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Mr Pink Floyd

Mr Pink Floyd

Titel: Mr Pink Floyd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Mari
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jedoch, je mehr er sie entwaffnete, umso schneller schmolzen sie dahin… Wer es bis zur Verlobung
geschafft hatte, hielt es nicht länger als ein Jahr aus, Libby zum Beispiel hat ihn nie wieder vergessen können und hat sich schließlich mit einem schluffigen Geschäftsmann abgegeben, Lindsay muss immer noch Beruhigungsmittel schlucken, sobald sie nur seinen Namen hört, und Gayla, nun, Gayla wird sich von der Verlobungsfeier im Hause ihrer Eltern wahrscheinlich nie mehr erholen, bei der sich Syd, nachdem er sich tadellos benommen hatte, während des Festmahls kurz entschuldigte und ins Bad ging, aus dem er komplett kahl rasiert und den Kopf von blutigen Schnittwunden übersät wieder herauskam …
    Und ich? Ich war seine beste Freundin, ein Herz und eine Seele waren wir, und unsere Hauptbeschäftigung war lachen, dafür hatten wir ein Riesenrepertoire an Grimassen auf Lager! Sobald einer etwas sagte, hatte der andere einen passenden Reim oder eine Wortkette parat, und prompt war auch schon ein Vierzeiler daraus entstanden, ich gab mein Bestes, aber er war einfach überwältigend, improvisierte wie ein Spielmann, hatte nie Aussetzer, kam nie aus dem Takt, verlor nie das Versmaß, klang nie gezwungen oder schief, was er kreierte, war in seiner Absurdität so natürlich, als hätte es das schon immer gegeben, tagelang trugen wir uns unsere Liedchen vor, bastelten daran herum, sogen sie förmlich in uns auf… Als ich mitbekam, dass seine Kollegen und die Tontechniker bald die Nerven verloren, weil Syd nie ein Stück auf dieselbe Weise spielte, hat mich das nicht gewundert, das war mein Syd … Meiner, ja, wir waren zwar nur Freunde, aber uns verband etwas Einzigartiges, nach so viel Prahlerei ist es mir fast peinlich, das zu sagen, aber ich bin Emily, er war bei mir, als er See Emily play komponiert hat, mir hat er es gewidmet, nur dass mir bei dem Gedanken jedes Mal schlecht wird, denn das Ganze hat mit dem außergewöhnlichen Erfolg der Single angefangen, diesem enormen Druck, sofort den nächsten Hit hervorzuzaubern … Was ich schade finde, ist, dass sich alle an den Song erinnern, aber
niemand an die B-Seite, auf der nämlich er war, oder besser gesagt das, was bald aus ihm werden sollte, als hätte er es bereits gewusst … The scarecrow … Gedankenlos und starr auf einem Gerstenfeld stehend, außer wenn der Wind ihn peitscht, noch viel trauriger als er, dem Schicksal ergeben… Er wusste, dass er so enden würde, und als er mir die Zeilen vorspielte, musste ich weinen, woraufhin er mir über den Kopf streichelte und mich mit den Worten tröstete, dass es auch für Vogelscheuchen ein Paradies gebe …
    Und dann waren da noch die Bäume … Er hatte Bücher über Animistik gelesen, in denen viel von Bäumen die Rede war, das hatte ihn so bewegt, dass er mit mir an die Ufer des Cam fuhr, um ihre Stimmen zu hören, mit geschlossenen Augen konnte er sie am Rauschen des Windes in den Wipfeln unterscheiden … The Wind in the willows war tatsächlich sein Lieblingsbuch, mindestens drei Mal hat er es mir von vorne bis hinten vorgelesen … Diamanten stammen ja im Übrigen aus Kohle, Kohle aus Holz und Holz von Bäumen … Er sprach auch mit den Tieren, nie werde ich vergessen, wie er einem Eichhörnchen, das ihm vom Ast aus aufmerksam zuhörte, einen langen, absurden Vortrag hielt… Oh, Syd! Dir habe ich es zu verdanken, wenn ich heute den Gesang einer Lerche von dem einer Meise und eines Rotkehlchens unterscheiden kann, dank dir kann ich meinen Kindern erklären, welche Grillen- oder Froschart gerade ihr Lamento in den Kosmos aufsteigen lässt… Er war dabei, ein Rockstar zu werden, aber es war klar, dass er sich unter Tieren viel wohler fühlte als unter Menschen … Eines Nachts sind wir beim Tierpark über den Zaun geklettert, ihr hättet ihn mal sehen sollen, in Lackstiefeln und rot-weiß gestreiftem Anzug mit ausgestellten Ärmeln und voller Spitze, total aufgeplustert, er sah aus, als gäbe er gleich ein Konzert, dabei hatte er sich in den Kopf gesetzt, Guy zu befreien, den Zoogorilla! Den riesigen Guy, seinen traurigen Freund, wie er ihn nannte, wie oft habe ich zugesehen, wenn sie sich fest in die Augen schauten und
sich verstanden , aber als ich ihn einmal fragte, worüber sie gesprochen hätten, schüttelte er nur den Kopf, küsste mich auf die Stirn und ging mir Zuckerwatte kaufen … Syd … Als er nach einer Stunde merkte, dass er Guys Gitter mit seiner Metallsäge niemals durchkriegen würde, ergab

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