Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
dass sie mich zu ihrem Testamentsvollstrecker gemacht hatte. Ich hatte gedacht, sie wäre so in Mickey Townsend vernarrt gewesen, dass sie womöglich törichterweise ihr Testament geändert hätte. Sosehr es mich erschüttert hat, Marylou zu verlieren, so hat mich ihre Besonnenheit in dieser Angelegenheit doch aufgerichtet.« Er zog an seiner Pfeife. »Charles und ich konnten uns miteinander verbinden. Adelia gab Mickey den Vorzug, und, na ja, Frauen sind so unberechenbar.« Er hob die Hände, wie um einen Segen zu erbitten.
»Sie haben Ihr Bestes getan. Sich als Testamentsvollstrecker zu betätigen ist eine zeitraubende und betrübliche Prozedur. Ich war Mutters Testamentsvollstreckerin, und in dem einen Jahr habe ich wohl mehr gelernt als in allen Jahren davor.« Mim schenkte Arthur Tee nach. »Schreckliche Nachricht heute Morgen. Hat uns allen einen Schauder eingejagt.«
»Was?« Er atmete das feine, doch kräftige Teearoma ein.
»Haben Sie es nicht gehört?« Mim setzte Tasse und Untertasse ab.
»Nein.«
»Coty Lamont wurde auf einer Lehmstraße abseits der Route 22 erstochen, mitten ins Herz. Und auf die Ladefläche seines Lieferwagens geworfen.«
»Großer Gott!« Die Tasse glitt Arthur aus der Hand. Er fing sie mit der Untertasse auf, verschüttete aber überall Tee. »Tut mir leid, Mim.«
»Scotchgard.« Sie klingelte wieder nach Gretchen. »Wirkt Wunder.«
»Ma’am.« Gretchen überblickte die Situation, sobald das Wort »Ma’am« ihren breiten, üppigen Mund verlassen hatte. »Bin gleich wieder da.«
Sie kehrte rasch mit Geschirrtüchern zurück, säuberte Arthur und tupfte den Teppich ab. »Nicht weiter schlimm.«
»Ich bitte um Entschuldigung. Es war so ein Schock.«
»Was für ein Schock?« Gretchen rührte sich nicht vom Fleck.
»Oh Gretchen, Sheriff Shaw rief mich an, um mir zu erzählen, dass wieder ein Mord geschehen ist. Coty Lamont.«
»Dieser gut aussehende Taugenichts von einem Jockey? Ist er nicht für Sie geritten, Mr Arthur, als Sie noch im Geschäft waren?«
»Ja, ja, ich habe ihm den Einstieg ermöglicht. Ich habe vielen Männern Steighilfe gegeben, sozusagen. Er hat mich verlassen, um für Mickey Townsend zu reiten, und von da an ging es weiter. Das ist der Lauf der Welt – die Jungen und Ehrgeizigen klettern auf der Leiter nach oben.« Er wischte sich mit einem akkurat gefalteten Leinentaschentuch die Stirn ab. »Das ist zu viel. Warum haben Adelia und Charles nichts gesagt?«
»Sie wissen es noch nicht. Rick hat vorhin erst angerufen. Ich bilde mir gern ein, dass ich die Erste war, die er anrief, aber ich bezweifle es. Ich werde mir so ein Funkgerät zulegen, mit dem man den Polizeifunk abhören kann.«
»Nein, das werden Sie nicht«, schalt Gretchen. »Dann fahren Sie überall in der Gegend rum. Schlimm genug, dass Mr Jim dauernd unterwegs ist. Allerdings als Bürgermeister muss er das wohl, denk ich.«
»Irgendwas ist schrecklich faul«, entfuhr es Mim. »Arthur, Sie sind Richter bei verschiedenen Rennen. Sie wissen doch sicher etwas.«
»Nein.« Er wischte sich wieder über die Stirn. »Coty Lamont. Unmöglich. Und ins Herz gestochen, sagen Sie?«
Mim nickte. »Offenbar war er nicht so leicht umzubringen wie Nigel Danforth, denn Rick sagte, dass vorher auf ihn geschossen wurde. Sie machen natürlich eine Autopsie, aber er glaubt, dass der Schuss vor dem Stich kam. Dieses groteske Symbol – das Stilett im Herzen. Und wieder eine Spielkarte.«
»Wie bitte?«, fragte Gretchen, deren Neugierde die Oberhand gewann.
»Gretchen … oh, setz dich und trink einen Tee. Ich bekomme Halsstarre, wenn ich mich beim Sprechen dauernd nach dir umdrehen muss.«
Gretchen holte rasch noch eine Tasse, ließ sich begierig niederplumpsen und schenkte sich von dem Darjeeling ein.
»Du musst wissen«, erklärte Mim, »der erste Ermordete hatte eine Spielkarte über dem Herzen. Die Kreuzdame. Fair Haristeen hat ihn gefunden. Übrigens, Arthur, ich muss mit Ihnen über Fair sprechen. Jedenfalls, dieser zweite Mord -« Sie hielt inne. »Die Pikdame.«
»Fauler Zauber. Mojo.« Gretchen stürzte ihren Tee mit einem einzigen tiefen Schluck hinunter.
Arthur lächelte nachsichtig. »Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand in Mittelvirginia mit Voodoo auskennt.«
»Mojo.« Sie presste die Kiefer zusammen.
»Nun, wenn es nicht Mojo ist, etwas hat es trotzdem zu bedeuten.«
»Bedeutet was Wildes. Wenn Sie einen ins Herz stechen, müssen Sie ganz nah ran. Sie sehen ihm in die Augen und
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