Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
Tucker.
Harry blinzelte. »Coop, das untersuchen Sie besser.«
Wieder ging Cynthia auf die Knie. Tucker grub in der Erde. Sie traf auf ein Luftloch, und der eindeutige Geruch von verwesendem Fleisch schlug Cynthia ins Gesicht. Die junge Frau taumelte rückwärts und kämpfte gegen den Brechreiz.
Rick Shaw, unterdessen neben ihr, drehte den Kopf zur Seite. »Mir scheint, es gibt Arbeit für uns.«
Blair sagte mit aschfahlem Gesicht: »Soll ich einen Spaten aus dem Schuppen holen?«
»Nein danke«, sagte der Sheriff. »Ich denke, wir postieren hier heute Nacht einen Mann und fangen bei Tageslicht an. Ich möchte nicht riskieren, Beweise zu vernichten, weil wir nichts sehen können.«
Auf dem Rückweg zum Streifenwagen blieb Blair stehen und wandte sich an den Sheriff, der sich bereits die nächste Zigarette angezündet hatte. »Ich habe doch etwas gesehen. In der Gewitternacht ist der Blitz in meinen Transformator eingeschlagen. Ich hatte keine Kerzen und stand am Küchenfenster.« Er zeigte auf das Fenster. »Dann kam wieder ein starker Blitz und hat den Baum gespalten, und einen Moment dachte ich, ich hätte jemanden auf dem Friedhof stehen sehen. Ich hab das nicht weiter ernst genommen. Es schien mir einfach nicht möglich.«
Shaw trug dies geschwind in sein kleines Notizbuch ein, während Coop nach einem Posten zur Bewachung des Friedhofs telefonierte.
Harry lag ein Witz über die Totenwache auf der Zunge, aber sie hielt den Mund. In ernsten Situationen kam ihr Sinn für Humor immer auf Hochtouren.
»Mr Bainbridge, Sie haben nicht vor, demnächst zu verreisen?«
»Nein.«
»Schön. Ich muss Ihnen vielleicht noch ein paar Fragen stellen.« Rick lehnte sich an den Wagen. »Ich rufe Herbie Jones an. Es ist sein Friedhof. Harry, wollen Sie nicht nach Hause gehen und was essen? Die Abendessenszeit ist längst vorbei, und Sie sehen kränklich aus.«
»Mir ist der Appetit vergangen«, antwortete Harry.
»Tja, mir auch. An solche Sachen gewöhnt man sich nie.« Der Sheriff klopfte ihr auf den Rücken.
Als Harry zur Tür hereinkam, griff sie zum Telefon und rief Susan an. Kaum war das Gespräch beendet, rief sie Miranda Hogendobber an. Denn wenn Miranda es als Letzte erführe, das wäre beinahe so entsetzlich wie die Entdeckung der Hand.
11
Beim ersten Tageslicht begannen zwei Männer rings um den Grabstein mit dem Harfe spielenden Engel vorsichtig die Erde umzugraben. Larry Johnson, Arzt im Ruhestand, war zum Untersuchungsrichter von Crozet bestellt worden – ein geruhsamer Job, da es normalerweise herzlich wenig zu tun gab. Er schaute zu, zusammen mit Reverend Herbie Jones. Rick Shaw und Cynthia Cooper siebten sorgsam die Erde, die die Männer mit ihren Spaten umgruben. Harry und Blair blieben hinten beim Zaun. Miranda Hogendobber kam in ihrem Falcon vorgefahren, stürmte aus dem Wagen und marschierte zum Friedhof.
»Harry, Sie haben Miranda angerufen. Geben Sie’s zu. Ich weiß es«, erregte sich Rick.
»Ja nun … sie hat eine interessante Art zu denken.«
»Ich muss doch sehr bitten.« Rick schüttelte den Kopf.
»Erzhaltige Erde.« Einer der grabenden Männer zog sich sein Halstuch vor die Nase.
»Ich hab was. Ich hab was.« Der andere Mann griff hinab und legte vorsichtig ein Bein frei.
In diesem Moment erreichte Miranda Hogendobber den Hügel. Sie warf einen Blick auf das verwesende Bein, das mit einer zerrissenen Hose bekleidet war und den Fuß noch in einem Turnschuh stecken hatte, und fiel in Ohnmacht.
»Dafür sind Sie verantwortlich!« Rick wies mit dem Zeigefinger auf Harry.
Harry sah ein, dass er recht hatte. Schnell lief sie zu Mrs Hogendobber und wuchtete sie mit Blairs Hilfe hoch. Sie kam zu sich. Da sie nicht wussten, was ein zweiter Blick auf den schauerlichen Fund anrichten würde, redeten sie ihr gut zu. Zuerst sträubte sie sich, aber dann ließ sie sich von den beiden in Blairs Haus führen.
Die Polizei setzte ihre Arbeit fort und entdeckte eine zweite Hand, ebenfalls mit abgeschnittenen Fingerkuppen, und noch ein Bein, das wie sein Gegenstück an der Stelle abgetrennt war, wo der Oberschenkelknochen sich mit dem Becken verbindet.
Um die Mittagszeit, nach stundenlangem Sieben und Graben, sagte Rick den Männern, dass sie aufhören könnten.
»Sollen wir bei den anderen Gräbern weitermachen?«
»Da ist die Erde nicht aufgerissen; mir wäre es lieber, Sie ließen es bleiben«, sagte Reverend Jones. »Lassen Sie die Toten in Frieden ruhen.«
Rick wischte sich die
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