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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Tonfall: »Was ist hier los?«
    »Pst«, hörte er Pike sagen. »Wir spielen jetzt ein kleines Spiel.« Und Connelly verließ den Felsvorsprung, trat hinter einen anderen Felsen und setzte sich.
    Einen Moment lang bewegte er sich nicht, aber dann rutschte er unbehaglich hin und her. Er griff nach hinten in die Hosentasche und holte heraus, was sich ihm in die Haut bohrte. Es war ein kleiner Schraubenschlüssel. Er konnte sich nicht erinnern, woher er ihn hatte. Er warf ihn fort, schaute in den Himmel und fragte sich, wann es wohl regnen würde. Dann fingen die Schreie an.
    Es gab Worte, aber er hörte ihnen nicht zu. Eine Frage, ruhig gestellt. Eine Antwort, voller Panik hervorgesprudelt. Die Frage kam erneut, was auch immer sie war. Ein Protest, der sich unablässig wiederholte, nein, nein, ich doch nicht, ich weiß es nicht, nein. Dann zerschnitten hysterische Schreie und nervtötendes Gejammer die Bergstille. Pike stellte eine neue Frage, ruhig und leise, aber die Schreie gaben keine Antworten, wurden nur immer intensiver. Dann erstarb die Stimme und hustete, und Pike sagte wieder etwas anderes.
    Connelly hörte einen Zeitraum zu, der ihm sehr lange vorkam, Stunden oder vielleicht auch Minuten. An diesem Ort funktionierte die Zeit nicht wie gewohnt. Ihr Zweck war überflüssig geworden, vielleicht auch nur in Vergessenheit geraten. Als er es nicht länger ertrug, stand er auf. Er ging den Pfad zurück und blieb hinter dem Felsvorsprung stehen, hörte zu, was auf der anderen Seite geschah. Dann stählte er sich und riskierte einen Blick.
    Es war nur ein ganz kurzer Blick, aber er reichte. Als Erstes sah er Pike vor etwas hocken, das zuckend auf dem Felsboden lag. Er erkannte es nicht sofort als Roosevelt, konnte es nicht einmal als Mensch erkennen, aber dann sah er einen Mund und Augen darin, undeutliche menschliche Gesichtszüge, die auf zuckender Röte trieben. Pike tänzelte angespannt vor Roosevelt herum, das Messer hielt er wie den Legestachel eines widerwärtigen Insekts. Er flüsterte ihm etwas zu, ein Priester, der eine entartete letzte Ölung spendete; seine Augen waren zusammengekniffen und schlammig und leer, und seine Finger testeten den Halt des Messers. Dann stieß die Klinge wieder hinein, und tief aus dem Inneren dessen, was von Roosevelt noch übrig war, kam ein gurgelnder Laut, ein Laut, der zu einem Schrei anschwoll.
    Connelly zog sich zurück und stieg den Pfad wieder hinauf, während die Schreie weiter ertönten. Er schaute zurück. Dachte nach. Dann kniete er neben einem Stein nieder. Er zog den letzten Revolver hervor und zählte die Patronen.
    »Mistkerl«, sagte er leise zu sich selbst. »Elender Mistkerl. Das warst du von Anfang an. Mistkerl.«
    Fünf Patronen waren noch übrig. Er wusste nicht, ob Pike noch weitere Munition bei sich hatte. Er rollte den Zylinder, ließ ihn einschnappen, und steckte die Waffe in den Hosenbund. Dann wartete er und lauschte. Versuchte herauszubekommen, ob Pike noch mehr Fragen hatte und hoffte, dass es vorbei war und er nichts mehr davon mitbekommen würde.
    Als er den richtigen Zeitpunkt für gekommen hielt, stand er auf und kehrte zu Pike und Roosevelt zurück. Im Nebel vor ihm sah er zwei Männer; es schien, als würde einer der beiden auf dem anderen hocken. Pike grub in aller Seelenruhe in Roosevelt nach etwas. Bewegte sich mit der ruhigen Sorgfalt eines Handwerksmeisters, der seine Arbeit auf jeden Fall richtig erledigen will. Er stellte keine Fragen. Connelly erkannte, dass alle seine Fragen gestellt worden waren.
    »Hören Sie auf damit«, sagte Connelly. »Herrgott noch mal, hören Sie auf.«
    Pike sah ihn überrascht an und erhob sich. Seine Knie, Hände und die ganze Vorderseite waren in Blut getränkt. »Mr. Connelly«, erwiderte er. »Was machen Sie hier? Ich bin … ich bin noch nicht fertig.«
    Connelly sah Rosie an. Betrachtete die Gräben in seinem Kopf, die widernatürlich abgewinkelten Zehen an einem schuhlosen Fuß. Unterhalb seiner Brust erkannte er nur eine rote Masse. Doch in dem zerstörten Gesicht konnte Connelly noch immer seine kleinen, weichen Augen erkennen, deren Lider zuckten und bei Bewusstsein zu bleiben versuchten. Er schmiegte sich an den Felsen neben sich, als versuchte er, sich für ein paar weitere Sekunden an der Erde festzuhalten, selbst wenn sie in Qual verbracht wurden.
    Connelly zog den Revolver. Er hob ihn und schaute weg, als er auf die kleinen, weichen Augen zielte.
    »Nein!«, sagte Pike. »Nein, nein!«
    Er

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