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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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der Fensterscheibe vor ihnen zu, als würden sie endlich, nach dieser langen Fahrt, wieder eins mit sich werden. Da waren sie ja – lautlos gleitend in dem Restaurant, auf Luft schwebend, und sahen zu ihren Straßengestalten hinaus, riefen sie wie Geister herbei.
    Lamb hielt die gläserne Schwingtür auf. Besteck klirrte an Steinguttellern, wo der dicke Mann an der Theke und ein dünner Mann mit seiner Frau in einer Nische beim Essen saßen. Im Radio Bobby Vinton. Die Kellnerin war ein junges Mädchen mit dickem Bauch, kurzem, dunklem Haar, die Augen kräftig geschminkt. Sie führte sie zu einem Tisch mit goldfarben besprenkelter Resopalplatte, auf der ein Serviettenhalter, eine Flasche Ketchup und eine Flasche Chilisauce standen, Gabel und Messer waren jeweils in weiße Papierservietten eingerollt. Auf dem Telefondraht vor dem Fenster saßen Elstern in einer Reihe. Die Kellnerin legte laminierte Speisekarten, die gerade gewischt und noch feucht waren, vor sie auf den Tisch.
    »Also gut«, sagte Lamb. »Ich möchte, dass du dir etwas aussuchst und zwei Portionen davon bestellst. Und Nachtisch.«
    »Ich bin kein echtes Schwein.«
    »Oh doch.«
    »Was nimmst du?«
    »Gegrilltes Hühnchen.«
    »Ich auch.«
    »Hast du keine eigenen Ideen?«
    »Ich habe das noch nie gegessen.«
    »Ach so. Sie möchte etwas Neues ausprobieren, ja?«
    »Und?«
    »Ich necke dich nur, Liebes. Da hast du gut gewählt, finde ich. Weißt du auch, warum?«
    »Warum?«
    »Weil ich es auch gewählt habe.«
    Als sie das Restaurant verließen, war es schon Abend und recht frisch. Sie kamen an einer Bar vorbei, wo die rot-grün-gelb-elektrisch-blauen Neonumrisse eines Cowboys, der auf einem Pferd sitzend ein Seil schwang, hell vor dem verbleichenden Tag leuchteten.
    Im Safeway-Supermarkt kauften sie eine Dose rote Chilibohnen, eine Dose dicke Bohnen, eine Dose Pinto-Bohnen. Ein Dutzend Dosen Rindereintopf, ein paar kleine, in Papier eingewickelte Dosen mit Pökelfleisch, ein Dutzend in Papier eingewickelte Dosen Sardinen, Rosinen und ein Stück Käse. Sie kauften geschnittenes Weißbrot, ein Glas Erdnussbutter, zwei Pfund Bacon und drei Dutzend Eier, eine Zwei-Liter-Flasche Whiskey, Apfelsaft und Tomatensaft. Streichhölzer. Seife. Milchpulver. Kakaopulver. Pulverkaffee. Instant-Kartoffelflocken. Shampoo und Zahnpasta.
    »Benutzt du eine große Zahnbürste?«
    »Ja.«
    »Gut.« Er legte zwei in den Wagen. »Benutzt du Zahnseide?«
    »Manchmal.« Er warf zwei Päckchen Zahnseide mit Minzgeschmack in den Wagen. »Die sollst du beide aufbrauchen, bevor wir wegfahren.«
    »Das ist aber viel.«
    »Wir müssen dir ein paar gute Angewohnheiten beibringen.«
    »Bleiben wir zwei Jahre? Weil wir so viel einkaufen.«
    »Oh nein, auf keinen Fall. Das sind unsere Vorbereitungen. Man nennt es vorausschauend handeln. Man sorgt dafür, dass man genug hat, und kauft dann noch ein bisschen mehr.«
    »Ach so.«
    »Das machen wir deinetwegen.«
    »Ach so.«
    »Schlimmstenfalls kommst du mit einer Tasche voller Esswaren nach Hause. Was brauchen wir noch? Haben wir Cashew-Nüsse? Oder ist das mit den Cashewnüssen vorbei?«
    »Das ist vorbei.«
    »Gut.«
    Draußen im Dunkeln beluden sie das Auto, und eine Meile außerhalb der Ortschaft hielt Lamb vor einem bemalten Schaufenster an. »Wir halten noch einmal.«
    Er ging mit Tommie, die sich zitternd und frierend die Arme um den gelben Pullover geschlungen hatte, ins Sportsman’s Paradise. Die Fassade war aus groben, unbehandelten Planken von dunklem Holz, und an der Tür stand ein Plastikmann mit einem Plastikbart, der ein echtes rot-schwarz-kariertes Hemd trug und in der einen Hand eine Plastikflinte und der anderen eine Plastikangel mit einer Angelschnur hielt.
    »Kaufen wir ein Gewehr?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Wir gucken nach Schuhen, Dummchen.«
    »He.«
    »Na, komm schon.« Er deutete auf ihre Füße. »Was hast du denn da an den Füßen? Meinst du, das sind Schuhe? Wer hat dir die gekauft? Deine Mutter etwa, vor neun Jahren?« Er hielt ihr die Tür auf. »Beide zusammen ergeben nicht mal einen halben Schuh.«
    Als sie das Geschäft betraten, läuteten kleine Glocken, die an der Glastür befestigt waren. Drinnen war es warm und still. Es roch nach Gummi und Pfeifentabak, es gab Kartons mit Schuhen und runde Ständer mit Hemden, Pullovern und Jacken. Von den Deckenbalken hingen Basketballnetze, Angelruten standenin einer langen Reihe, die vom Eingang bis fast nach hinten in den Laden reichte. Der mit braunem

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