Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
Vom Netzwerk:
schien irgendwelche Notizen auf ihrem Klemmbrett durchzusehen, aber ihre Finger krallten sich dabei so fest in die gewellte Tischkante, dass die Knöchel weiß wurden.
    »Also, eigentlich will er damit sagen, dass …« Alec verstummte, als wäre ihm in eben diesem Moment eine durch und durch diplomatische Erklärung entfallen.
    »Soll das etwa heißen, dass Sie unseren Bemühungen ablehnend gegenüberstehen, Major?«, fragte Daisy mit leiser Stimme.
    »Das heißt es ganz und gar nicht«, sagte Alec. »Hören Sie, meine Damen, es wird das Beste sein, uns einfach aus dem Spiel zu lassen. Solange es kostenlose Getränke gibt, sind wir mit allem zufrieden, stimmt’s, Pettigrew?« Der Major spürte sich diskret am Arm gezupft; Alec blies zum Rückzug. Der Major wandte sich von ihm ab und sagte, den Blick auf Daisy gerichtet: »Ich wollte damit Folgendes sagen, Mrs. Green: Das Thema im letzten Jahr war zwar überaus kreativ …«
    »Ja, absolut kreativ und sehr, sehr unterhaltsam«, unterbrach ihn Alec.
    »… aber nicht alle Gäste benahmen sich so manierlich, wie Sie es sicherlich erwartet hatten.«
    »Das ist wohl kaum die Schuld des Komitees«, sagte Alma.
    »Durchaus nicht. Nichtsdestotrotz war es erschütternd, Damen Ihrer gesellschaftlichen Stellung dem flegelhaften Benehmen ausgesetzt zu sehen, das durch die bei Kostümpartys gelegentlich waltende Zügellosigkeit angefacht wird.«
    »Da haben Sie völlig recht, Major«, erklärte Daisy. »Ich muss sagen, ich finde den Einwand des Majors so gut, dass wir unsere Themen noch einmal überdenken sollten.«
    »Danke«, sagte der Major.
    »Meiner Meinung nach erfordert eines unserer Themen, und nur dieses eine, angemessene Schicklichkeit und gute Umgangsformen. Ich denke, ›Die wilden zwanziger Jahre‹ können wir genauso streichen wie ›Brigadoon‹.«
    »Aber ›Brigadoon‹ ist doch nun wirklich über jeden Zweifel erhaben!«, wandte Alma ein. »Und die Volkstänze würden so viel Spaß machen!«
    »Männer in Kilts, die sich in die Heidebüsche schlagen? Ich muss sagen, du überraschst mich, Alma«, sagte Daisy.
    »Wir können uns ja daheim in die Büsche schlagen, wenn du willst«, warf Alec ein und zwinkerte seiner Frau zu.
    »Ach, sei still!« Auf Almas Wangen erschienen zwei rote Flecken. Sie sah aus, als würde sie gleich losheulen.
    »Dann bleibt offenbar nur ›Ein Abend am Hof des Moguls‹ – ein ausgesprochen elegantes Thema«, verkündete Daisy.
    »Ich dachte, es sollte ›Die heiße Nacht der Moguln‹ heißen?«, sagte die Dame mit dem Anglerhut.
    »Das war nur der Arbeitstitel«, erklärte Daisy. »›Ein Abend am Hof‹ verdeutlicht, dass wir entsprechendes Benehmen erwarten. Wir müssen dem Major für seinen Beitrag zu unseren Bemühungen danken.« Die Damen klatschten, und dem Major, dem es angesichts der Vergeblichkeit seines Einspruchs die Sprache verschlagen hatte, blieb nur übrig, sich leicht vor ihnen zu verbeugen.
    »Der Major ist Inder, er kann das Komitee beraten«, sagte Alec und klopfte seinem Freund auf den Rücken. Es war ein alter, abgedroschener Witz, der bis in die Zeit zurückreichte, als der Major, damals ein kleiner Junge mit großen Ohren, auf einem ihm fremden Pausenhof gehänselt wurde.
    »Wirklich?«, fragte Miss Anglerhut.
    »Alec wollte nur mal kurz witzig sein«, stieß der Major entnervt hervor. »Mein Vater hat in Indien gedient, deshalb wurde ich in Lahore geboren.«
    »Aber eine englischere Abstammung als die der Pettigrews wird man nicht finden«, sagte Alec.
    »Haben Sie vielleicht noch irgendwelche Souvenirs aus dieser Zeit, Major?«, wollte Daisy wissen. »Teppiche oder Körbe – irgendwelche Requisiten, die wir uns ausleihen könnten?«
    »Löwenfellteppiche zum Beispiel?«, fragte die Dame mit dem Anglerhut.
    »Nein, tut mir leid, damit kann ich nicht dienen«, erwiderte der Major.
    »Ich schlage vor, dass wir mit Mrs. Ali reden, der Dame, die den Dorfladen in Edgecombe führt«, sagte Alma. »Vielleicht könnte sie uns indische Spezialitäten liefern oder uns sagen, wo wir billige Requisiten kaufen oder ausleihen können – diese Statuen mit den vielen Armen zum Beispiel.«
    »Das ist Shiva«, erklärte der Major. »Eine Hindu-Gottheit.«
    »Ja, genau die.«
    »Mrs. Ali gehört, glaube ich, genau wie die Moguln dem moslemischen Glauben an und würde auf eine solche Bitte möglicherweise verstimmt reagieren«, warnte der Major und versuchte, seinen Ärger hinunterzuschlucken. Die Damen auf ein

Weitere Kostenlose Bücher