Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
Vom Netzwerk:
und schauen so verklärt und reden Sachen, da fragst du nur noch: »Hä?!«
    Ich verrate wirklich kein klassifiziertes Geheimnis, wenn ich sage, dass der Müller überzeugt ist, dass Hauser keiner von der schlechten Sorte ist, und auch etwas Mitgefühl mit ihm fühlt.
    Und plötzlich hat der Müller eine Idee und blickt Bucher an, und Manfred blickt zurück zum Benedikt. Und sie verstehen sich, weil sie in neunzehn gemeinsamen Dienstjahren miteinander insgesamt schon die Bevölkerung einer Kleinstadt verhört haben. Simultan wissen sie: Wir müssen Blacky holen. Vielleicht läuft er immer noch in der Bar im Kreis und erzählt von Eskimos und Mickymäusen, aber vielleicht ist er wieder klar, weil diese Zustände halten nicht hundertprozentig an, manchmal gibt es Lücken im psychedelischen Hochnebel. Vielleicht liegt Blacky zu Hause im Bett, wie es sich eigentlich um diese Zeit gehört.
    Das heisst: Verhör Hauser jetzt abbrechen!
    Michael Hauser unterschreibt um drei Uhr dreissig seine Aussage, verspricht, nicht zu verreisen und sich bei Bedarf (»wir kommen auf Sie zurück«) der Polizei Zürich oder der Staatsanwaltschaft postwendend wieder zur Verfügung zu stellen für weitere Auskünfte. Sonst würde er sofort abgeholt und es nicht lustig sein. Aber das war es jetzt auch nicht.
    Hauser darf gehen.
    Und er geht – im Schlepptau von RA Dr.   Burkhalter.
    Müller ist irgendwie erleichtert, weil Verhör endlich zu Ende. Auch für ihn ging es an den Rand. Nein, er ist nicht mehr der Alte. Noch nicht wieder. Die Nerven sind weg. Der Mund trocken. Seine Hände nesteln unruhig an der Knopfleiste des Polohemds.
    Bucher: »Alles in Ordnung?« Und schaut auf Müllers Finger.
    Und Müller: »Am besten, wir lassen sofort nach Blacky fahnden. Gibst du den Befehl raus?«
    Bucher: »Nun mal langsam. Du weisst doch, was das heisst: Alle Mann an Deck, Top-Priorität und so weiter. So gefährlich ist Blacky nun auch nicht, dass wir die gesamte Mannschaft aufwecken müssen. Die letzten Jahre ist er ja nicht mehr straffällig geworden.«
    Bucher Manfred zwingt Müller, sich hinzusetzen: »Du bist seit zwanzig Stunden auf den Beinen, hast kaum etwas gegessen, und letzte Nacht hast du auch nur wenig geschlafen. Das wäre auch zu viel für einen, der ganz bei Kräften ist.«
    Lässt man sich so etwas gerne sagen: Du bist nicht ganz bei Trost? Von einem Freund schon. Der muss es sagen, ist seine Aufgabe. Deshalb schaut der Müller Bucher Manfred müde an oder sogar traurig und nickt.
    Bucher: »Um Blacky kümmern wir uns in ein paar Stunden. Ich veranlasse, dass die Streife ihn morgen um neun hier abliefert. Gönnen wir uns ein wenig Schlaf.«
    Weil auch ihm die Augen auf Halbmast stehen. Und er fügt hinzu: »Soll ich dich heimbringen?«
    Müller: »Nein, ich brauche noch etwas Bewegung.«
    * * *
    Zum Glück hat Bucher Manfred vorhin die Mülleridee der sofortigen Fahndung abgelehnt. Nicht nur aus finanziellen Gründen. So eine Fahndung löst eine Lawine aus. Muss man sich vorher gut überlegen. Taktisch jedoch schon interessant, weil Sie werden sich sicher fragen, wie das morgens um vier funktionieren würde, eine Fahndung auszulösen. Nämlich so: Kleiner Einblick ins Funktionieren der Polizei. Zuerst muss man entscheiden, wer anruft, also hier Müller oder Bucher Manfred. Diesmal sicher Bucher Manfred, weil im Gegensatz zum Müller offiziell in Funktion. Und dann muss man anrufen. Also Bucher Manfred würde die Einsatzzentrale anrufen, die ist rund um die Uhr besetzt und ein mehrfach gesicherter Hochsicherheitstrakt an einem Ort in der Stadt Zürich, den ich nicht nennen darf. Wisset nur: Die Polizei schläft noch weniger als das Verbrechen, darum hat sie fast immer einen kleinen Vorsprung.
    Aber Einwand, berechtigt: Wenn die Polizei fast immer einen kleinen Vorsprung hat, warum macht das Verbrechen trotzdem so viele Sachen? Ja, die Polizei kann das Verbrechen selbstverständlich erst festnehmen, wenn es geschehen ist. Sonst wäre das ein Polizeistaat, und das wollen wir nicht. Auf die leichte Schulter nehmen darf man das nicht. Muss man nachdenken.
    Wenn aber Gefahr im Verzug ist, ist es natürlich etwas anderes. Wenn zum Beispiel einer vorhat, in der Stosszeit mit einer Maschinenpistole durch den Hauptbahnhof zu spazieren und damit etwas im Schilde führt, dann muss er festgenommen werden, bevor er sein tödliches Gerät entsichern kann. Dann ist es gut, wenn nach so einem schnellstens gefahndet wird. Alle Augen der Polizei

Weitere Kostenlose Bücher