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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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spätestens Monate später vor Gericht. Aber Blacky einst riesiges Kerbholz, jetzt nicht mehr so.
    Zu viel LSD und Schnaps, das hat ihm in den letzten Jahren schwer zugesetzt, deshalb nicht mehr immer sicher in Geist und Bewegung. Aber beides funktioniert noch, immerhin, kann sich im Alltag noch selbst versorgen. Jetzt, wo Müller und Bucher den Raum betreten haben, der einst fast Blackys drittes Zuhause war, geht er wieder im Kreis, aber im Moment gerade im Gegenuhrzeigersinn, und er murmelt: »Evaluationsverfahren zur Abklärung der Erdbebengefährdung bewohnter Zonen durch Kernenergie«, und dann macht er »humm humm humm«, wechselt den Uhrzeigersinn und sagt: »Es ist so, weil es nicht anders sein darf«, und dann macht er wieder »humm humm humm«, was eine neue Eigenart bei ihm ist. Das hat er früher nie gemacht. Er scheint wirklich abzubauen.
    So einer macht nervös, weil stell dir vor: Du kommst in den Verhörraum und willst einen befragen, und der dreht die ganze Zeit Kreise, dass du Angst hast, in siebenundzwanzig Jahren ist der Linoleumboden durchgescheuert, in dreihundertsiebenundfünfzig Jahren der Betonboden und in zwölftausendsiebenhundertsechzig Jahren kommt er in Australien wieder heraus, wodurch das ganze Wasser vom Australischen Ozean hinüberläuft durch den Erdmittelpunkt hindurch und hier draussen als Dampf wieder hinaus. Mit anderen Worten: ein Riesenhaftpflichtproblem. Und Hauptmann Peter Wunderli noch näher am Blutüberdruck und – das tuschelt man immer wieder – am Wechsel in die Privatwirtschaft. Das wollen wir beides nicht riskieren. Denkt sich auch der Müller und sagt noch einmal: »Blacky, setz dich doch.« Stellt ihm einen Becher Kaffee aus der Aluminiumpatrone gepresst hin, was ziemlich gut schmeckt.
    Und jetzt setzt sich Blacky endlich mit dem Hinterteil auf den festgeschraubten Stuhl und schaut dem Müller, wo die Befragung leitet, tief in die Augen. Weil wenn dich die Polizei holt, dann weisst du: Sie wollen etwas wissen, das du vielleicht weisst. Aber vielleicht weisst du es gar nicht, dann bist du arm dran, weil dann dauert es sicher ein paar Stunden, bis sie dir glauben, dass du das, was sie wissen wollen, weder weisst noch getan hast. Bis du rauskannst, bist du voll auf dem Aff. Er kennt das ja alles schon. Ist nie persönlich, geht ums Gesetz.
    Blacky fängt gar nicht an mit Quatsch von wegen Alibi und so. Weiss ja nicht einmal, weshalb er hier ist, und worum geht es eigentlich?
    »Kennst du das biologische Restaurant Sumatra an der Josefstrasse?«, fragt der Müller Blacky. Ja, ein steiler Einstieg in die Befragung. Unvorbereitet zack mit der Tür ins Haus, muss man schon sagen. Überraschungstaktik, nicht schlecht. Weil: Blacky stottert etwas.
    Nichts gegen Stottern, aber verdächtig, dass Blacky jetzt, gerade jetzt, sich mit unrundem Sprachfluss auffällig gestaltet. Weil stottert sonst nie. Und das bei einem einfachen Wort wie »Ja.«
    Dem Blacky seine Aussage geht so: Kennt biologisches Restaurant Sumatra an der Josefstrasse, hat keinen besonderen Hass auf Schweine, keine besonderen Gefühle gegen sie, fühlt sich ein bisschen seherisch veranlagt. Sagt, er hat in der Bar, deren Namen ich auch jetzt geheim halte, zwei Männer vom Sumatra und von Schweinen und Substanzen sprechen hören. Traut sich zu, diese beiden Männer wiederzuerkennen, wenn er sie sieht oder wenn ihm aktuelle Fotos vorgelegt werden.
    Jetzt bitte nicht denken: So ein fauler Trick: plötzlich Deus ex Machina, Trumpf aus dem Ärmel, Abrakadabra. Was unvermittelt scheint, die Morgendämmerung eines Ermittlungsergebnisses, ich meine, der Müller arbeitet bereits eine Weile am Fall »Schweinemord in Oberlunkhofen« und ist jedem Strohhalm hinterhergelaufen. Nichts kommt aus heiterem Himmel. Dieser fingerbreite Fortschritt ist seiner Akribie zu verdanken, seiner Arbeit. So ist das Leben: Manchmal ruderst du unaufhörlich, und plötzlich flutscht dir die mutmassliche Vorstufe eines Teils der möglichen Lösung einfach so in die Hände, und du hast gar nicht so viel dafür getan wie für anderes, wo kein Ergebnis daraus resultiert ist.
    Zwei Männer? Also Fotos. Erkennen.
    Jetzt muss Blacky schwitzen, weil die Polizei holt nun das dicke Fotobuch heraus, das heutzutage natürlich als E-Book vorliegt, sodass man nicht mehr blättern muss wie wild, sondern klicken, bis die Sehnen schmerzen.
    Und Bucher Manfred und der Müller wechseln sich ab und klicken und klicken und drücken an der Maus herum, und immer

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