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Mucksmäuschentot

Mucksmäuschentot

Titel: Mucksmäuschentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Reece
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die Schulter geblickt und uns angebrüllt hatte. Jetzt verströmte sein Gesicht eine ruhige Gelassenheit. Es war das Gesicht eines Lieblingsonkels, der immer eine lustige Geschichte oder einen anzüglichen Witz parat hat und nach einem riesigen Sonntagsessen auf dem Sofa eingeschlafen ist. Die stummeligen, allzu muskulösen Arme ruhten neben seinem Körper, und ich dachte an all die vergeudeteten Stunden im Fitnessstudio, in denen er sich Arme aufgebaut hatte, mit denen er jede Tür aufbrechen konnte. Im entscheidenden Augenblick waren sie nutzlos gewesen, und er hatte sie nur kapitulierend in die Luft strecken können.
    Während ich die Leiche des Erpressers betrachtete, fühlte ich nichts, absolut gar nichts. Keine Schuld. Kein Mitleid. Kein Bedauern. Er war kein menschliches Wesen, um das man trauerte, sondern ein Problem, das gelöst werden musste. Wir mussten die gewaltige Leiche und das Auto loswerden – unfassbar, aber wir waren gezwungen, den verbeulten türkisfarbenen Wagen ein
zweites Mal
zu entsorgen.
    »Ich sehe kein Blut«, murmelte Mum bei sich.
    »Was? Wie meinst du das? Da muss Blut sein.«
    »Sieh selbst. Kein Blut.
Keine Schusswunde.
«
    Sie hatte recht. Sein Kopf, den die austretende Kugel eigentlich hätte zerschmettern müssen, war vollkommen unversehrt. Auf dem riesigen gelben T-Shirt prangten zwar schmierige Essensflecken und Schmutz aus dem Garten, aber kein einziger Tropfen Blut. Bis auf einen kleinen Kratzer am Kinn und einen Schnitt an der Stirn, wo er auf den Boden geprallt war, gab es keinerlei Anzeichen einer Wunde.
    Ich wollte etwas sagen, aber Mum war schon die Einfahrt hinuntergegangen.
    »Du hast recht«, rief ich ihr verblüfft hinterher. »Da ist überhaupt nichts zu sehen!«
    »Und schau dir das an!« Mum deutete auf den rechten Torpfosten. Die Kante war zersplittert, als hätte jemand ins Holz gebissen.
    »Ich muss ihn verfehlt haben«, sagte sie ungläubig. »Irgendwie habe ich ihn verfehlt. Aus fünf Zentimetern Entfernung!«
    Sie kam zurück und bückte sich nach der Brille, die ebenfalls intakt war.
    »Was hat ihn dann getötet?«
    »Was ihn getötet hat?« Mum lachte trocken und freudlos. »
Wir
haben ihn getötet, Shelley. Wir haben ihn zu Tode erschreckt. Sieht aus, als hätte er einen Herzinfarkt erlitten. Aber ich hätte ihn ebenso gut mit der Kugel treffen können – in den Augen des Gesetzes ist es Mord.«
    Wir haben ihn zu Tode erschreckt.
Wir hatten diese gewaltige Bestie mit den boshaften Ärmchen zu Tode erschreckt. Der Gedanke erfüllte mich mit einer seltsamen Befriedigung und einem Stolz, den ich gerne ausgekostet hätte, aber der Gedanke an die schreckliche Aufgabe, die vor uns lag, überschattete alles andere.
    »Wir schaffen ihn besser weg«, sagte ich. »Falls jemand vorbeifährt …«
    »Ja, das sollten wir.«
    Ich bückte mich nach seinen Füßen, doch Mum rührte mich sanft am Rücken.
    »Er ist zu schwer, um ihn zu ziehen. Wir holen das Auto und bringen ihn damit zum Haus.«
     
    Es war nicht leicht, die Leiche des fetten Mannes im Auto zu verstauen. Er muss an die hundert Kilo gewogen haben, und obwohl wir es mit Mühe und Not schafften, ihn hochzuheben, bekamen wir ihn nicht auf den Rücksitz. Nach mehreren vergeblichen Versuchen entschieden wir, dass Mum sich mit seinem Kopf im Schoß hineinsetzen und ihn rückwärts ziehen musste, während ich die Beine festhielt und mich abwandte, um nicht den Ammoniakgestank seines Urins einzuatmen. Als sein Oberkörper zur Hälfte im Wagen lag, kroch Mum unter der reglosen, wabbeligen Masse hervor und stieg an der anderen Seite aus. Nun schoben und zogen wir gemeinsam, bis wir ihn schließlich auf den Rücksitz befördert hatten.
    Mum befürchtete, ihn an Kopf oder Beinen zu verletzen, und brachte seine Beine mit viel Aufwand in eine Position, in der sie sich nicht an der scharfen Türkante stoßen konnten. Schließlich beugte ich mich vom Beifahrersitz herüber und hielt die Beine fest, bis sie die Tür zugeschlagen hatte.
    Es war nur ein kurzes Stück bis zum Haus, aber wir schnallten uns automatisch an. Die Ironie brachte mich beinahe zum Lachen – zwei gesetzestreue Bürgerinnen, die sich für fünfzehn Sekunden anschnallen, während auf dem Rücksitz die Leiche eines Mannes liegt, den sie soeben ermordet haben.
    Mum stellte den Escort an derselben Stelle wie vorher ab, genau vor dem Wagen des Erpressers.
    Sie schaltete den Motor aus, und ich fragte in der nachfolgenden Stille: »Was sollten wir mit ihm

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