Mueller hoch Drei
gesucht. Ich lebe praktisch im Untergrund.«
Ich hätte jetzt gerne einen Trick vorgeführt, toller als alles, was ich bislang mit meinem Zauberkasten Der kleine Illusionist zustande gebracht hatte. Mit viel Getue hätte ich Bruno Hochschmidt den gemopsten Fahndungsauftrag aus der Nase gezogen und ihm als vorläufigen Freibrief präsentiert. Aber wer Schwestern hat, Drillingsschwestern zumal, der muss damit rechnen, dass keiner der eigenen Pläne mehr funktioniert.
Tatsächlich machte Paula nur kurz »Tätä!«, und dann hielt sie Hochschmidt das Papier hin. »Da. Kein Grund zur Panik. Die sind gar nicht hinter Ihnen her.«
»Donnerwetter.« Hochschmidt las und schüttelte den Kopf. »Ich hatte natürlich sicherheitshalber meine polizeiliche Anmeldung in Berlin wieder gelöscht. Das war meine letzte Tat als Hacker. Aber ich war mir einfach nicht sicher, ob das wirklich reichte, um mich unsichtbar zu machen.«
»Hat es«, sagte Paula.
»Danke.«
»Und was wollen Sie jetzt machen?«, sagte Pauline. »Bleiben Sie hier? Gehen Sie in die Tourismus-Branche? Ferien auf dem Bauernhof?«
Ich war mir nicht ganz sicher, aber es schien so, als zöge Pauline gerade Hochschmidt und den Hochschmidt-Hof als Ersatzstiefvater sowie als Ersatzbleibe für uns in Betracht. Und offenbar schien ihr der Gedanke gar nicht schlecht zu gefallen.
»Ich kenne mich aus mit Tourismus«, sagte sie. »Ich könnte die Bettenbuchungen regeln, die Zimmer schmücken und die Gäste begrüßen. Der da –«, sie zeigte auf mich und runzelte die Stirn, »na ja, der kann alle leichteren Arbeiten erledigen. Und meine Schwester, die – äh – die regelt den ganzen Behördenverkehr. Von wegen Genehmigungen und staatlicher Förderung für Umweltschutz und landschaftsschonenden Tourismus. Eben diesen langweiligen Papierkram. Und wenn sie damit durch ist, zieht sie ein Schürzchen an und serviert das Frühstück.«
»Schürzchen?«, sagte Paula. »Ich glaube, du spinnst!«
»Okay.« Pauline machte Paula ein Zeichen, still zu sein. »Dann serviere ich eben das Frühstück.«
»Und Sie«, sagte sie zu Hochschmidt mit einem irgendwie sahneähnlichen Unterton in der Stimme. »Sie hätten dann ganz viel Zeit für den Hof und die Tiere.«
»Genau.« Paula hatte jetzt verstanden, was in Paulines Kopf vor sich ging. »Und wenn Sie tatsächlich mal Tiertrainer gewesen sind, dann können Sie den Tieren ein paar Tricks beibringen. Wenn wir zum Beispiel ein Pferd hätten, das bis drei zählen kann, oder eine Ziege, die die Frühstückszeitung apportiert, dann hätten wir der Konkurrenz schon was voraus. Nicht wahr?« Sie stieß Pauline mit dem Ellenbogen.
»Stimmt.« Pauline machte große Augen. »Dann hätten wir ein sogenanntes Alleinstellungsmerkmal. Das ist wichtig im Business.«
Wenn die wüssten!, dachte ich. Ich kannte ja am besten die Qualitäten von Bruno Hochschmidt als Tiertrainer. Wahrscheinlich würde er es fertigbringen, die Schweine vor den Gästen Wiener Walzer tanzen, die Hähne Cocktails mixen und die Schafe Pullover stricken zu lassen. Und jeden zweiten Abend gäbe es eine Karaoke-Vorstellung unter dem Titel Der Bauernhof sucht das Supertier .
Aber ich wusste ja auch, dass Bruno Hochschmidt ein unglücklicher und enttäuschter Mann war, der nicht gleich in Begeisterung ausbrechen würde, wenn eine vagabundierende Drillingsbande ihm eine rosige Zukunft ausmalte.
Und so war es auch. »Macht mal halblang«, sagte er. »Ihr meint das ja nett. Und mit Tieren kenne ich mich auch einigermaßen aus. Aber von Tourismus habe ich keine Ahnung. Und von Kindern erst recht nicht. Das würde nicht gut gehen.«
»Wir sind doch keine Kinder.« Paula zog ein mauliges Gesicht. »Übermorgen werden wir vierzehn, und von da bis zur Volljährigkeit ist es ein Klacks. Das sitzen Sie auf einer Backe ab.«
Pauline schickte ihr einen Blick, und Paula wurde ein bisschen rot. »Ich meine, wir sind doch schon ziemlich selbstständig. Wir machen kaum Schmutz und können wahnsinnig leise sein. – Wenn wir wollen.«
»Euer Vorschlag ehrt mich«, sagte Hochschmidt. »Aber wir müssen uns etwas Realistischeres ausdenken. Für mich. Und für euch sowieso.«
»Das Wort kenne ich«, sagte Pauline. »Realistisch! Das sagen Erwachsene zu Kindern, wenn sie meinen: Davon verstehst du nichts, und selbst wenn du es tätest, dürftest du nichts entscheiden. Mein Vater ist so ein großer Realist.«
»Adoptivvater«, sagte Paula.
Und dann schwiegen wir auf Hochschmidts
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