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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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leben soll, dann muss eben etwas Kleines sterben. Aber eine ganze Stadt? Zum Teufel. Das ist nicht einfach. Also was wird abgeschlachtet? Wer ist da draußen? Landstreicher? Kriminelle? Wie viele liegen unter diesem seltsamen Altar?«
    Leo schwieg.
    »Wie viele wissen Bescheid?«
    Der Pastor antwortete nicht. Connelly nahm das Messer und stieß es einen halben Zoll tief in sein Brustbein. Leo kreischte auf und versuchte wegzukriechen, ein dünner roter Strom rann seine Brust hinunter.
    Connelly zog das Messer zurück. »Wie viele?«
    »Alle!«, rief Leo. »Die ganze Stadt! Sie alle!«
    »Mein Gott«, sagte Hammond. »Beim allmächtigen Gott.«
    »Erntetag«, flüsterte Connelly. »Erntetag. Und was bekommt er als Gegenleistung? Einen sicheren Hafen? Einen Platz, an dem er bleiben kann, wenn es nötig ist? Wo ist er? Wo ist der Narbenmann, Pastor? Ihr habt ihn die ganze Zeit gefüttert, also weißt du, wo er ist.«
    »Ich hielt Sie für einen Mann Gottes, Pastor«, sagte Pike über die Schulter. »Wissen Sie, was ich gern mit Männern machen würde, die im Namen des Herrn sprechen und dann solche Taten begehen?«
    »Ihr habt doch erlebt, was da draußen vor sich geht«, fauchte Leo. »Ihr habt erlebt, wie hungrig diese Welt sein kann. Würdet ihr nicht alles tun, was in eurer Macht steht, um geliebte Menschen bei bester Gesundheit zu erhalten? Seid ehrlich! Seit über dreißig Jahren ist uns weder ein Kind noch eine Mutter bei der Geburt gestorben. Es gibt keine Krankheiten mehr, keine Unfälle. Die Waffen, die wir besitzen, sind fast alle älter als ihre Besitzer. Der Jüngste von uns, der starb, starb mit sechsundsiebzig Jahren, im Bett. Und was war die Gegenleistung? Säufer? Schläger? Landstreicher? Erzählt mir nicht, ihr würdet nicht das Gleiche tun!«
    »Vielleicht«, erwiderte Connelly. »Aber das spielt keine Rolle mehr. Ihr habt meinen Freund getötet. Habt versucht, uns zu töten. Das macht die Dinge wirklich einfach, nicht wahr?«
    Leo senkte den Kopf und unterdrückte ein Schluchzen. »Mein Gott … Ihr werdet doch nicht … Ihr werdet nicht …«
    »Wo ist er, Pastor? Wo steckt er?«, fragte Connelly. »Aber muss ich überhaupt fragen? Er ist da oben auf der Farm, richtig? Wo angeblich die Wölfe sein sollen? Wo es nicht sicher ist, aber wo man doch einen herrlichen Blick auf die Stadt hat?«
    »Sie können nicht da rauf«, sagte der Pastor. »Das können Sie nicht. Sie haben keine Ahnung, was dort oben vor sich geht.«
    »Wann ist er gekommen?«
    »Vor zwei Tagen. Er zerfällt. Ihr tötet ihn, wisst ihr das?«
    »Ja«, sagte Connelly. »Ja, das wissen wir. Und er befahl euch, uns loszuwerden, nicht wahr? Sagte, dass da ein paar Jungs auf seiner Spur seien und es nett wäre, wenn sie sterben. Richtig?«
    Der Pastor nickte.
    »Richtig. Okay«, sagte Connelly. »Also gut. Eine Sache will ich noch wissen. Wo gibt es hier Benzin?«
    »Benzin?«
    »Ja. Wo?«
    »Das weiß ich nicht. An der Straße, auf der ihr in die Stadt gekommen seid, da gibt es eine Garage.«
    »Okay. Gut.«
    Der Pastor erschauderte. »I-ich habe eine Frau. Kinder. Ein kleines Mädchen …«
    Das Messer blitzte auf, und Connelly jagte es bis zum Heft in den Hals des Pastors. Warmes Rot ergoss sich über sein Schlüsselbein, er hustete, und bald tropfte es ihm aus Mund und Nase. Connelly drehte das Messer herum, bis ein dicker roter Strom sein Hemd hinunterströmte und der Mann zuckte und sich vollpisste.
    »Ich hatte auch eines«, sagte Connelly, als der Mann starb.
    Er lag still da. Connelly wischte seine Hände und das Messer am Nachthemd des Toten ab und richtete sich auf.
    »Was tun wir?«, fragte Hammond.
    Connelly schob das Messer zurück in die Scheide. »Wir zeigen ihnen, zu wem sie da beten.«
    In der Garage fanden sie ein Benzinfass, füllten den Treibstoff in drei Kanister und teilten eine Schachtel Streichhölzer unter sich auf. Dann trennten sie sich; jeder fing beim Stadtrand an und bespritzte Häuser und Felder, Scheunen und die Kirche. Sie arbeiteten schnell und rationierten die stinkende Flüssigkeit sorgfältig.
    Connelly trug eine Schaufel bei sich und hob kleine Gräben aus, die das Benzin unter Veranden und Büsche transportieren sollten. Er schuf eine Art primitives Bewässerungssystem, das vielleicht oder vielleicht auch nicht funktionierte; da war er sich nicht sicher. Er arbeitete schnell, aber sorgfältig. Die Stadt erschien verlassen. Nachdem ihre Bewohner das Feuer gelöscht hatten, mussten sie alle nach

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