahr, in dem ich geboren wurde. Verlier sie nicht. Eine andere kriegst du vielleicht nicht.«
    Sie sah auf den Penny in ihrer Hand. »Es tut mir leid.«
    »Später«, sagte er, »mieten wir uns einen Wohnwagen. Einen silberfarbenen. Als wäre es fünfzig Jahre früher. Du bist dann siebzehn, und wir ziehen dir einen langen Rock an und binden dir die Haare mit einem gelben gepunkteten Schal zusammen und fahren durchs Land. Von einem Eiswagen zum nächsten. Wir machen einen genauen Plan, sodass in jeder Stadt, in die wir kommen, der Frühling auf dem Höhepunkt ist – kühler Wind, grüne Pfützen, weiße Blüten und all das. Heller Sonnenschein und Regen, der sich von den Bäumen schüttelt, und junge Vögel, und du mit deinem gelben Schal.«
    »Holst du mich von der Schule ab?«
    »In dem silberfarbenen Wohnwagen.«
    »Abgemacht.«
    »Hör mal, Tom, kann ich dir eine ernste Frage stellen?«
    »Was?«
    »Ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Du hattest noch nie etwas mit einem Jungen, oder?« Unter den Sommersprossen wurde sie rosa. »Du hast Sid oder Jenny vielleicht belogen und gesagt, du hättest mal was gehabt, aber du hattest noch nie was, oder?« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nämlich sehr ernst«, sagte er. »Das Ernsteste überhaupt. Und hör mir zu. Ich möchte, dass du genau zuhörst. Falls du dir komische Gedanken machst. Ich werde dich nicht küssen. Damit zeige ich dir, dass ich dich ehre. Verstehst du? Und so zeige ich auch, dass ich neunzehnhundertzweiundfünfzig respektiere. Und die kleine Hütte da draußen, und den Fluss.«
    »Gibt es das alles wirklich?«
    »Wie meinst du das?«
    »Die Hütte und den Fluss?«
    »Da fahren wir doch hin, oder?«
    »Ich meine, die Werkstatt mit dem Einmachglas. Das Pferd. Das ist doch alles ausgedacht.«
    »Es ist alles wirklich, Tommie.«
    »Echt wirklich?«
    »Ich lüge doch nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    »Gut. Das weiß ich schon. Du redest manchmal dummes Zeug, aber im Grunde bist du ein ziemlich liebes Mädchen, stimmt’s?«
    »Genau.«
    »Ich weiß«, sagte er. »He, wo ist der Penny hin?«
    Sie machte die Hand auf, und er nahm die Münze, legte sie auf seinen Daumen und presste sie ihr mitten auf die Stirn.
    »Au.«
    »Still.« Er drückte fester. »Da«, sagte er. »Das Jahr, in dem ich geboren bin, fest auf deiner hübschen, sommersprossigen Stirn eingedrückt.«
    Sie berührte den Abdruck, konnte ihn aber nicht enträtseln.
    »Fühlst du es?«
    »Ja.«
    »Kopf oder Zahl?«
    Sie fuhr wieder mit dem Finger über den Abdruck. »Kopf.«
    »Zahl.« Er grinste. »Weißt du, was das bedeutet?«
    »Du

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