Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
das Buch zurück!« Sein Ton war schärfer, als er beabsichtigt hatte.
Lulu, die sich nicht gern herumkommandieren ließ, tat das genaue Gegenteil. Sie schlug das Geschäftsbuch auf und las langsam und sorgfältig die Einträge. Da sie nicht viel von Buchführung oder dem Begriff Treuhand verstand, obwohl sie mit einem Grundstücksmakler verheiratet war, wusste sie nichts Rechtes damit anzufangen. Wie dem auch sei, Samson, das Ebenbild eines Landgrafen, kam soeben in die Bibliothek geschritten.
»Kimball, meine Frau hat Sie mit Scones verführt. Hallo, Liebes.« Er küsste Lulu flüchtig auf die Wange. Sein Blick wurde eisig, als er das Buch sah.
»Wenn Sie mich entschuldigen wollen, ich muss gehen«, sagte Kimball. »Vielen Dank, dass Sie mir das Material zur Verfügung gestellt haben.« Kimball verzog sich.
Samson, der hochrot angelaufen war, versuchte, seinen Schrecken zu verbergen. Reagieren wäre weitaus schlimmer gewesen als ignorieren. Deshalb nahm er Lulu lediglich das Buch aus der Hand und stellte es in den Schrank zurück. »Lulu, ich wusste gar nicht, dass meine Bücher als Archiv fungieren.«
Unbekümmert bemerkte sie: »Tun sie gar nicht, aber ich habe das Haushaltsbuch deiner x-ten Urgroßmutter von 1693 gelesen, und ich habe es verstanden. Darauf habe ich zu Kimball gesagt, er soll sich mal ansehen, wie das Buchführungsgen im Laufe der Jahrhunderte degeneriert ist.«
»Amüsant«, stieß Samson zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Die Methoden haben sich geändert.«
»Allerdings.«
»Hat Kimball was gesagt?«
Lucinda zögerte mit der Antwort. »Nein, eigentlich nicht, aber danach wollte er plötzlich gehen. Samson, stimmt etwas nicht?«
»Nein, aber ich finde, meine Bücher gehen nur mich etwas an.«
Lulu war gereizt, sah aber ein, dass er recht hatte. »Tut mir leid. Ich habe es neulich zufällig gesehen, und ich muss ja immer sagen, was mir gerade in den Sinn kommt. Der Unterschied zwischen den zwei Kontobüchern ist mir eben aufgefallen. Es geht zwar niemanden was an, aber es war – komisch.«
Samson ging hinaus, und sie räumte Scones und Teegeschirr zusammen. Er zog sich in die Küche zurück und goss sich einen kräftigen Schluck Dalwhinnie Scotch ein. Was sollte er jetzt tun?
34
Mrs Murphy quetschte ihren Hintern entschlossen in Mim Sanburnes Postfach. Die Wand mit den Schließfächern war horizontal in eine obere und eine untere Hälfte geteilt, und zwar durch ein zwanzig Zentimeter breites Sims aus Eichenholz. Das erwies sich als praktisch, wenn Harry Poststapel beiseitelegen oder ihre Feinsortierung vornehmen musste, wie sie es nannte.
Als Kätzchen hatte Mrs Murphy immer in einem großen Kognakschwenker geschlafen. Für Kognak hatte sie nie eine Vorliebe entwickelt, wohl aber für ausgefallene Formen. Zum Beispiel konnte sie keiner neuen Kleenexschachtel widerstehen. Früher hatte sie die Tücher herauskrallen und sich in der Schachtel verstecken können. Das hatte bei Harry immer wieder grölendes Gelächter hervorgerufen. Als Mrs Murphy heranwuchs, entdeckte sie, dass immer weniger von ihr in die Schachtel passte. Am Ende konnte sie nur noch das Hinterbein hineinstecken. Zum Teufel mit den Kleenextüchern.
Gewöhnlich begnügte sich die Katze mit dem leinenen Postkarren. Wenn Harry oder (was selten vorkam) Mrs Hogendobber sie herumschob, war sie im siebten Katzenhimmel. Aber heute hatte sie Lust, sich in etwas Kleines zu zwängen. Vielleicht hing das mit den bedrohlich tief treibenden grauen Wolken zusammen. Oder damit, dass Market Shiflett mit Pewter und drei Rippenknochen für die Tiere herübergekommen war. Pewter hatte in Markets Laden einen unerfreulichen Aufstand verursacht. Sie war in Ellie Wood Baxters Einkaufswagen gesprungen und hatte ihre gewaltigen Krallen in einen delikaten Schweinebraten versenkt.
Harry mochte Pewter gern, deshalb hatte sie nichts dagegen, sie tagsüber bei sich zu haben.
Die zwei Katzen und Tucker hatten bis zur Erschöpfung an ihren Knochen genagt. Jetzt schliefen alle tief und fest. Auch Harry und Mrs H. hätten sich gern hingelegt.
Harry sortierte gerade einen gewaltigen Packen Kataloge. Plötzlich hielt sie inne: »Sehen Sie sich das an!«
»Sieht aus wie ein silberner Vorhang. George und ich sind gern im Regen spazieren gegangen. Man hat es ihm nicht angesehen, aber George Hogendobber hatte eine romantische Ader. Er wusste, wie man eine Dame behandelt.«
»Er hat sich aber auch eine erstklassige Dame
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