Mr Monk und die Feuerwehr
Monk. »An diesem Ende der Couch?«
»Weil es bequem war?«, gab Gayle zurück. »Welchen Unterschied macht das schon?«
»Kaffeetasse, Fernbedienung und Aschenbecher befinden sich am entgegengesetzten Ende der Couch auf dem Tisch«, sagte er.
Ich folgte seinem Blick und betrachtete die Gegenstände auf dem Tisch.
»Wenn sie dort saß, konnte sie den Fernseher sehen«, erklärte Monk und deutete auf das andere Ende der Couch. »Aber wenn sie hier saß, wo man den Leichnam gefunden hatte, wäre der Fernseher vom Sessel verdeckt worden. Warum sollte sie auf einen leeren Sessel schauen wollen?«
Stottlemeyer blickte zwischen Couch, Sessel und Fernseher hin und her. »Das würde sie nicht machen. Es sei denn, jemand hätte in dem Sessel gesessen. Außer ihr war also noch jemand hier gewesen.«
Gayle sah Monk an. »Verdammt.«
Sie war beeindruckt.
Ich war auch ziemlich beeindruckt. Immerhin war es das zweite Mal an diesem Tag, dass Monk eine Beweiskette lieferte, die sich allein darauf stützte, wo eine Person – beziehungsweise ein Hund – gesessen hatte.
Wer hätte gedacht, dass es so wichtig sein könnte, wo man saß?
Stottlemeyer zog sein Mobiltelefon aus der Tasche, klappte es auf und tippte eine Nummer ein. »Randy? Ich bin's. Gehen Sie zum Leichenschauhaus und sagen Sie dem Gerichtsmediziner, er soll Esther Stovals Autopsie vorziehen. Sie wurde ermordet. Wenn Sie irgendwelche Sonntagspläne haben, streichen Sie alles.«
Er klappte das Telefon zu und sah Monk an. »Ich bin froh, dass Sie hergekommen sind, Monk. Das wäre uns vermutlich durchgegangen.«
5. Mr Monk lernt zu teilen
Der Feuerwehrmann Joe Cochran saß im Garten hinter dem Haus auf einem umgestülpten Eimer und goss Milch in mehrere Schälchen, während ein Rudel Katzen sich an ihn schmiegte. Cochran war ein großer Mann Anfang dreißig, der Kraft und Entschlossenheit ausstrahlte – Eigenschaften, die im Widerspruch zu der Sanftheit standen, die er gegenüber den Katzen an den Tag legte. Er streichelte sie liebevoll, drückte sie zärtlich an seine unrasierten Wangen und unterhielt sich leise mit ihnen. Einen Moment lang wünschte ich, ich könnte mit einem der Tiere tauschen.
Dieser Gedanke erschreckte mich. Seit Mitchs Tod hatte ich zwar ein paar Männer kennengelernt, aber keines dieser Verhältnisse war etwas Ernstes gewesen. Es war mir über lange Zeit gelungen, Männer aus meinen Gedanken zu verdrängen, umso mehr beunruhigte mich die Erkenntnis, wie dicht unter der Oberfläche diese Gefühle in Wahrheit brodelten. Es genügte ein einziger Blick auf diesen starken und zugleich zärtlichen Feuerwehrmann, um alles wieder hervorbrechen zu lassen.
Mein Gott, wem wollte ich hier eigentlich etwas vormachen? Jede Frau hätte so auf ihn reagiert. Er war der zum Leben erwachte Traummann vom Titelbild eines Liebesromans. Ich konnte nur hoffen, dass er keine schrille Stimme hatte oder lispelte.
Angewidert blieb Monk stehen. »Wie kann er nur so etwas machen?«
»Offensichtlich ist er ein Mann, der Tiere liebt«, sagte ich.
»Ich nicht«, erklärte Monk.
»Ach, nein?«, gab ich mit gespielter Überraschung zurück.
»Reden Sie mit ihm«, meinte Monk. »Ich bleibe hier.«
»Wollen Sie ihm nicht selbst ein paar Fragen stellen?«
»Ich kann von den Lippen ablesen.«
»Das können Sie?«, fragte ich.
»Ich kann zumindest versuchen, es jetzt zu lernen.«
Ich war auf diesem Gebiet alles andere als ein Naturtalent, wie ich ja auch schon unter Beweis gestellt hatte. Andererseits war der Gedanke verlockend, mit Joe zu reden, ohne Monk an meiner Seite zu haben.
»Ich kann ihn ja bitten, zu uns rüberzukommen«, schlug ich vor.
»Nein«, sagte Monk. »Die Katzen würden ihm vermutlich folgen. Ich könnte mich zu Tode niesen. Es wäre eine schreckliche Art zu sterben.«
»Also gut.« Ich sah wieder zu Joe, und mein Herz begann wie wild zu schlagen. Ich fühlte mich wie damals auf der Highschool. »Noch irgendein Ratschlag für mich?«
»Vergessen Sie nicht, deutlich zu sprechen.«
Ich atmete tief durch, und dann ging ich zu diesem scharfen Feuerwehrmann. Scharf. Das war also der Begriff, den ich mit ihm verband? Wie sollte ich ihm forschende Fragen stellen, wenn ich geistig auf dem Niveau einer Vierzehnjährigen angelangt war?
»Joe Cochran?«
Er sah auf. »Ja, Ma'am?«
Ma'am. Er war muskulös und höflich. Und dazu dieses Lächeln. Oh Gott!
»Ich bin Natalie Teeger«, sagte ich. »Ich arbeite für Adrian Monk, den
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