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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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Sie sind doch Journalist.«
    Hauser: »Ja.«
    Der Müller: »Da gibt’s doch dieses Prinzip der zweiten unabhängigen Quelle?«
    »Ja, aber –«
    Der Müller schaut ihn nur an.
    Hauser: »Alle wissen das mit dem herausgenommenen Hirnteil von Blacky.«
    Nun räuspert sich im Hintergrund Bucher Manfred, heute, wie wir gehört haben, indem wir von ihm noch nichts gehört haben, in der Rolle der stummen Sphinx. Nun macht sich im Hintergrund Gustav Weiermann mit der ungesunden Hautfarbe und dem Stirnauswuchs geräuschvoll den Hals frei. Und Müller seufzt im Vordergrund, direkt ins Gesicht von Musikjournalist Michael Hauser. Und es ist still, dass man fast die nahe Sihl und die entferntere Limmat rauschen hörte.
    »Das Prinzip der zweiten unabhängigen Quelle«, hakt der Müller wieder nach, »das gilt genauso bei der Polizei. Wir glauben auch nicht jeden Quatsch. Obwohl’s manchmal billiger wäre.«
    Den letzten Satz hat er für den Chef gesagt, der die Aufnahme sicher abhört. Kostenbewusster Mitarbeiter = guter Mitarbeiter. Obwohl Kostenbewusstsein im operativen Polizeibusiness ≠ einziges Kriterium.
    Müller wird nervös, dieses Verhör quält ihn. Er kann doch nicht mit Michael Hauser die ganze Nacht philosophische Diskussionen im Sinne von »Was ist Wahrheit?« führen. Darum wählt der Müller überraschend die Abkürzung: »Was hat Ihr neues Bewusstsein als Medium mit Ihrem Aufenthalt in Heini Angsts Schweinestall in Oberlunkhofen zu tun?«
    Hartnäckige Fragetechnik, kämpfen um jede Silbe, Müller lässt nicht locker.
    »Mir war, dort findet sich ein Gegenstand, der nicht dorthin gehört.«
    »Welche Art von Gegenstand?«, greift Bucher Manfred ein. Aus dem Hintergrund. Völlig unvermittelt. In Polizeijargon: »Phase drei«: Fragepingpong bis Kopf trümmlig, dann Wahrheit. Psychologische Technik, altbewährt.
    »Ich weiss es nicht, die Umrisse waren undeutlich.«
    Hauser sucht also den Ausgang. Aber, no way, José, nicht mit Müller Benedikt und Bucher Manfred von der Abteilung Gewaltverbrechen der Polizei Zürich.
    Der Müller: »Ein grosser, kleiner, roter, grüner, was für ein Gegenstand?«
    »Eher klein, ungefähr so wie ein Taschenmesser vielleicht –«, sagt Hauser und deutet mit den Händen die Grösse an.
    Bucher Manfred: »Und was wollten Sie mit diesem Gegenstand?«
    »Ihn fotografieren und vielleicht holen!«
    »Aha. Wozu?«, fragt der Müller.
    »Ich weiss es nicht. Es zog mich nur hin.«
    Es zog mich nur hin, denkt der Müller, fast ein bisschen hämisch, es zog mich nur hin, was muss ich mir noch alles anhören! Aber jetzt kühl bleiben.
    »Ich fühlte den Drang, diesen Gegenstand zu fotografieren und vielleicht zu holen«, wiederholt Hauser, ganz ernst.
    Ich fühlte den Drang, diesen Gegenstand zu fotografieren und vielleicht zu holen, hallt es im Müllerkopf wider, ich fühlte den Drang bla bla bla, es kommt noch dicker!
    Aber jetzt kühl bleiben, du knackst ihn. Der Müller fragt: »Und was hätten Sie mit dem Gegenstand getan?«
    »Ich weiss es nicht«, so Hauser und klingt in seiner Naivität fast ehrlich.
    Der Müller lehnt sich für einige Sekundenbruchteile zurück, an die Lehne des abgeschabten Stuhls, die hinter seinem Rücken knarrt. Sein rechter Zeigefinger untermalt rhythmisch jede Silbe von den bösen Wörtern, die er jetzt ausspricht:
    »Hausfriedensbruch, Einbruch, Unterdrückung von Beweismitteln, Irreführung der Staatsgewalt«, sagt der Müller und schweigt, eine Ewigkeit, und schaut Michael Hauser forschend ins bleiche Gesicht. Aber Hauser schaut mit seinen untertellergrossen Augen zurück, nicht unverschämt, eher überrascht über all das, wo ihm hier passiert. Es ist, als wachst du plötzlich in einem fremden Bett auf und neben dir liegt James Bond oder sonst jemand in der Art oder eine berühmte Sexbombe aus dem Film. Da denkst du natürlich schon, dass du jetzt ein bisschen übergeschnappt bist. Oder wenn du mit dem Tomatensalat sprichst und er antwortet dir auf Spanisch.
    Der hat sich irgendetwas Synthetisches reingepfiffen, denkt der Müller. Während RA Dr.   Burkhalter weiter döst.
    Ein Medium ist er. Und erzählt Sachen. Das wird mir definitiv zu esoterisch, denkt der Müller. Aber er weiss trotz seiner demonstrativen Kartesianität, dass jenseits des Physikalischen das grosse Universum des Metaphysischen klafft, wo 1 x 1 ≠ 2, sondern etwas ganz anderes, das man nur mit viel Beschäftigung und Mühsal ergründen kann, fast so ein bisschen

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