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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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Toilette. Das Wasser in der Toilette war rostig orangefarben, das Toilettenbecken hatte Rostringe.
    »Kann man hier spülen?« Sie verzog das Gesicht.
    »Ich muss erst das Wasser anstellen.«
    »Ich könnte sauber machen.«
    »Das würde Jahre dauern.«
    Sie zuckte die Achseln. »Das macht mir nichts. Schlafen wir in dem Stockbett?«
    »Wenn du nicht lieber auf der Liege schlafen möchtest. Oder auf dem Sofa.«
    »Im Stockbett.«
    Im Großen und Ganzen fehlten die Gegenstände des täglichen Lebens. In dem kleinen Küchenschrank standen ein paar Blechteller, Becher und Plastikschüsseln. An der Innenseiteder Tür klebte ein halbes Blatt von einem gelben Block mit Anweisungen, wie man das Wasser anstellt. Lamb probierte den Schalter hinter dem winzigen Porzellanbecken. »Brauchen wir Strom? Wir könnten die Lichter auslassen.«
    »Die ganze Zeit?«
    »Hör zu, Tom. Ich spreche ganz offen mit dir, ja? Ich werde immer offen mit dir sprechen.« Er nahm sie bei den Schultern und beugte sich zu ihr, sodass sie auf Augenhöhe waren. »Es ist nämlich so. Mir ist ein wenig unbehaglich bei dem Gedanken, dass der alte Mann durch die Fenster gucken und uns sehen kann, und sich, na ja, seine Gedanken macht.«
    »Du meinst, er denkt, du bist nicht mein Onkel.«
    »Richtig.«
    »Aber du bist wie ein Onkel. Sogar wie ein Vater.«
    »Also, Liebes, das ist wirklich sehr freundlich von dir, aber wenn ich das so sagen darf, ich glaube, wir beide wissen nicht richtig, wie ein Vater ist.«
    »Stimmt.«
    »Und wenn im Haus die Lichter an sind, und draußen ist jemand im Dunkeln, dann kann er reingucken. Hast du das mal versucht?«
    »Ja.«
    »Also.«
    »Dann nehmen wir eben Kerzen. So wie früher.«
    »Wie du möchtest, mein kleines Schweinchen. Aber bevor es dunkel wird, müssen wir uns noch um ein paar Sachen kümmern.«
    »Lunch zum Beispiel.«
    »Und Abendessen. Und Eis. Und eine Kühltasche. Denn dieser Mann vor dir hat Durst auf ein kühles Bier. Und natürlich Kerzen für dich. Und was wir sonst noch brauchen. Zum Beispiel wärmere Sachen für dich.« Er hielt die Eingangstürauf, und sie gingen raus. »Meinst du, du hältst es noch einmal anderthalb Stunden im Auto aus? Dann gucken wir uns die Umgebung an.« Er zog die Tür zu und prüfte sie. Sie war verschlossen.
    »Ich muss mich wieder anziehen.«
    »Das stimmt. He«, rief er ihr in die Werkstatt hinterher, »zieh dir noch nicht Socken und Schuhe an.«
    Als sie auf bloßen Füßen wieder rauskam, hob Lamb sie hoch, und sie schrie auf und wand sich. »Pass auf«, sagte er, »nicht, dass du mir noch ein blaues Auge verpasst.« Sie ließ alle Muskeln erschlaffen, wie eine Lumpenpuppe. »Meine Güte. Du bist schwer wie ein Sack. Was hast du gegessen?«
    »Gänseleber.«
    »Ach so, Gänseleber.« Er trug sie zum Wagen, öffnete die Heckklappe und setzte sie auf die Ladefläche. »Rühr dich nicht vom Fleck.«
    »Mach ich nicht.«
    »Versprochen?«
    Sie bekreuzigte sich und küsste sich den Zeigefinger.
    »Du bist süß.«
    Sie hörte, wie er in der Werkstatt hantierte und mit Metall klapperte und Wasser laufen ließ, und als er wieder herauskam, hatte er ein Handtuch über der Schulter, einen Karton Seifenpulver in der einen Hand, einen Plastikeimer mit Wasser in der anderen.
    Das Mädchen zog die Beine an. »Nein, nicht«, sagte sie und kroch tiefer in den Wagen hinein. »Viel zu kalt.«
    »Ach, hör auf.« Er ließ sich auf die Knie. »Gib mir deine Füße.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er lockte sie mit der Hand. »Komm schon«, sagte er. »Es geht erst weiter, wenn du mich lässt.« Sie sah ihn an. »Komm jetzt.Ich habe ein Handtuch. Deine Füße sind schmutzig. Du musst sie waschen, bevor du Socken anziehst. Was ist, wenn wir im Ort keine Kindersocken finden? Dann sind dies die einzigen Socken, die du in den nächsten Tagen hast.«
    Sie kroch nach vorn.
    »Brav.« Er machte den Seifenkarton auf. »Wir sagen, dass du in der Geschichte die Prinzessin bist, einverstanden? Und ich bin der graue alte Mann, der in der Scheune lebt und dir die Füße wäscht.«
    Sie sah über seinen Kopf hinweg hinaus, während er ihre Füße und Fußgelenke und Unterschenkel wusch, mit den Fingern zwischen ihre Zehen fuhr und ihren Rist bewunderte. »Das ist ein perfekter Fuß«, sagte er. »Du hast perfekte Füße. Wenn ich Bildhauer wäre, Tommie«, sagte er ernsthaft, »hätte ich keinen vollkommeneren Fuß formen können.«
    * * *
    Sie fuhren etwa eine Stunde, in die Berge hinauf, dreihundert,

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