Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
Vom Netzwerk:
wurde. Hochschmidt schloss die Tonne wieder, und zusammen bugsierten wir das Teil die Treppen hinunter und vor das Bauernhaus. Pablo stolzierte dabei hinter uns her wie ein römischer Feldherr hinter den Legionären, die die erbeuteten Schätze tragen. Seine Triumphhaltung wurde allerdings flugs von einer heraneilenden Pauline zunichtegemacht, die ihn schnappte und an sich drückte, dass ihm die Luft wegblieb.
    Als die beiden ihre Wiedersehensfeier beendet hatten, klopfte ich bedeutungsvoll auf die Tonne: »Seht her! Seht alle her und staunt! Vor euch steht die große Sensation.«
    »Was denn?«, sagte Paula. »Die Tonne des Schreckens? Das Fass des Wahnsinns? Oder jemand, der sein Frühstück nicht vertragen hat?«
    »Nein! Hier drin ist jenes gewisse Etwas, das uns zu was Besonderem macht. Zu etwas überaus Begehrenswertem. Zu etwas, dem bestimmte Leute nicht widerstehen können.«
    »Sind da rosafarbene Jeans drin?«, sagte Paula. »Oder hast du deinen Verstand dadrin luftdicht verpackt?«
    Bevor ich etwas Patziges antworten konnte, öffnete Hochschmidt den Deckel und ließ meine Schwestern schnuppern. »Wow«, sagte Paula, »so müffelt es bei Tante Elke.«
    »Und ich wette, dadrin ist mehr Heilmittel gegen ihre Aversion, als sie in ihrem ganzen Leben brauchen wird.«
    Paula nahm rasch den Deckel aus Hochschmidts Hand und drückte ihn auf die Tonne. »Vorsicht! Dass uns nichts von dem guten Zeug verloren geht. Das ist jetzt unser Kapital. Damit haben wir sie in der Hand!« Sie klopfte einen Rhythmus auf die Tonne, wie es die karibischen Musiker tun, und tanzte dazu auf eine ebenfalls sehr karibische Art und Weise.
    »Wir haben’s geschafft!«, sang sie. »Unsere Zukunft ist gerettet. Wir verkaufen uns an unsere Tante Elke für ein Fass Bohnerwachs.« Sie zeigte auf Pauline. »Und wenn du unbedingt dein Schürzchen haben willst, dann kriegst du eines und kannst den Gästen im Gedächtniscafé Luftkuchen servieren. Juchhu!« Dann schlug sie einen letzten Trommelwirbel, lief ins Haus und kam mit ihrem Urselchen wieder. Sie bog ihm die langen Beine zu einem Haken und setzte es auf die Tonne. »Pass schön auf! Dass uns keiner unsere Zukunft klaut!«
    Pauline hatte unterdessen etwas abseits gestanden. Jetzt trat sie zu der Tonne und strich einmal darüber, wobei die Lateindompteuse sie kritisch ansah. Dabei schien unsere älteste Schwester angestrengt nachzudenken. Schließlich sagte sie: »Nein.«
    »Nein was?«, sagte Paula.
    »Das können wir nicht machen!« Pauline setzte sich wieder zu ihrem Pablo und kraulte ihn am Nacken. »Wir können uns doch nicht verkaufen. Das ist ja, als wären wir unsere eigenen Sklaven.«
    Paula wollte etwas sagen, aber Pauline machte ihr ein Zeichen, dass sie noch nicht fertig war. »Außerdem verkaufen wir uns ja gar nicht. Wir erpressen nur jemanden, uns aufzunehmen. Aber das wird uns nichts nutzen. Man kann Menschen nicht erpressen, einen zu mögen. Und wenn man es versucht, ist es unmoralisch. Hört auf eure Schwester. Die weiß, wovon sie redet.«
    Und wir wussten es ja tatsächlich. Schließlich hatten wir selbst sie davon abgebracht, weiterhin ihre Adoptiveltern zu erpressen.
    Natürlich standen wir jetzt etwas belämmert da, Paula und ich. Auch die Dompteuse guckte, als würden ihre Tiger streiken. Zum Glück bemühte sich Hochschmidt sofort, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. »In eure Debatten über Moral oder Unmoral will ich mich nicht einmischen. Aber ich denke, Folgendes ist einigermaßen klar: Diese Tonne hier gehört nach Neustadt. Da wird sie offenbar gebraucht. Und ich kann sie dahin bringen. Also wird es wohl das Praktischste sein, wir fahren alle vier.«
    »Alle fünf«, sagte Pauline.
    »Natürlich.« Hochschmidt grinste. »Von mir aus brechen wir gleich auf. Ist ein weiter Weg.«
    Da wir nicht widersprechen konnten, stimmten wir zu.
    Wir verbrachten dann noch eine Stunde damit, den Bauernhof wieder in den Dornröschenschlaf zu versenken, aus dem wir ihn für so kurze Zeit geweckt hatten. Anschließend packten wir unsere paar Habseligkeiten zusammen, und während Hochschmidt noch in einem Schuppen hantierte, wollten wir schon hinabsteigen ins Dorf, Pablo an der Spitze und die Müller-Drillinge im Gänsemarsch hinterher. Schließlich mussten wir ja eine Fahrgelegenheit besorgen.
    Aber Hochschmidt rief uns zurück. Oder besser gesagt, eine Hupe rief uns zurück. Sie gehörte zu einem Lieferwagen, mit dem verglichen der Straßenkreuzer des Zahn- und

Weitere Kostenlose Bücher