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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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spezielles Interesse seinerseits an Mrs. Ali schließen zu lassen, ging nun wirklich nicht.
    »Die einzige annähernd indische Frau, die wir kennen, dürfen wir natürlich nicht vergrätzen«, sagte Daisy. »Ich hatte nämlich gehofft, dass sie ein paar ethnisch passende Barkeeper für uns auftreibt.«
    »Wie wär’s mit Schlangenbeschwörern?«, warf Miss Anglerhut ein.
    »Ich kenne Mrs. Ali flüchtig«, sagte Grace. Alle Köpfe wandten sich ihr zu. Unter den prüfenden Blicken, die ihr sehr unangenehm waren, begann sie, ihr Taschentuch zu verknoten. »Ich interessiere mich sehr für Heimatkunde, und sie war so nett, mir alle alten Hauptbücher des Ladens zu zeigen. Sie hat sogar noch Dokumente von 1820 .«
    »Wie aufregend«, sagte Alma augenrollend.
    »Ich könnte mit Mrs. Ali reden und den Major vielleicht bitten, mir zu helfen, damit ich nur angemessene Anfragen an sie richte«, schlug Grace vor.
    »Also … Also, ich weiß bestimmt nicht, was angemessen ist und was nicht«, wandte der Major ein. »Außerdem finde ich, wir sollten Mrs. Ali nicht behelligen.«
    »Unsinn!«, vermeldete Daisy strahlend. »Das ist eine hervorragende Idee. Wir erstellen eine komplette Liste mit Ideen. Und Grace, du und der Major, ihr könnt ja mal die Köpfe zusammenstecken und besprechen, wie man am besten auf Mrs. Ali zugeht.«
    »Wenn die Damen jetzt mit uns fertig sind …«, sagte Alec. »Wir werden in der Bar erwartet.«
    »Dann besprechen wir jetzt den Blumenschmuck«, sagte Daisy und entließ die beiden Herren mit einer Handbewegung. »Ich schlage Palmen und Bougainvillea vor.«
    »Na, dann aber viel Glück bei der Suche nach blühenden Bougainvillea im November«, erwiderte die Dame mit dem Anglerhut gerade, als sich der Major und Alec davonschlichen.
    »Jetzt werden sie sie wie einen Käfer zerquetschen, ich wette um fünf Pfund«, meinte der Major.
    »Die Nichte von Lord Dagenham«, sagte Alec. »Sie wohnt jetzt offenbar im Herrenhaus und engagiert sich für alle möglichen sozialen Sachen. Daisy ist wütend, also sei auf der Hut! Sie lässt es wirklich an jedem aus.«
    »Ich lasse mich doch von einer Daisy Green nicht einschüchtern«, entgegnete der Major. Es war eine Lüge.
    »Besorgen wir uns endlich unsere Drinks«, meinte Alec. »Ein großer Gin Tonic dürfte jetzt genau das Richtige sein.«
     
    Die Grill-Bar war ein Raum aus dem Beginn des 20 . Jahrhunderts mit hoher Decke und einer Fenstertür, die über die Terrasse und das achtzehnte Loch hinweg einen Blick auf das Meer bot. Hinter mehreren Spiegeltüren an der Ostwand befand sich ein Anbau mit einer Bühne, der anlässlich großer Turniere und für den alljährlichen Ball geöffnet wurde. Die Wand hinter der langen Nussholztheke an der Westseite war mit Holzbögen getäfelt. Unter den Porträts früherer Clubpräsidenten befanden sich die Regale mit den Flaschen. Ein Bild der Queen (ein frühes Porträt, schlecht gedruckt und mit einem billigen Goldrahmen versehen) hing direkt über einigen besonders abscheulich aussehenden Likören, die nie jemand trank. Für den Major hatte dieser Umstand immer etwas von Hochverrat.
    In dem Raum standen mehrere zu Gruppen zusammengerückte löchrige und verschrammte Clubsessel aus braunem Leder sowie einige entlang der Fenster aufgereihte Tische, die man nur über Tom, den Barmann, reservieren konnte. Dadurch wurde verhindert, dass sich Damen, die organisiert genug waren, um vorher anzurufen, ein Monopol auf die Tische verschafften. Stattdessen gingen die Mitglieder mit einer frühen Abschlagszeit erst einmal zu Tom hinein, der dann seinen Mop beiseitestellte oder vom Keller hochkam und die jeweiligen Namen in sein Buch eintrug. Viele Mitglieder hatten den Ehrgeiz, irgendwann zu den wenigen und sehr illustren Stammgästen zu zählen, deren Reservierungen Tom schon von sich aus höchstpersönlich notierte. Der Major zählte nicht mehr zu ihnen. Seit der Sache mit den Hühnerklößchen in Rahmsauce überredete er Alec lieber dazu, an der Bar oder in einem der Clubsessel Sandwiches zu essen. Das ersparte ihnen nicht nur ein Übermaß an Sahnesauce und Vanillepudding, sondern auch den muffigen Charme der Kellnerinnen, die allesamt aus dem Reservoir unmotivierter ortsansässiger Schulabgängerinnen stammten und sich eine aus unterdrückter Wut bestehende Grundstimmung zum Markenzeichen gemacht hatten. Viele von ihnen schienen an einer Krankheit zu leiden, die Löcher im Gesicht hinterließ. Erst nach einiger Zeit hatte der

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