Mrs. Murphy 19: Mausetot
erinnerte Thadia sich.
»Das gehört zum Spiel.«
»Nimmst du Vitamine?«
»Susan â du erinnerst dich, Susan Tucker â hat mir zum vierzigsten Geburtstag eine Packung Centrum geschenkt, und das nehme ich.«
»Sie war die beste Mittelfeldspielerin, gegen die ich je gespielt habe.«
»Heute ist sie eine gute Golferin. Ihr Handicap liegt bei vier, und sie ist entschlossen, es auf null zu drücken.«
»Du bist von Natur aus eine gute Sportlerin.«
»Du auch, aber das war nicht unser Weg. Mannschaftssport, meine ich. Es war ein Segen für mich, dass ich Pferde hatte. Heute können Mädchen auf eine Zukunft im Profisport hoffen, wenn sie Basketball spielen. Viel mehr aber noch nicht, abgesehen von Golf und Tennis.«
»Und bei deinem und meinem Können, also« â Thadia hob die Schultern â »dafür sind Golf und Tennis zu lasch.«
»Nicht, wie Susan spielt.« Harry lachte.
»Ich will ja nicht aufdringlicher werden, als ich eh schon bin, aber sprich mal mit deiner Krebsselbsthilfegruppe über Vitamine. Die können wirklich helfen.«
»Mach ich.«
Als Thadia sich verabschiedete, dachte Harry, was für ein Glück es für sie war, nicht den goldenen Weg gegangen zu sein, der sich nur zu bald in geschmolzenes Blei verwandelt. Thadia, das hübsche Partygirl, die gute Sportlerin, das Mädchen, mit dem alle ausgehen wollten, sah ausgelaugt, alt und graugesichtig aus, trotzdem hatte sie noch etwas Hübsches an sich. Sie hatte mit dreiÃig ihren Muskeltonus, jeden Job, den sie je ausübte, und alle Freunde verloren. So sehr Harry ihren Neueinstieg bewunderte, sie wollte nicht unbedingt ihre Freundin sein, wollte sie nicht oft sehen.
Würde sie auch nicht. Dies war Thadias letzter Tag auf Erden.
24
H arry hatte sich nach der Operation gelobt, jeden Tag etwas Neues auszuprobieren. Sei es etwas Stilles wie das Lesen eines Buches von Wilfred Owen oder, wie heute, der Ritt auf einer ungewohnten Pferderasse mit einer Bekannten, mit der sie sich bei der Schleppjagd angefreundet hatte.
»Als ob man in einem bequemen Sessel sitzt«, meinte Harry lächelnd, nachdem sie auf Sparkle Plenty über ein meterhohes Hindernis gesprungen war.
Sue Rowdon, die auf ihrem achtjährigen Overdraft folgte, schwärmte: »Da siehst du, weshalb ich meine Irish Draughts liebe.«
»Oh ja. Geht an die Beine.«
Harry, die sonst Vollblüter und ihr einziges Warmblutpferd Shortro ritt, bekam wegen des Rumpfes von dem Irish Draught die Beine nicht so weit nach unten wie gewohnt. Sparkle Plenty â fünf Jahre alt und Stockmaà 1,65 m hoch â, der muntere Fuchs, den sie an diesem Morgen ritt â, ging so ruhig, dass sie nicht befürchten musste, runterzuplumpsen.
»Bist du nicht erstaunt, wie kalt es war?«, fragte Sue.
»Die Feuchtigkeit kriecht einem in dieser Jahreszeit in die Knochen. Ich versuche, die Arbeiten im Freien bis mittags zu erledigen. Gegen fünf oder sechs geh ich dann wieder nach drauÃen. Die mörderische Zeit ist so von drei bis fünf, findest du nicht?«
Sue erwiderte: »Ja. Ich mag den Herbst. Ich bin nicht für heiÃes Wetter gemacht.«
Harry, die alle vier Jahreszeiten mochte, wechselte das Thema. »Du hast Schilddrüsenkrebs bekämpft. Ich habe dich erst kurz danach kennengelernt. Wie hast du die Bestrahlung vertragen?«
»Ich habe sie in flüssiger Form zu mir genommen, Harry. Tatsächlich habe ich mit meinem Krebs Glück gehabt. Mein Zahnarzt hat festgestellt, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich war immer so müde. Er hat mich zu meinem Hausarzt geschickt. Mein Körper hatte Antikörper gegen die Schilddrüse gebildet. Ich sage Glück gehabt, weil ich überlebt habe. Mein vor dem Krebs schon geschwächtes Immunsystem â was ich nicht wusste â, war dank der guten Ãrzte wieder gestärkt, als alles vorbei war.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, Bestrahlungszeugs zu trinken.« Harry verzog das Gesicht.
»Mir ist davon schwindlig geworden. Ich konnte mich nicht rühren, ohne dass mir alles hochkam. Ich will das nie wieder durchmachen.« Sue stieà einen Pfiff aus.
»Ich mag das nicht, was ich machen muss. Kann mir nicht vorstellen, nicht aufstehen, laufen oder reiten zu können.«
»WeiÃt du, Harry, man macht durch, was man muss. Ich hatte gedacht, unser Ritt
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