Mrs. Alis unpassende Leidenschaft
Major herausgefunden, dass die jungen Frauen laut Clubstatuten sämtlichen Schmuck abzulegen hatten und die Löcher ihrer Zierde beraubte Piercings waren.
»Guten Morgen, Gentlemen. Das Übliche?«, fragte Tom, der bereits ein Glas unter den Dosierausgießer der grünen Ginflasche hielt.
»Mach mir mal besser ’nen Doppelten«, sagte Alec und wischte sich theatralisch mit einem Taschentuch über die blanke, melonenförmige Stirn. »Mannomann, wir sind da drin nur mit knapper Not dem Tod entronnen!«
»Und für mich bitte ein kleines Lagerbier«, sagte der Major.
Sie bestellten zwei dicke Schinken-Käse-Sandwiches. Alec wollte außerdem ein Stück Marmeladenrolle, weil es die nur freitags gab und sie fast immer schnell aus war. Abgerundet wurde seine Bestellung mit einem kleinen Salat.
Alec hatte den unerschütterlichen Glauben, alles für seine Fitness zu tun. Zum Mittagessen bestellte er immer einen Salat, aß davon aber nur die Garnitur, die aus einer Tomate bestand. Außerdem behauptete er, Alkohol nur zum Essen zu trinken. Ein- oder zweimal war es vorgekommen, dass es in einem ihm unbekannten Pub nichts Warmes gab und er vor den Augen des Majors ein Solei oder Schweinekrusten zu sich nehmen musste.
Kaum hatten sie sich auf die Barhocker gesetzt, traten vier Gäste ein, die gerade über irgendeinen Vorfall auf dem letzten Grün lachten. Pater Christopher und Hugh Whetstone kannte der Major, und zu seinem Erstaunen war auch Lord Dagenham dabei, der den Club nur selten besuchte und dessen grauenhaftes Golfspiel unter den anderen schon zu so mancher Diskussion über die Grenzen der Höflichkeit geführt hatte. Der vierte Mann war ein Fremder; seine breiten Schultern und sein unglücklich gewähltes rosarotes Golfhemd ließen den Major vermuten, dass es sich um einen weiteren Amerikaner handelte. Zwei Amerikaner in zwei Wochen – das, fand der Major, kam fast schon einer schlimmen Seuche gleich.
»Shaw, Major – wie geht es Ihnen?«, fragte Dagenham, schlug Alec auf den Rücken und klopfte dem Major fest auf die Schulter. »Mein Beileid, Major. Verdammte Schande, einen guten Mann wie Ihren Bruder zu verlieren.«
»Danke, Eure Lordschaft«, sagte der Major, erhob sich und neigte den Kopf. »Sehr freundlich von Ihnen.« Es war typisch für Lord Dagenham, wie aus dem Nichts aufzutauchen, aber alle Neuigkeiten aus dem Dorf parat zu haben. Vielleicht, dachte der Major, schickte ihm ein Angestellter im Herrenhaus regelmäßig Faxe nach London.
Die Worte seiner Lordschaft und der stets respektvolle Gebrauch seines Dienstgrads rührten den Major. Seine Lordschaft hätte ihn ohne weiteres Pettigrew nennen können, tat es aber nie. Im Gegenzug sprach der Major von Dagenham nie ohne den Titel »Lord«, nicht einmal in dessen Abwesenheit.
»Frank, ich möchte dir Major Ernest Pettigrew vorstellen, ehemals Royal Sussex Regiment, und hier haben wir Mr. Alec Shaw – war mal in seiner Freizeit an der Leitung der Bank of England beteiligt. Gentlemen – das ist Mr. Frank Ferguson, ein Gast aus New Jersey.«
»Sehr angenehm«, sagte der Major.
»Frank ist in der Immobilienbranche tätig«, fügte Lord Dagenham hinzu. »Er ist an der Ostküste einer der größten Bauunternehmer in Sachen Ferienanlagen und Einkaufszentren.«
»Ach, jetzt übertreibst du aber, Doppel-D«, sagte Ferguson.
»Es ist doch nur ein kleines Familienunternehmen, das ich von meinem Dad geerbt habe.«
»Sie sind im Baugeschäft?«, fragte der Major.
»Gut erkannt, Pettigrew!«, rief Ferguson und versetzte ihm einen Schlag auf den Rücken. »Euch Briten kann man nichts vormachen. Für die Klasse, aus der einer kommt, habt ihr eine Spürnase wie der Bluthund fürs Karnickel.«
»Ich wollte keineswegs irgendetwas andeuten …«, stammelte der Major.
»Jep – das sind wir Fergusons: stinknormale, handfeste Bauhandwerker.«
»Mr. Ferguson kann seine Abstammungslinie bis zum Ferguson-Clan aus Argyll zurückverfolgen«, erklärte Hugh Whetstone, der die Genealogie jedes Menschen, den er kennenlernte, aufzuspüren versuchte, um sie später gegen ihn verwenden zu können.
»Sehr begeistert waren die aber nicht, als sie’s hörten«, fuhr Ferguson fort. »Mein Vorfahr hat auf der Krim seinen eigenen Tod vorgetäuscht und ist nach Kanada abgehauen – Spielschulden und mehrere Ehemänner auf Kriegspfad, glaube ich. Aber mit meinem Angebot für das Schloss am Loch Brae waren sie dann doch ziemlich zufrieden. Würde da oben gern die Jagd wieder
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