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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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sich zwischen dem Müller und Hauser im vorigen Fall (siehe Müller eins: »Müller und die Tote in der Limmat«) eingeschlichen hatte. »Sie« wirkt wie glühende Zangen im Fleisch.
    »Ich wusste bis vor Kurzem auch nicht, dass ich ein Medium bin. Aber dann war ich in jener Bar –«
    »In welcher und wann?«, fragt der Müller, während im Hintergrund Gustav Weiermann seinen Hals von einem rostigen Frosch freihustet.
    Michael Hauser sagt »vor drei Tagen« und den Namen der Bar, die weiter namenlos bleibt, weil wir nicht für die Spelunke werben wollen. Sonst gehen alle Leserinnen und Leser als Kriminaltouristen dorthin und sagen: »Ah, hier war es also«, und der Wirt verdient sich dumm und dämlich.
    Der Müller kennt die Bar, rein beruflich, und sagt: »Was ist denn in jener Bar passiert?«
    Und Hauser erzählt von Blacky vom »Thunderstorm MC «, wie der im Kreis läuft und von der Eskimaus und den Mickymos erzählt, dass du meinst, die weissen Mäuse seien rosarote Elefanten geworden. Blacky, der habe ihm auf den Kopf zugesagt, dass er, also der Hauser, ein Medium sei, das komme erst mit der Zeit, wenn man in ein gewisses Alter komme, vorher merke man das gar nicht, aber Hauser grundsätzlich skeptisch, weil ursprünglich humanistische Bildung und kritisches Grundprinzip und so, also sagt zu Blacky fast wie die Polizei: »Beweise, bitte!«
    Und Blacky sagt, er wisse es eben, er wisse sehr viel. Er kennt nämlich Name von Hausers Büsi während Kindheit, und Geburtsdatum von Hausers Grossmutter, weiss die Todesursache von Hausers Onkel und wie viele Kinder es gibt aus Seitensprüngen von Hausers Vater. Das wusste nicht einmal Hauser selbst. Wie Diodoros weiland schrieb: »Die Wahrheit kennt keine Ausflüchte.« So erging es, sagt Hauser, an jenem Abend Hauser. Blacky weiss sogar, dass Hauser evangelisch-reformiert gewesen und Hausers Mutter katholisch und dass sein Bruder Romuald in Thun wohnt und bei der Waffenfabrik arbeitet. Also wirklich ziemlich überzeugend, was er weiss. Aber wusste natürlich nur etwas zu erzählen zu Bestehendem und Vorbeivergangenem, nicht zur Zukunft, was sie bringt. Weil sonst wäre Blackys Leben purer Würfelzucker: Lottosechser. Euromillionshammer. Ha ha ha! Immer genug zu trinken! Und die seltenste Harley-Davidson-Oldtimermaschine! Yes.
    Wie ist das denn alles möglich? Kann das sein?
    Aber dass Blacky so viel weiss, wenn man das unter die Lupe legt, heisst doch nichts von wegen Hauser = Medium. Sondern ist eher Hinweis, dass Blacky in Kontakt steht mit irgendetwas. Vielleicht mit schlauer Suchmaschine? Vielleicht mit Jugendfreund von Hauser? Vielleicht sogar mit Martina? Vielleicht hat er gute Ohren und das alles nur gehört? Vielleicht hat Hauser in der unaussprechlichen Bar nach dem fünften, sechsten überteuerten Importbier das alles selbst aus der Seele geplaudert?
    Egal, Medium hin oder her. Die ganze Para-Meta-Hokuspokus-Geschichte überzeugt den Müller nicht. Ergebnis einer geistigen Blitzplausibilitätskontrolle.
    Der Müller hakt ein: »Sie sind also ein Medium?«
    »Blacky hat mir das gesagt«, sagt Hauser und schaut aus und drein, als habe er wirklich Kontakt zu anderen Wesen im Irgendwo.
    Und Müller: »Blacky war auch Arizona-Meister im Nilpferd-Rodeo, im Jahr 1979. Wussten Sie das?«
    »Wow! Nein, das wusste ich nicht«, und der Mund steht Michael Hauser weit offen. Das Erstaunen hat ihn voll getroffen.
    Gut, ist schon nach zwei Uhr.
    Der Müller jetzt, langsam und überdeutlich, als spräche er zu einem sogenannten Labialreader, der von den Lippen abliest: »Arizona-Meister im Nilpferd-Rodeo«, sagt er.
    »Ja«, sagt Hauser, »1979, Arizona, wow! Wusste ich nicht.«
    Kurze Pause im Gespräch. Man muss sich erinnern, dass Hausers Pupillen während dieser Stunden zur Grösse von Untertassen angeschwollen sind. Er wirkt müde.
    Müller: »Merken Sie nichts?«
    Hauser: »Was sollte ich –«
    Müller schweigt.
    Hauser: »Sie meinen, er –«
    Der Müller schweigt weiter, zuerst, eine Sekunde, zwei, dann, langsam, nickt er. RA Dr.   Burkhalter schnarcht leise auf seinem Stuhl.
    Hauser: »Er erzählt Stuss?«
    Der Müller nickt nochmals.
    Hauser: »Weil ihm die Polizei einen Teil des Hirns hat entfernen lassen, damit er nicht mehr straffällig wird?«
    Nun schwillt dem Müller die Schläfenader. Sein Teint verfärbt sich ungesund rot. Sein Hals wird dick. Kann sich gerade noch kontrollieren.
    Seine Stimme vibriert fast: »Nun glauben Sie doch nicht jeden Quatsch.

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