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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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»Hammond?«
    »Ja?«
    »Erzählen Sie ihm, wie Sie hergekommen sind. Erzählen Sie ihm, was Sie angetrieben hat.«
    Hammond sah ihn an. Pike nickte. »Machen Sie schon.«
    Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Hammond: »Es war in Massachusetts. Da war mein Zuhause. Meine Stadt, Winthrop. Ich bin dort geboren. Es ist, als wäre es gestern gewesen, so deutlich sehe ich es vor meinen Augen. Ich … ich sah ihn vor meinem Haus, ein Mann in einem Mantel, der vielleicht einmal schwarz war, der aber so abgetragen und so oft geflickt worden war, dass er eine graue Farbe angenommen hatte. Sein Gesicht war vernarbt, hier und hier« – er zeigte auf die Wangen – »und hier an der Schläfe, um sein Auge. Er beobachtete mein Haus. Ich wusste nicht warum. Er beobachtete es auch, als ich eines Tages zur Arbeit ging. Als ich nach Hause kam, war die Haustür aufgebrochen, und ich … ich ging in die Küche und fand dort meine Eltern.« Hammond spielte nervös mit einem kleinen Messer und schürzte die Lippen. »Sie waren alt. Konnten sich nicht wehren. Jedenfalls nicht richtig. Ich … ich kenne den Grund nicht. Das tue ich nicht. Ich kenne den Grund nicht. Er war einfach da, dann … brach er ein, raubte sie aus und … und dann verschwand er. Die Polizei konnte ihn nicht finden, dann hörten wir das Gerücht, dass er eine Mitfahrgelegenheit nach Süden gefunden hatte, nach Pennsylvania. Die Polizei forschte nach, versuchte etwas herauszufinden, fand aber nichts. Also machte ich mich selbst auf die Suche. Ich weiß auch nicht, warum ich das tat. Alles andere ergab keinen Sinn, ich musste es versuchen. Dieses Haus und diese Stadt und dieses ganze Leben hatten keine Bedeutung mehr für mich. Aber ich fand seine Spur. Dann hörte ich Gerüchte, dass ein solcher Mann weiter Richtung Süden unterwegs sei, also ging auch ich nach Süden. Das ist fast sechs Monate her. Die Suche nach ihm hat mich quer durch die Nation geführt. Ich habe mehr gesehen als je zuvor in meinem Leben und mehr, als ich je sehen wollte, aber ihn habe ich nie wieder zu Gesicht bekommen. Ich habe nur von ihm gehört. Der Mann mit den Narben im Gesicht. Mr. Shivers. So nennen ihn die Hobos.«
    Connelly riss den Kopf hoch.
    »Sie haben den Namen schon einmal gehört, stimmt’s?«, sagte Hammond.
    »Ja.«
    »Das überrascht mich nicht.«
    »Alle sprechen von ihm, als sei er nicht real«, sagte Connelly. »Als wäre er ein Mythos. Oder der Teufel.«
    »Ich glaube, die Leute bringen da etwas durcheinander«, meinte Pike. »Vielleicht gab es früher nur diese Geschichte über einen Mr. Shivers, den Mitternachtsmann. Aber da draußen ist auch dieser Mann, über den die Leute reden, und jetzt bringen sie beide Dinge durcheinander. Dass sie ihm einen Namen geben, erleichtert es uns, ihn zu finden, so viel steht fest.«
    »Er ist ein Mensch«, sagte Hammond. »Ein Mann wie ihr und ich. Er bewegt sich wie einer, und er isst wie einer, und er schläft und scheißt wie einer. Er ist keine Geistergeschichte, und er ist kein Geist, ganz egal, was die Hobos sagen. Wir alle haben ihn gesehen. Soweit es mich betrifft, sieht er wie ein ganz normaler Mann aus.«
    »Er reist auf den Schienen und fährt als Anhalter, wenn er kann, genau wie Sie«, sagte Roosevelt zu Connelly. »Wie wir. So macht er sich davon, Stadt um Stadt und County um County. Ich war in Chicago, als er mich fand. Damals fingen schlechte Zeiten an. Er machte sie noch schlechter, schätze ich.«
    »Wie ist das passiert?«, fragte Connelly.
    Roosevelt rutschte auf seinem Platz herum. »Schnell. Die Arbeit wurde knapp in der Fabrik, in der ich angestellt war, dieser erbärmlichen Konservenfabrik, und es gab Gerede über einen Aufstand oder eine Gewerkschaft, und alle warteten darauf, dass etwas passierte. Etwas Schlimmes. Es hatte Schlägereien gegeben, Streikbrecher kamen und fanden heraus, wer was gesagt hatte, und schlugen diese Burschen dann übel zusammen. Und dann kam er. Ein zerlumpter Mann in einem zerlumpten Mantel, mit einem großen entstellten Mund und schwarzen Augen, hässlichen Augen. Wie Ölpfützen auf der Straße.« Roosevelt fing an, eine Zigarette zu drehen. »Ich weiß nicht, was er tat. Vielleicht sagte er etwas. Vielleicht schlug er jemanden. Er hing dort eine Weile herum, und eines Tages brach wieder eine Schlägerei aus, und jeder Mann, der eine Waffe hatte, stürzte sich hinein. Die Polizei kam dazu, und es hatte den Anschein, als stünde das ganze Präsidium unter Waffen und

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