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Mr Pink Floyd

Mr Pink Floyd

Titel: Mr Pink Floyd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Mari
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Syd in seinem hautengen schwarzen Anzug geradewegs auf die Hills zugeht. Obwohl ich Sportschuhe trage und er seine unvermeidlichen Lackstiefeletten, habe ich große Mühe, ihm zu folgen, vor allem
als er eine ziemlich hohe Düne in Angriff nimmt. Oben angekommen, bittet er mich, ihn zu filmen, und wird von jetzt auf gleich ein anderer: Eben noch ernst und schweigsam, verwandelt er sich in einen Clown, tollt herum, wirbelt unkoordiniert die Arme durch die Luft, grunzt, quiekt, macht eine Grimasse nach der anderen, wirft den Kopf in den Nacken und bricht in fieses, vulgäres Gelächter aus … Dann lässt er sich die Düne herunterrollen, macht sich dabei die Haare voll Sand, klettert wieder hoch, rollt noch einmal runter, reißt jede Menge Gestrüpp dabei aus, steht wieder auf und dreht sich wie ein Derwisch im Kreis: Und ich halte die ganze Zeit drauf… Auf der Spitze einer anderen Düne entdeckt er seltsame Pilze, wahrscheinlich eher eine seltene Art von Flechten, jedenfalls nimmt er zwei Hände voll und lässt mich eine Nahaufnahme machen, dann kehrt er mir den Rücken zu, als würde er einen Trick vorbereiten, und hat sich die Dinger tatsächlich auf die Augen gepappt und in den Mund gestopft, er sieht aus wie ein mampfendes Rieseninsekt, welches das Zeug auch noch in Richtung Kamera spuckt… Plötzlich bleibt er wie eine Vogelscheuche kerzengerade stehen, rennt wieder wie ein Irrer los und lässt sich die Dünen hinunterrollen …
    Fürchterlich verunstaltet, aber wieder todernst, fragt er mich auf der Rückfahrt, ob ich alles gefilmt hätte. Alles, versichere ich ihm, darauf er: »Gut, dann hätten wir ja nun ein Dokument meines Wahnsinns.«
    Sein Wahnsinn … nur komisch, dass Syd erst im darauffolgenden Jahr Anzeichen erster Geistesstörung gezeigt hat, nach den ersten zwei Singles von Pink Floyd … und damals? Ich bin mir sicher, dass er zur Zeit des Films noch nicht einmal gewusst hat, was LSD ist, von daher … daher ahnte er entweder schon, was mit ihm geschehen würde – aber diese Vermutung kommt meiner Ansicht nach nicht im Geringsten in Betracht –, oder er fühlte sich bereits wahnsinnig… Wenn dem so war, warum musste er dann so ein grauenhaftes Theater abziehen? Vielleicht
damit dieser Scheinwahn etwas überdeckt, das viel tiefer liegt und noch schrecklicher ist …
    Mein Leben lang habe ich mich gefragt, was dieser Nachmittag sollte, und wenn ich am Ende beschlossen habe, den Film zu veröffentlichen, dann in der Hoffnung, jemand findet eine Antwort darauf… Als er zum Beispiel anfing, sich mit Acid kaputt zu machen, warum hat er mich dann nicht gebeten, den Film zu verbreiten? Vielleicht weil Acid eine gesellschaftliche Praxis und dadurch wiederum eine Form der Tarnung war?
    1993 habe ich jedem einzelnen Pink Floyd eine Kopie des Films geschickt. Rick hat nie darauf reagiert. Nick hat mir das Päckchen ungeöffnet wieder zurückgeschickt. Roger hat mir geschrieben, dass er nichts im Film entdeckt habe, was er nicht schon wüsste. Dave hat einem netten Dankesbrief ein Foto aus der damaligen Zeit beigelegt: ich, er, David Gale, Johnny Gordon und Syd am Ufer des Cam. Darauf sind wir derart jung, dass wir auch alle tot sein könnten.

SIEBZEHNTE KLAGE
    Peter Jenner (2)

    Beim ersten Mal habe ich mich noch diskret an eine Referenz gehalten, aber da ich heute ziemlich schlechte Laune habe, müsst ihr euch diesen Protest reinziehen. Könnt ihr euch vorstellen, wie viel Geld Andrew King und ich nur wegen Syd rausgeschmissen haben? Zuerst ist er zusammengebrochen, in Ordnung, es ging ihm schlecht, dass er in diesem Zustand weitermacht, konnte man nicht von ihm erwarten. Mit ihm anstatt mit Pink Floyd zusammenzuarbeiten, war ein riesiger Fehler, aber das haben wir allein uns vorzuwerfen, und auch das ist in Ordnung: Aber ihr seht doch ein, dass es sich um einen wahrhaften Vertrauens- und Liebesbeweis handelt… Worauf ich hinauswill? Darauf, dass er, als es ihm wieder etwas besser ging, mit Acid aufhörte und wieder zur Ruhe kam, eben, da wäre doch ein bisschen Dankbarkeit angebracht gewesen. Immerhin erwartete keiner, dass er wieder so wie früher werden würde, irgendetwas Kleines, Kurzes, wenn auch nur so dahingepfuscht oder einfach nur schlecht, das wäre noch barrettianischer gewesen, aber er hat sich zu Hause in seinem Exil abgeschottet, während in der Welt da draußen Legionen von Fans warteten, stellt euch mal vor, was für einen Aufschrei die Nachricht, Syd arbeite an einer neuen Platte,

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