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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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sollte. Es bedeutete, dass ich den Schurken – Forman – aufhalten musste, selbst wenn ich dabei meine Regeln brechen musste. Auch wenn ich ihn verletzen musste. Selbst wenn ich ihn töten musste.
    Aber wie konnte ich ihn töten, wenn ich nicht wusste, wie er funktionierte? Was hatte er noch gleich über sich und die anderen Dämonen gesagt? Sie definierten sich durch das, was ihnen fehlte.
    Was fehlte ihm?
    Ihm fehlten Emotionen. Da er keine eigenen hatte, stahl er die Gefühle anderer Menschen. Er war leer, ein riesiges Loch, das mit nichts zu füllen war. Genau wie ein Serienkiller hatte er ein Bedürfnis, das gestillt werden musste, und er hatte sein Leben so eingerichtet, dass er dies auf Kosten aller anderen tun konnte.
    Auch Mkhai war durch das definiert gewesen, was er nicht besessen hatte. Mangels einer eigenen Identität hatte er fremde Körper übernehmen müssen. Immer und immer wieder. Er war von Ort zu Ort und von Identität zu Identität gezogen, bis … bis er aufgehört hatte. Bis er eines Tages Mr. Crowley geworden war. Von da an hatte er nie wieder den Körper gewechselt. Irgendetwas hatte sich in ihm verändert, etwas sehr Grundlegendes, und von diesem Tag an war er nicht mehr Mkhai gewesen. Er hatte sich nicht mehr darüber definiert, was ihm fehlte, sondern vielmehr darüber, was er hatte. Was hatte er gehabt? Mrs. Crowley.
    Er hatte Liebe gehabt.
    Jetzt sah ich ihn nicht mehr als Dämon, sondern als den freundlichen alten Mann von gegenüber. Die Liebe hatte Mkhai aus seiner Existenz des Todes und der Täuschung herausgerissen und in ein Leben geführt, das der Normalität recht nahe kam – ein Leben, in dem er viel weniger hatte, aber doch so viel mehr gewann. Forman begriff das nicht, und ich wusste nicht, ob er es je begreifen würde. Genau darum ging es ihm aber im Grunde. Forman wollte wissen, was mit Mkhai geschehen war. Eigentlich wollte er Curt gar nicht wehtun. Er wollte mich nur auf seine Seite ziehen und mein Vertrauen gewinnen. Ich sollte mich ihm anschließen, weil ich ihm dann irgendwann das Geheimnis offenbaren würde, dem er in Clayton nachspüren wollte.
    Er hatte gesagt, Liebe sei schwach und nutzlos. Verstünde er es überhaupt, wenn ich es ihm erzählte? Der Dämon Mkhai hätte mich beinahe besiegt, weil ich die Liebe nicht verstand. Jetzt zeigte Forman genau die gleiche Schwäche, und das konnte ich vielleicht gegen ihn verwenden. Ein Plan zeichnete sich ab, doch ich musste vorsichtig vorgehen. Schon das kleinste emotionale Schwanken konnte mich verraten.
    »Sie sind nach Clayton gekommen, um Ihren Freund zu suchen.« Ich wandte mich zu Forman um. »Sie sagten, er sei vor vierzig Jahren verschwunden, und Sie wüssten den Grund nicht. Nun, ich kenne den Grund. Er tat es aus Liebe.«
    »Lass diese Spielchen.« Forman schüttelte den Kopf.
    »Glauben Sie mir«, beharrte ich. »Von einem Soziopathen zum anderen: Wenn Sie etwas nicht verstehen, dann geschieht es immer aus Liebe.«
    Schweigend betrachtete er mich. Was empfing er jetzt von mir? Wusste er, dass ich mir einen Plan zurechtgelegt hatte? Ich log ihn nicht an – alles, was ich ihm sagen wollte, entsprach der Wahrheit. Spürte er, dass es trotzdem ein Trick war? Spürte er meine Nervosität inmitten des Aufruhrs von Unsicherheit und Angst, der sich bereits in dem Haus ausbreitete? Ich beobachtete ihn und versuchte, so aufrichtig und hilfsbereit wie nur möglich zu wirken.
    »Nun gut«, sagte er. »Erzähl es mir.«
    »Zuerst brauche ich etwas zu essen. Ich habe seit zwei Tagen nichts mehr zu mir genommen.«
    Er warf einen Blick zu Curt hinüber, der unseren Austausch mit entsetzt aufgerissenen Augen verfolgt hatte. Ich legte das Messer auf die Anrichte.
    »Für den haben wir später immer noch Zeit«, sagte ich.
    Forman nickte und deutete zum Flur. »Wir gehen in die Küche, und dann will ich hören, was du zu sagen hast.«

ZWANZIG

»Setz dich.« Forman deutete zum Küchentisch. Ich gehorchte, und er ging zum Kühlschrank. Als er ihn öffnete, erblickte ich nicht etwa eine Sammlung von Köpfen und Armen, sondern den üblichen Vorrat eines unzulänglich eingerichteten Junggesellen: Grapefruitsaft, ein Glas Senf, eine Bäckereitüte, eine Styroporschachtel mit den Resten eines Restaurantessens. In einer Ecke stand ein halb volles Glas mit eingelegten Gurken. Ich starrte sehnsüchtig die Schachtel aus dem Restaurant an, doch Forman nahm die Papiertüte heraus und warf sie auf den Tisch.
    »Ich esse nicht oft hier«,

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