Mr Monk besucht Hawaii
ihn der Gedanke unerträglich ist, auf einem Platz zu sitzen, den zuvor schon tausend andere benutzt haben. Als irgendwann mal ein Vogel auf die Windschutzscheibe meines Wagens machte, wollte er gleich den Notruf wählen. Ich könnte noch unzählige weitere Beispiele anführen, aber ich schätze, Sie können sich mittlerweile ein gutes Bild von ihm machen.
Mit all seinen Macken klarzukommen und zugleich zwischen ihm und der zivilisierten Welt ringsum zu vermitteln, war von Anfang an eine sehr anstrengende Aufgabe. So anstrengend, dass ich irgendwann einen Punkt totaler Erschöpfung erreicht hatte. Also nahm ich mir Bücher über Nero Wolfe und Sherlock Holmes vor, weil ich hoffte, etwas darin zu finden, was mir mein Leben erleichtern würde.
Leider ohne Erfolg.
Irgendwann wurde mir dann klar, dass mir das alles zu viel wurde und ich auf Abstand zu Monk gehen musste. Nicht für immer natürlich. Dafür konnte ich ihn letztlich zu gut leiden, so schwierig er auch war. Außerdem waren meine Arbeitszeiten flexibel, und so hatte ich ausreichend Zeit für meine Tochter. Im Grunde brauchte ich nur ein paar Tage Ruhe an einem Ort, an dem es für ihn keine Möglichkeit gab, mich zu erreichen. Mein Problem war nur, ich konnte mir keinen Urlaub leisten.
Doch das Schicksal hatte Mitleid mit mir.
Und zwar in Form einer Einladung meiner besten Freundin Candace – mit freundlichen Grüßen und einem Flugticket nach Hawaii. Sie wollte auf der Insel Kauai heiraten und mich unbedingt als ihre Brautjungfer dabeihaben. Da sie wusste, wie es finanziell um mich bestellt war, übernahm sie sämtliche Kosten und quartierte mich für sechs Tage im nobelsten Resort der Insel ein, dem Grand Kiahuna Poipu . Dort sollte auch die Hochzeit stattfinden.
Zum Glück fiel es mir auch ziemlich leicht, meine Mom zu überreden, von Monterey hierherzukommen und während meiner Abwesenheit auf Julie aufzupassen. Weitaus schwieriger hingegen war es, jemanden zu finden, der sich um Monk kümmerte.
Ich rief bei einer Zeitarbeitsfirma an und erklärte ihnen, welche Voraussetzungen für den Job nötig waren: grundlegende Kenntnisse als Sekretärin, ein Fahrzeug und vor allem viel Geschick im Umgang mit schwierigen Menschen. Man glaubte zwar das entsprechende Personal zu haben, aber ich war davon überzeugt, dass Monk jeden einzelnen Mitarbeiter um den Verstand bringen würde, noch bevor die Woche um war. Danach würde ich mit Sicherheit niemals wieder dort anrufen können. Doch das war mir egal, weil ich schon den Sand zwischen meinen Zehen, die Kokosnusslotion auf meiner Haut fühlen und die süßen Klänge hawaiianischer Musik hören konnte.
Jetzt musste ich es nur noch Monk beibringen.
Ich schob es immer wieder vor mir her, bis schließlich der Tag vor meiner Abreise gekommen war. Der richtige Moment schien sich einfach nicht zu ergeben. Und dann erhielt Monk auch noch einen Anruf von Captain Leland Stottlemeyer, der dringend seine Hilfe benötigte.
Das machte meine Situation umso schwieriger. Stottlemeyer, Monks früherer Partner beim SFPD , dem San Francisco Police Department , zog ihn immer dann zurate, wenn es sich um einen besonders kniffligen Mordfall handelte. Wenn ich Monk also während einer solchen Ermittlung allein ließ, würde ihn das verrückt machen (oder besser gesagt: noch verrückter). Und Stottlemeyer würde auch alles andere als begeistert sein, weil die Klärung seines Mordfalls sich hinziehen würde, solange Monk nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war.
Ich verfluchte mich dafür, dass ich Monk nicht schon früher von Hawaii erzählt hatte, und ich hoffte inständig, dass der Fall sich nicht als allzu kompliziert erweisen würde.
Fehlanzeige.
Jemand hatte den weltberühmten Herzchirurgen Dr. Lyle Douglas während einer vierfachen Bypassoperation an seiner vierundvierzigjährigen ehemaligen Krankenschwester Stella Picaro vergiftet – und zwar in dem Krankenhaus, in dem sie selbst arbeitete.
Mitten in der komplizierten Operation, die von einem Dutzend Ärzten und Medizinstudenten mitverfolgt worden war, hatte Dr. Douglas plötzlich einen heftigen Anfall bekommen und war tot umgefallen. Sein Kollege Dr. Troy Clark war daraufhin kurzerhand eingesprungen und hatte die Patientin noch rechtzeitig vor dem Tod retten können.
Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass Dr. Douglas das Opfer eines Mordes war. Das sollte sich erst am folgenden Tag bei der Autopsie herausstellen. Zu dem Zeitpunkt waren jedoch sämtliche Beweise, die
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