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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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kaputt und fertig. Also trinken Sie ihn nicht. Hände weg! Besser Pfefferminztee. Gibt nicht Kopfweh, Leberweh und Eheweh.
    Aber jetzt konkret weiter mit Michael Hauser in der Bar. Wollen sie behelfsmässig »Bar ohne Namen« nennen. Hauser steht am Tresen und schlürft Bier, das sogar in Fläschchen importiert wird, was ökologisch natürlich völliger Blödsinn ist. Da kannst du geradeso gut Kerosin saufen, so viel Benzin – oder eben Kerosin (Luftfahrtsprache) – braucht es.
    Und neben Hauser am Tresen hängt – ja, ist nicht mehr so frisch – Blacky vom »Thunderstorm MC «, was eine Rockergang, pardon: ein Motorradclub ist, der vor vielen Jahren einmal das Quartier in der Nähe, also Teile davon, zumindest gewisse Wirtschaftsbranchen, genau genommen nur eine oder zwei, kontrolliert haben soll. Niemand weiss etwas Genaues, Busen und Spritzen, heisst es, aktenkundig ist es nicht so richtig, aber es sei schon eine Weile her, der Nimbus ist geblieben. Heute fährt Blacky, wenn er nüchtern ist und keinen Schub hat, einfach ein bisschen Motorrad, dass seine fettigen Haare im Wind flattern und sein langer Schnurbart lustig in der Bise wedelt. Blacky, damit Sie ihn sich vorstellen können, ist etwa zehn Jahre älter als der Müller. Er trägt schwarze Jeans, die wie auf die Haut genäht sitzen, und eine abgewetzte schwarze Lederkutte mit Fransen. Auf dem Rücken von Blacky, also auf dem Rücken der Weste, ist ein Aufnäher angebracht, ziemlich gross, darauf sieht man einen Totenkopf, der böse grinst und von einer Blitzwolke umkränzt ist, und aus dem Oberkopf vom Totenkopf wächst ein Stahlhelm heraus, wie ihn der Grossonkel während des Unternehmens »Barbarossa« im Osten drüben getragen hat.
    Und unter diesem Totenkopf steht in Frakturschrift einfach der Name »Thunderstorm MC «, was »Gewitter Motorrad Club« heisst. Und Blacky ist, damit das einmal und für alle klar ist, trotz Frakturschrift nicht an Politik interessiert. Das Komplexe interessiert ihn nicht. Blacky mag einfach Motorräder und Frauen und gute Rockmusik und Filme und psychedelische Substanzen. Im Moment lebt er eine intensive Bierphase aus, er zählt nicht mehr, er hat noch nie gezählt, und irgendwie hat er die Zeche immer bezahlen können, frag mich nicht, wie, aber manche Leute haben einfach immer ein paar Scheine in der Hinterbackentasche ihrer Jeans. Blacky könnte viel über sein Leben erzählen, aber er tut es für uns natürlich nicht, weil er kennt uns ja nicht. Obwohl es vielleicht interessant wäre. Aber allgemein ist das Leben ja vor allem für einen selbst interessant. Was Blacky so erlebt, ich meine, vielleicht könnten wir damit gar nicht so viel anfangen. Wenn er mit Lucy Motorrad fährt, zum Beispiel nach Glattbrugg hinaus, und Dinge und Sachen unternimmt, freut das ihn und Lucy. Aber uns? Interessiert uns Blacky, herangezoomt?
    Jedenfalls steht Blacky am Tresen in jenem Lokal, just neben Hauser, während der Müller nackt im Bett liegt und liest. Ich weiss nicht, warum, aber Blacky fängt unvermittelt an, im Kreis herumzugehen. Dafür ist gerade genug Platz zwischen dem Tresen und der Wand, sonst könnte er es nicht tun. Er geht jetzt im Kreis und im Kreis rundherum und rundherum, Michael Hauser trinkt am Tresen einen Schluck Bier und hört Blackys Monolog in seinem Kopf rauschen. Wir blenden ein: »… von aztekischen Pyramiden und dem Lichterglanz, der am 21.   Juni jeweils den Schatten der Pyramide von Nirgendwotl zu einer seltsamen geometrischen Figur werden lässt, ich weiss nicht, wie das heisst, aber es ist ein Hinweis, dass die Azteken Kontakt hatten, ja! Sie hatten Kontakt. Zu drüben, zu denen da draussen, zu den anderen, und wir könnten, ich meine, wir könnten viel lernen, wenn wir diese Zeichen nicht in den Wind schlagen würden und ernst nehmen würden und die Kosequenzen … Kosequenzen? … ja, die Kosequenzen ziehen« und geht im Kreis, im Kreis, »und die Eskimaus«, sagt Blacky, »die Eskimaus, die machen es richtig, ja, da kann man sagen, was man will, ich meine, sie kümmern sich gar nicht um all das, sie sehen alles ganz anders als wir, genau wie die Azteken, aber auch anders als die Azteken natürlich, weil sie leben ja an einem ganz anderen Ort, auch in Amerika, aber so naturräumlich und eine ganz andere Sprache haben sie auch, die verstehen sich untereinander nicht, die Azteken und die Eskimaus …«
    Sagt alles Blacky, und vorher und nachher noch viel mehr wie ein Wasserfall.
    »Und von den

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