Mr Monster
überwältigt war wie im Keller, konnte er sich blitzschnell von dem augenblicklichen Gefühl losreißen. Die einzige Möglichkeit, ihn zu verletzen, war eine indirekte. Ich musste ihm eine Falle stellen. Ich stand auf und prüfte die Kette – sie war fest, erlaubte mir aber einen Bewegungsspielraum von etwa fünf Metern. Das war hoffentlich genug.
Die Küche eignete sich hervorragend für eine Falle, weil sie den stärksten Stromanschluss im ganzen Haus hatte: den Herd. Ich musste nur irgendetwas anschließen, damit er einen Schlag bekam, wenn er zurückkehrte. Aber was? Ich schleppte die Kette zu den Küchenregalen und begann ganz hinten, soweit es die Kette erlaubte. Die meisten Fächer waren leer. Das wenige Geschirr, das Forman besaß, lag in der Spüle und wartete darauf, dass jemand es abwusch. In einem Schrank fand ich einen Stapel Pappteller und eine Schachtel mit Plastikgabeln, in einem anderen einen verstaubten, einsamen Kaffeetopf, der offenbar lange nicht mehr benutzt worden war. Die Fächer unter der Anrichte waren ergiebiger. Dort stieß ich auf einige verrostete Töpfe und Pfannen, eine Kaffeemaschine und, warum auch immer, eine Pappschachtel mit alten Zeitungen. Auch auf der Anrichte standen verschiedene Gegenstände, die sich vielleicht verwenden ließen: ein nur zur Hälfte besetzter Messerblock, ein Toaster, eine Mikrowelle. Ich öffnete die Schubladen und wühlte in nicht zusammenpassenden Besteckteilen, alten Batterien, verschiedenen Werkzeugen und Bleistiften herum. Darunter befanden sich auch zwei Schraubenzieher, vielleicht konnte ich damit etwas zerlegen …
An einem Schraubenzieher entdeckte ich Blut.
Ich sah näher hin. An allen Werkzeugen klebte Blut. Dies war nicht nur eine Schublade mit Küchengeräten, es war eine zweite Folterkammer. Ich zog ein Messer aus dem Block und betrachtete es genau. Es war gespült, aber nicht sehr gründlich. An der geriffelten Klinge hafteten Blutreste.
Mir war natürlich längst klar, dass er jeden folterte, den er hierherbrachte, doch erst jetzt wurde mir bewusst, dass er es offenbar auch in der Küche getan hatte. Sein Keller war voll, seine Folterkammer besetzt. Wenn er es hier tat, konnte er mich zwingen, ihm zuzusehen oder ihm gar zu helfen, und musste mich nicht einmal von den Fesseln befreien. Hier stand ihm ein voller Satz an Werkzeug zur Verfügung – Messer, Schraubenzieher, Eispickel, Zangen, sogar ein Hammer. Also musste ich nur ein Werkzeug unter Strom setzen, zu dem er wahrscheinlich greifen würde, und dann reglos und mucksmäuschenstill zusehen, bis er es berührte. Ich durfte nicht aufgeregt oder ängstlich wirken, weil er sonst spürte, dass ich auf etwas wartete. Ich musste innerlich völlig tot sein.
Doch welches Gerät sollte ich unter Strom setzen, und wie?
Vielleicht schaffte ich es ja, ein Teil in der Schublade mit einem Draht zu verbinden und ihn hinten herauszuführen, doch ich konnte nicht vorher wissen, was er zuerst anfassen würde. Ich sah mich nach einer Uhr um, vergeblich. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er schon fort war und wie lange er brauchen würde, und wenn mir nicht bald etwas Besseres einfiel, musste ich mit der Schublade vorliebnehmen.
Ich holte die Kaffeemaschine aus dem Schrank und zog ein Messer aus dem Block. Das Kabel der Kaffeemaschine war über einen Meter lang; hoffentlich reichte es von der offenen Schublade bis zum Anschluss hinter dem Herd. Ich schnitt es mit dem Messer direkt an der Maschine ab und entfernte das isolierende Plastik. Dabei fiel mir auf, dass die Klinge und die innere Schicht des Messergriffs aus einem einzigen Stück Metall bestanden. Am Ende waren lediglich zwei Stücke Holz aufgenietet. Wenn die Messerspitze unter Strom stand, bekam man einen Schlag, sobald man den Griff berührte. Ich sprang auf und betrachtete den Messerblock. Im Boden war ein Loch, durch das die Spitze der größten Klinge herausragte; es war ein riesiges Fleischmesser. Das würde viel besser funktionieren als die Schublade – dort konnte ich die Drähte leichter anschließen und dafür sorgen, dass er das richtige Messer in die Hand nahm. Ich zog das größte heraus und warf den Rest zum schmutzigen Geschirr in die Spüle. Dann setzte ich mich und machte mich an die Arbeit.
Zuerst musste ich eine Möglichkeit finden, den blanken Draht am Messer zu befestigen. In der Ecke, wo die Schäden am Boden durch die Windungen meiner Kette verborgen waren, klemmte ich das Fleischmesser ein, setzte den Eispickel
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