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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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und Connelly wusste, dass sie den gleichen Gedanken hatten.
    »Wenn wir gehen wollen, dann müssen wir jetzt los«, sagte Hammond. »Wir haben sicher nicht alle erwischt. Wer auch immer übrig geblieben ist, wird schnell zu den Waffen greifen.«
    »Wir haben drei Stunden«, sagte Pike. »Vielleicht auch mehr.«
    »Dann wollen wir sie nutzen.«
    Der Hang stieg bald fast senkrecht an. Sie wickelten um ihre Hände Stoffstreifen, die sie aus ihren Hemden herausgerissen hatten, und ergriffen Wurzeln und Steine, um sich die feuchte Steigung hinaufzuziehen. In ihren Nasen hatte sich der Rauchgestank festgesetzt, aber als sie höher kamen, wurde die Luft dünn und sauber. Dann entdeckten sie einen Hohlweg; falls nötig krochen sie, wenn sie konnten, sprangen sie auf festen Boden.
    Roosevelt musste nicht länger geführt werden. Er schien müheloser voranzukommen als die anderen. Er hechtete auf einen Felsen und lächelte ihn zufrieden an. »Tadaa«, sagte er und lachte.
    Connelly und Pike warfen sich einen Blick zu und kletterten weiter.
    Sie kamen zu einem kleinen Plateau. Zedern und Fichten schienen es kreisförmig bewachsen zu haben, und sie schlichen mit gezogenen Waffen durch das kleine Labyrinth. Dann hob Hammond die Hand und flüsterte: »Seht.«
    Wenige Meter entfernt kam das Dach des Farmhauses in Sicht. Hohe, bis zur Brust reichende Büsche versperrten größtenteils den Blick darauf. Die Männer suchten sich einen Weg um die Hindernisse herum und stiegen den Hang weiter hinauf, um eine bessere Position zu finden.
    Das Gebäude war alt: Jahre des Regens hatten schon vor langer Zeit die Farbe und Dunkelheit des Holzes ausgewaschen. Es schien nur aus Splittern zu bestehen, überall befanden sich unregelmäßige Sprünge. Die Fenster waren dunkel, und Connelly stellte sich vor, wie hinter jedem schiefen Brett dunkle Augen sie beobachteten. Und auch hier gab es eine Scheune, die seltsam deplatziert auf einer kleinen, brachliegenden Wiese stand. Verwitterte Zaunpfähle führten den Hang entlang. Für die Männer ähnelten sie dem zerschmetterten Rückgrat einer vor langer Zeit verwesten Kreatur, die quer auf dem Feld lag.
    Sie hielten nach Bewegungen Ausschau. Zu entdecken war nichts. Sie überprüften die Patronen in ihren Revolvern und schlichen durch die Büsche, dann weiter über den Zaun bis zur Veranda. Roosevelt ließen sie zwischen den Bäumen sitzend zurück.
    Überall ächzte es und vernichtete damit jede Möglichkeit auf ein lautloses Anschleichen, falls das Feuer das überhaupt noch möglich gemacht hätte. Kein Zoll des Farmhauses war stabil. Jeder neue Windstoß füllte den Bau mit einem Chor des Stöhnens. Pike und Hammond überprüften die Fenster und schüttelten den Kopf, Connelly schaute zur Tür hinein. Der vordere Raum erstreckte sich tief ins Innere des Gebäudes, das Dach sackte durch, die Wände standen schief. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er in die Dunkelheit, winkte, und sie traten ein.
    Es war, als ständen sie im Bauch eines Ungeheuers. Das Haus ächzte und knirschte, etwas tropfte. Irgendwo in den Wänden ertönte das Rascheln und Knirschen von Insekten und Nagetieren. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft.
    »Hier gibt es etwas Totes«, wisperte Hammond.
    Connelly nickte.
    Sie fanden nichts. Küche und Wohnzimmer waren mit den umgestoßenen Resten alter Möbel gefüllt. Ein Kindersitz. Ein verdreckter Lumpen, der einstmals ein Tischtuch aus Leinen gewesen war. Sie durchquerten das Haus und traten auf der anderen Seite wieder hinaus. Dort hatten die früheren Besitzer eine Art Spielplatz gebaut. Von einem uralten Baum hing eine heruntergekommene Schaukel, zersplittertes Glas und kaputtes Spielzeug funkelte in den Büschen. Der Boden bestand aus einer Art Fundament, aus dem sich zerklüftete Splitter wie ein Felsenufer am Meer erhoben.
    Pike zeigte mit dem Finger auf etwas. Neben dem Haus erhob sich ein aus Stein erbauter Verschlag. Der Eingang wies Lücken auf, wo Ziegel und Steine fehlten, und der sich anschließende Gang war viel länger als erwartet. Sie schauten hinein, und trotz der Dunkelheit wussten sie, dass sie vor einer Gruft standen.
    Hier war der sauere Gestank noch viel schlimmer. Connelly erinnerte sich an jenes Haus, in dem er vor langer Zeit gestanden hatte, an die Treppe zum Keller, die Wolke aus Fliegen und den Verwesungsgestank. Er kannte das Gefühl, dorthin zu gehen, wo einst die Toten geruht hatten, aber hier wartete etwas bedeutend Schlimmeres. Er wusste nicht,

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