Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
gerngehabt.
Fitz-Gilbert stieß fast mit der Nase an die Fotografie. »Ist das nicht toll, was man alles machen kann? Stellt euch vor, die flicken ein Gesicht zusammen, und das bei dem Zustand, in dem der Kopf war. Wirklich erstaunlich. Wetten, er sieht besser aus als im Leben.«
»Die Organisation, die dahintersteckt, ist auch erstaunlich«, fand Harry. »Rick hat mir gesagt, diese Fotografie wird in allen Polizeiwachen des Landes aufgehängt. Er hofft, dass es sich auszahlt.«
»Das hoffen wir auch«, verkündete Mim.
Mrs Hogendobber kam durch den Hintereingang. Sie eilte herbei, um zu sehen, was vorging, und wurde vor das Foto geführt. »Er war jung. Dreißig, Anfang dreißig, würde ich sagen. Ein Jammer. Ein Jammer, dass ein Leben so jung und gewaltsam enden musste, und wir wissen nicht mal, wer er war.«
»Er war ein Nichtsnutz, so viel steht fest.« Fitz-Gilbert spielte auf das Vagabundendasein des Mannes an.
»Niemand ist ein Nichtsnutz. Er muss etwas durchgemacht haben, etwas Schlimmes, vielleicht eine Krankheit.« Mrs Hogendobber verschränkte die Arme.
»Wetten, er war einer von denen, die in einem Rehazentrum gelebt haben. Es sind so viele Zentren geschlossen worden, nachdem die Programme gekürzt wurden. Die Billigpensionen in den Großstädten sollen überlaufen sein von solchen Menschen – Halbnormale, sozusagen, oder solche, die nicht hundertprozentig ticken. Jedenfalls kommt der Staat für ihre Unterbringung auf, weil sie nicht arbeiten können. Ich wette, so einer war er. Einfach hinausgestoßen in eine Welt, in der er nicht zurechtkam.« Little Marilyn dämpfte ihre hohe Stimme ein kleines bisschen.
»Aber warum, um Himmels willen, ist er dann bloß nach Crozet gekommen?« Mim konnte nichts unwidersprochen hinnehmen, was ihre Tochter sagte.
»Auf dem Weg nach Miami?«, überlegte Fitz-Gilbert. »Die Obdachlosen, die die Städte im Norden verlassen können, versuchen sich im Winter zu den Städten im Sonnengürtel durchzuschlagen. Vielleicht ist er am Pennsylvania-Bahnhof auf einen Güterzug aufgesprungen.«
»Was könnte er mit Ben Seifert gemeinsam gehabt haben?«, wunderte sich Boom Boom.
»Pech.« Fitz lächelte.
»Falls diese Morde zusammenhängen, dann gibt es einen interessanten Aspekt.« Harry streichelte Mrs Murphy, die sich auf dem Schalter lümmelte. »Der Mörder wollte nicht, dass wir das zerstückelte Opfer erkennen, aber ihn oder sie hat es nicht im Mindesten gestört, dass wir Ben Seifert erkennen würden.«
»Man identifiziere den Zerstückelten, und wir kommen der Sache schon näher«, ergänzte Mrs Hogendobber.
»Das ist es ja, was mir Angst macht«, gestand Mim. »Es ist ganz nahe. Die Morde passieren hier bei uns.«
38
Mehrere Pullover übereinander, Wintergolfhandschuhe und dicke Socken schützten Cabby und Taxi Hall vor der Kälte. Als begeisterte Golfspieler versuchten sie, wenn Cabell Feierabend hatte, neun Löcher einzuschieben, wenn es die Jahreszeit erlaubte, und sie ließen kein einziges Wochenende aus.
Mit einem lockeren Abschlag vom Tee brachte Taxi ihren Ball mitten auf den Fairway. »Guter Schlag, wenn ich mich mal selbst loben darf.«
Sie trat zur Seite, als Cabell sein orangerotes Tee in die Erde steckte. Er legte einen leuchtend gelben Ball auf das Tee, trat zurück, sprach den Ball an und schlug. Der Ball flog in die Luft und machte einen Slice in den Wald. Cabell sagte nichts, sondern setzte sich wieder in den Golfwagen. Taxi stieg zu ihm. Sie kamen zum Wald. Weil der Ball eine so leuchtende Farbe hatte, konnten sie ihn leicht ausmachen, obwohl er in die Blätter geplumpst war.
Cabell bedachte die Ballposition und griff zu einem Fünfereisen. Es war ein riskanter Schlag, da er entweder zwischen den Bäumen hindurch oder über sie hinweg schlagen musste. Er stellte sich breitbeinig hin, atmete tief durch und schlug.
»Was für ein Schlag!«, rief Taxi, als der Ball wunderbarerweise über die Bäume flog.
Cabby lächelte sein erstes ehrliches Lächeln, seit Ben tot aufgefunden worden war. »Nicht schlecht für ’nen alten Mann.«
Sie kehrten zum Caddie zurück. »Schatz«, sagte Taxi, »was ist los, ich meine, abgesehen von dem, was ohnehin klar ist?«
»Nichts«, log er.
»Du sollst nichts vor mir geheim halten.« Ihre Stimme klang bestimmt und vorwurfsvoll.
»Florence, mein Herz, ich bin einfach fertig. Nervöse Angestellte, die Ermittlungen des Sheriffs und eine nicht endende Flut von Fragen unserer Kunden – ich bin
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